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Elektromobilität Wie der neue Entwicklungschef bei Audi die verschiedenen Kulturen verbindet

Für Oliver Hoffmann ist das Elektroauto künftig gesetzt – und es soll autonom fahren. Dafür sitzen in Ingolstadt jetzt Ingenieure und Nerds an einem Tisch.
12.09.2021 - 11:14 Uhr Kommentieren
Der Audi-Manager wirbt um Nähe und Vertrauen – das wohl wichtigste Kapital in Zeiten der Neuorientierung. Quelle:  AUDI AG
Oliver Hoffmann

Der Audi-Manager wirbt um Nähe und Vertrauen – das wohl wichtigste Kapital in Zeiten der Neuorientierung.

(Foto:  AUDI AG )

München Oliver Hoffmann blickt zufrieden auf die Bühne. Der „Grand Sphere“, der futuristische Hingucker auf dem Audi-Stand der Münchener IAA, zieht die Besucher an. Es ist ein Auto, dessen Lenkrad auf der Autobahn verschwindet, weil der Computer die Steuerung übernimmt. Der Innenraum kommt ohne Knöpfe oder Bildschirme aus, die Sprache und die Blicke der Passagiere sollen für die meisten Funktionen reichen.

Es ist ein Versprechen, das Hoffmann ab 2025 als Produkt auf die Straße bringen will. „Wir wollen keine Showveranstaltung, sondern echten Kundennutzen“, sagt der neue Entwicklungsvorstand im Audi-Pavillion auf dem Münchener Maximiliansplatz. „Unsere Kunden können dann im Auto entspannen oder arbeiten, wir schenken ihnen Zeit.“
Hoffmann ist seit März Entwicklungschef bei Audi. In den vergangenen Jahren war das der größte Schleudersitz des VW-Konzerns. Seit dem Dieselskandal, der in der Audi-Entwicklung seinen Anfang nahm, versuchten sich ein halbes Dutzend Manager an der Aufgabe. Die hausinternen Kandidaten scheiterten an ihrer eigenen Verwicklung in den Betrug, die Externen an der speziellen Audi-Kultur.

Zeitweise hangelte man sich mit Übergangslösungen durch, im vergangenen Jahr übernahm Audi-Chef Markus Duesmann persönlich die Verantwortung. Schließlich fiel ihm der 44-jährige Maschinenbauer im eigenen Haus auf. Es gibt Gemeinsamkeiten: Die norddeutsche Herkunft zum Beispiel oder die Leidenschaft für Rennsportmotoren.

Ausstieg aus dem Verbrenner

„Ich habe den Zehnzylinder-Hochleistungsmotor für den Audi R8 entwickelt, das war der emotionalste Motor bei Audi überhaupt“, sagt Hoffmann. Doch weder die Sportwagenikone R8 noch der Verbrennungsmotor haben unter dem Entwicklungsvorstand Hoffmann eine Zukunft. Drei Monate nach seinem Amtsantritt gab Audi bekannt, ab 2026 aus der Entwicklung neuer Verbrennungsmotoren auszusteigen. „Für uns ist das elektrische Fahren gesetzt“, sagt Hoffmann. „Für unsere Mitarbeiter war es wichtig, Klarheit zu schaffen.“ Hintertüren für den Verbrenner gebe es dann nicht mehr. Daran hätten viele Audianer noch zu knacken, sagt ein Altgedienter.

Aber es ist konsequent, denn Audi muss die Klimaziele der Europäischen Union erfüllen. Auf der anderen Seite ist ein Entwicklungsstopp noch nicht das Ende der Produktion, Audi wird noch bis 2033 Benzin- und Dieselautos bauen. Aber Audi ist damit endlich wieder die Avantgarde im VW-Konzern, der in seiner Gesamtheit noch kein Datum für das Ende des Verbrenners gesetzt hat.

Früher wurden Audi-Manager mit Doktor- und Professorentitel angeredet, heute lassen sie sich beim Vornamen rufen. Hoffmann ist trotz seiner körperlichen Größe ein nahbarer Typ, ein Familienvater, der auch an der Playstation seiner Kinder Entspannung findet. Er wirbt um Nähe und Vertrauen, das wohl wichtigste Kapital in Zeiten der Neuorientierung. Nach jahrelangem Wachstum baut Audi jetzt 9500 Stellen ab, die Generation Diesel geht in den Vorruhestand oder bekommt Abfindungen. Der Rest muss sich weiterbilden, Elektromobilität und Digitalisierung lernen. „Transformation geht nur, wenn die Menschen Sicherheit haben“, sagt Hoffmann. Wer seinen Weg mitgeht, hat eine Jobgarantie bis 2029.

Das scheint zu funktionieren, der Amtsantritt von Markus Duesmann hat bei Audi eine neue Dynamik entfacht. Das ist auch notwendig, Audi drohte den Anschluss an Mercedes, BMW und Tesla zu verlieren. Nach dem Antriebswechsel kommt jetzt das nächste dicke Brett auf die Entwickler zu. „Mein Fokus liegt jetzt ganz auf den Elektronikarchitekturen und dem automatisierten Fahren“, sagt Hoffmann. Denn: „Das automatisierte Fahren wird der wirkliche Gamechanger in der Industrie.“

Hoffmann muss die Kulturen verbinden

Audi hat deshalb das Projekt „Artemis“ aus der Taufe gehoben. Losgelöst von allen Vorgaben der bestehenden Modellpalette entstand das Grundkonzept des „Grand Sphere“, der 2025 den A8 ablösen soll. Die Vorarbeiten hat ein kleines Team geleistet, doch nun müssen die Visionen in serientaugliche Konzepte überführt werden. Erstmals übernehmen die Softwareentwickler eine zentrale Rolle, Audi hat die Spezialisten in der „Cariad“ zu einem eigenen Unternehmen zusammengeführt. Das Ganze wirkt wie das Satteln eines galoppierenden Pferdes.

Auch technisch warten auf den Audi-Entwicklungschef große Hürden. Um wirklich auf der Autobahn autonom fahren zu dürfen, müssen die Autohersteller einen lückenlos sicheren Betrieb nachweisen. Die Kosten für die notwendigen Sensoren und Radare sind noch zu hoch, es fehlt auch an sicheren Routinen und Algorithmen. Vor allem braucht Audi ein Gesamtkonzept.

Bislang besteht ein Auto aus der Summe seiner Teile, jede Bremse, jeder Fensterheber arbeitet mit seiner eigenen Software. Außer Tesla hat es bislang kaum ein Autohersteller geschafft, alle Prozesse zu zentralisieren und eine einheitliche Software zu schaffen, die sich von außen ansteuern lässt. Das geht nur mit „Nerds“, jenen aus der Technologiebranche abgeworbenen Softwarespezialisten, ohne die jetzt keine Autoentwicklung mehr möglich ist. Die arbeiten aber nach anderen Regeln als die klassischen Autoingenieure.

Hoffmann hat also eine doppelte Integrationsleistung vor sich. Technisch, weil der „Grand Sphere“ erstmals ein von der Software definiertes Auto wird. Menschlich, weil in Ingolstadt klassische Autoingenieure und Nerds jetzt an einem Tisch sitzen.

Mehr: VW-Tochter Audi nimmt Abschied vom Verbrenner – 2025 kommt das letzte Modell

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