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EU-Ermittlungen VW, Daimler und BMW drohen hohe Kartellstrafen – die wichtigsten Fragen und Antworten

Die EU hat Briefe an BMW, Daimler und Volkswagen verschickt. Wegen illegaler Kartellabsprachen drohen Milliardenstrafen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
05.04.2019 Update: 05.04.2019 - 12:41 Uhr 1 Kommentar
Die Autohersteller sollen sich vor rund zehn Jahren abgesprochen haben, die Tanks extra klein zu halten, um Bauraum zu sparen. Quelle: Bloomberg
Adblue wird nachgefüllt

Die Autohersteller sollen sich vor rund zehn Jahren abgesprochen haben, die Tanks extra klein zu halten, um Bauraum zu sparen.

(Foto: Bloomberg)

München, Brüssel, Frankfurt Die Autokonzerne BMW, Daimler und VW haben nach Erkenntnissen der EU-Wettbewerbshüter illegale Absprachen zu Technologien der Abgasreinigung getroffen. Dies teilte die EU-Kommission am Freitag in Brüssel auf Basis eines vorläufigen Ergebnisses der Ermittlungen mit. Das Handelsblatt hatte bereits am Donnerstag darüber berichtet.

Die Unternehmen können nun zu den Vorwürfen Stellung nehmen. Ihnen droht eine Strafe in Milliardenhöhe. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

1. Was wirft die Behörde den deutschen Autokonzernen vor?

Die deutsche Autoindustrie hat sich über Jahre in sogenannten technischen Arbeitsgruppen auf bestimmte Standards geeinigt. Dazu gehören wenig problematische Fragen, etwa was die maximale Höchstgeschwindigkeit sein darf oder wann sich Cabriodächer während der Fahrt öffnen lassen.

Brisant sind die Diskussionen über den Einsatz von Partikelfiltern bei Benzinern und über die Größe der Adblue-Tanks. Das ist jenes Harnstoffgemisch, mit dessen Hilfe die Stickoxide im Abgas von Dieselmotoren eliminiert werden.

Der Vorwurf: Die Autohersteller sollen sich vor rund zehn Jahren abgesprochen haben, diese Tanks extra klein zu halten, um Bauraum zu sparen. Die Autohersteller hingegen sagen: Es sei nur darum gegangen, sich zu einigen, wie groß die Tanks und damit das Tankstellennetz für Adblue sein muss.

2. Was ist dran am Vorwurf?

Fakt ist: Einige Autohersteller haben anschließend tatsächlich so kleine Tanks verwendet. So klein, dass sie die Abgasvorgaben legal nicht erreichen konnten. Um dennoch auf die geforderten Abgaswerte zu kommen, setzten die Techniker im VW-Konzern die berühmte Betrugssoftware ein, die nur auf Testständen für die notwendige Harnstoffeinspritzung sorgte.

Andere wie BMW hingegen verwendeten größere Tanks und setzten auf ein zweites Filtersystem. Für die EU ist das aber nicht entscheidend: Maßgeblich ist der Versuch der Absprache und damit der Vorsatz der Verbrauchertäuschung. Den sehen die Ermittler offenbar gegeben.

3. Wie ist die EU den Autokonzernen auf die Schliche gekommen?

Daimler hat das mutmaßliche Kartell den Behörden selbst angezeigt. Bereits 2014 haben die Stuttgarter umfangreiches Beweismaterial an die EU verschickt. Volkswagen schloss sich später an. Die Konzerne hoffen auf eine Kronzeugenregelung: Wer sich als erster zur Zusammenarbeit mit den Behörden meldet, geht in der Regel straffrei aus, der zweite bekommt bis zur Hälfte erlassen.

In Stuttgart und Wolfsburg wäre man deshalb auch zu einem Vergleich mit der EU-Kommission bereit. BMW als dritten im Bunde träfe hingegen die volle Härte der Strafe.

4. Was sagen die Autohersteller zu den Vorwürfen der EU?

Die Autobauer wollen die Anschuldigungen der EU-Kommission erst einmal prüfen. In einer ersten Stellungnahme zeigte sich Volkswagen ein Stück weit erleichtert, dass viele Verdächtigungen fallen gelassen wurden. Die Behörde werfe den Unternehmen weder Preisabsprachen noch eine Aufteilung von Märkten vor. Außerdem erkenne die EU an, dass Kooperationen zu technischen Fragen grundsätzlich möglich seien.

Daimler betonte, dass der Konzern als Kronzeuge auf eine Befreiung eines möglichen Bußgeldes hoffe. Daimler und VW haben den Brüsseler Kartellhütern umfangreiche Unterlagen zur Verfügung gestellt. BMW weist den Vorwurf illegaler Absprachen bei Abgassystemen zurück. Ein Bußgeld will der Konzern nicht akzeptieren.

5. Warum wehrt sich BMW gegen einen Vergleich?

Zum einen muss BMW eine Milliardenstrafe fürchten. Die EU-Kommission bemisst das Bußgeld nach der Höhe des Umsatzes mit den betroffenen Fahrzeugen. Zum anderen sind die BMW-Manager sauer, weil die Kollegen in Stuttgart und Wolfsburg die EU-Behörden im Wissen auf die Spur gesetzt haben, dass die dickste Rechnung am Ende in München landet.

Am schwersten für BMW ist aber das für einen Vergleich nötige Schuldeingeständnis, denn in München ist man sich keiner Schuld bewusst. Im Gegenteil: Anders als Volkswagen habe BMW in den Folgejahren größere Tanks eingebaut und keine Betrugssoftware verwendet, rechtfertigt man sich in München. Die Kartellermittlungen sind ärgerlich, die Vermengung mit dem Abgasbetrug für BMW unerträglich.

6. Wie geht es weiter?

Die Autokonzerne können bei der Kommission noch Stellungnahmen einreichen und sich im Falle eines Bußgeldes vor Gericht wehren. Das dürfte BMW auf jeden Fall anstreben. Ein Vergleich ist damit eher unwahrscheinlich, denn meist müssen dem alle Beteiligten zustimmen.

Das Verfahren dürfte also noch mindestens einige Monate dauern. Zudem hat der Fall Auswirkungen auf die heutige Zusammenarbeit der Unternehmen. Daimler und BMW suchen umfangreiche Kooperationen, um Kosten zu senken.

Zudem will die Branche gemeinsam die Einführung der Elektromobilität und das autonome Fahren vorantrieben. Gemeinsame Absprachen müssen noch sorgfältiger als früher auf mögliche Kartellverstöße geprüft werden.

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1 Kommentar zu "EU-Ermittlungen: VW, Daimler und BMW drohen hohe Kartellstrafen – die wichtigsten Fragen und Antworten"

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  • Ach nee, da ist BMW wohl das einzige Schaf unter den Wölfen. Wer soll das glauben? Die Apsprachen sind der Ausgangspunkt für die kriminellen Machenschaften, nicht mehr und nicht weniger. Wenn schon der getäuschte Verbraucher nicht entschädigt wird, weil er ja der Idiot war, der darauf reingefallen ist, dann keimt bei mir eine Schadenfreude auf, dass die Betrüger zumindest hier bestraft werden. Und die Politik müsste nochmal die Hälfte dazu zahlen, weil sie es nicht geregelt kriegen, den Herstellern die kalte Schulter zu zeigen. Aber wenn der Ministerpräsident aus NRW schon sagt, dass die Fahrverbote rechtswidrig, dann kann man hier wohl nicht viel erwarten. Er hat scheinbar seine eigene Gerichtsbarkeit. Das Bundesverwaltungsgericht ist ja auch in Sachsen.

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