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Ex-Vorstand Kremer im Visier Thyssen-Krupp und das Schweige-Kartell

Thyssen-Krupp wollte zwar interne Missstände aufdecken – aber anzeigen wollte sie der Konzern offenbar nicht. Das bringt Ex-Compliance-Chef Thomas Kremer nun in Erklärungsnöte.
03.05.2016 Update: 04.05.2016 - 06:57 Uhr
Der heutige Telekom-Vorstand weist alle Vorwürfe zurück. Quelle: dpa, Presse [M]
Thomas Kremer

Der heutige Telekom-Vorstand weist alle Vorwürfe zurück.

(Foto: dpa, Presse [M])

Bochum Als Thomas Kremer im Juni 2012 von Thyssen-Krupp zur Telekom wechselte, war der Empfang für den neuen Rechtsvorstand überaus freundlich. Ein „absoluter Fachmann“ sei Kremer, lobte Ulrich Lehner, praktischerweise im Aufsichtsrat beider Konzernriesen. Er bugsierte Kremer als Vorstand für Recht und Compliance von Essen nach Bonn, wo der 58-Jährige seither für saubere Geschäfte sorgen soll.

Doch am Sinn der Personalie zweifeln inzwischen selbst einige Telekom-Manager, denn Kremer wird von seiner Vergangenheit eingeholt. Bei Thyssen-Krupp war er laut Firmenangaben von 2003 bis Juni 2012 auf Konzernebene für Compliance verantwortlich – ein Job, der ihn zusehends ins Visier der Ermittler bringt: Die Staatsanwaltschaft Bremen führt ihn in einem Korruptionsverfahren gegen die Thyssen-Krupp-Tochter Atlas Elektronik in der Liste der Beschuldigten.

Die Ermittler prüfen, ob Kremer es einst überhaupt gelang, Straftaten zu verhindern. Kremer selbst weist die Vorwürfe zurück: Er dulde keine Gesetzesverletzungen und tue alles dafür, sie zu verhindern oder zumindest aufzuklären, erklärte er auf Anfrage: „Das war bei Thyssen-Krupp so und ist heute bei der Telekom genauso.“ Doch interne Unterlagen, die dem Handelsblatt vorliegen, lassen andere Vermutungen zu.

Demnach entschied sich der Vorstand von Thyssen-Krupp in den Jahren 2004 und 2005 zwar dafür, Kartelle intern aufzuklären. Bei den Behörden sollten die kriminellen Zusammenschlüsse aber nicht angezeigt werden. Ein Schweige-Kartell?

Um sich einen Überblick über das Treiben in den eigenen Reihen zu verschaffen, wurden bei dem Stahlkonzern besonders anfällige Geschäftsbereiche untersucht.

„Initiiert wurden diese Audits durch den Konzernvorstand und den damaligen Zentralabteilungsleiter Recht, Dr. Thomas Kremer“, erklärte der Konzern. Die Dokumentation der möglichen Verstöße sollte dann bei der Kanzlei Freshfields verwahrt werden, um sie vor einer Beschlagnahmung zu schützen. Das hat ein Ex-Firmenjurist vor dem Landgericht Bochum ausgesagt, wo sich zwei frühere Thyssen-Krupp-Manager wegen einer Beteiligung im Schienenkartell verantworten müssen.

Am kommenden Dienstag soll auch Kremer dort aussagen – als Zeuge. Eine vermeintliche Mitwisserschaft weist er scharf zurück. Die Telekom und Thyssen-Krupp äußerten sich nicht zu den Verfahren ihrer früheren beziehungsweise aktuellen Topkraft.

Der Rechtsvorstand der Deutschen Telekom, Thomas Kremer, beschreibt sich gerne als harten Kämpfer gegen das Unrecht. Kartelle würden unter keinen Umständen toleriert, ist eine seiner Botschaften. Gesagt hat er ihn vor fünf Jahren, damals als Compliance-Chef bei Thyssen-Krupp. Im Juni 2014 schob er nach: Er habe während seiner „Arbeit für Thyssen-Krupp alles in meiner Macht Stehende getan, um Compliance-Verstöße zu verhindern und Verdachtsfälle konsequent aufzuklären“.

Doch die Zweifel an dieser Darstellung wachsen. Wie jetzt aufgetauchte Unterlagen belegen, dürfte Kremer seine Macht vielmehr für das Gegenteil verwendet haben. Im Topmanagement von Thyssen-Krupp gab es zu Kremers Zeit nämlich die Entscheidung, mögliche Kartelle vor den Behörden sogar zu verheimlichen. Das haben Recherchen des Handelsblatts ergeben.

Ausgangspunkt dafür war ausgerechnet ein Kartellverstoß – und zwar bei Aufzügen und Fahrtreppen. Das Kartell wurde 2003 von der EU-Kommission zerschlagen. Thyssen-Krupp und andere Hersteller mussten dafür Geldstrafen von insgesamt rund einer Milliarde Euro zahlen.

Nachdem der Ruhrkonzern aufgeflogen war, wollte sich der Vorstand einen Überblick über mögliches wettbewerbsfeindliches Treiben in den eigenen Reihen verschaffen. Risikobereiche wie eben der Verkauf von Schienen sollten dabei speziell untersucht werden, wie aus internen Unterlagen hervorgeht.

Initiiert wurden die Untersuchungen vom Konzernvorstand und dem damaligen Chef der Rechtsabteilung, Thomas Kremer, wie das Unternehmen auf Anfrage des Handelsblatts bestätigte. Begleitet wurden diese Untersuchungen von der Kanzlei Freshfields. Zum Inhalt machte Thyssen-Krupp offiziell keine Angaben.

Kremer weist Vertuschungsvorwürfe zurück
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