Fei-Fei Li Das ist Bayers neue Expertin für Künstliche Intelligenz

Die 44-Jährige studierte Physik, Informatik und Ingenieurswesen.
Düsseldorf Den Wahlspruch der Bayer AG – „Science for a better life“ – hat Fei-Fei Li bereits verinnerlicht. Klassische Wissenschaften wie Biologie oder Chemie, so sagt die neue Aufsichtsrätin des Konzerns, würden das Leben der Menschen jeden Tag verbessern. Davon sei ihr Fachgebiet hingegen noch weit entfernt.
Die Amerikanerin Li ist Expertin für Künstliche Intelligenz (KI) – und mit ihr zieht geballte Kompetenz in dieser Zukunftstechnologie in das Kontrollgremium der Leverkusener Bayer AG ein. Denn Robotik und lernende Systeme werden auch die Geschäfte bei Bayer in Zukunft verändern.
Das gilt etwa für die Entwicklung neuer Medikamente und Pflanzen und für die digitale Steuerung von Agrarbetrieben, in der sich Bayer weltweit führend sieht. Als neue Aufsichtsrätin soll Li diese Transformation begleiten.
Am Dienstag wurde die 44-Jährige auf der Hauptversammlung zur Nachfolgerin von Hanneke Faber gewählt. Neben Li ist der ausgewiesene Agrarfachmann Alberto Weisser, 65, neu in dem Gremium. Er folgt auf Wolfgang Plischke.
Li ist Professorin für Computer Science an der kalifornischen Stanford University und hat sich in den vergangenen Jahren zu einer der führenden Expertinnen für KI (Artificial Intelligence, AI) entwickelt. In Stanford leitet sie das AI Institute, das sich vor allem mit dem Zusammenspiel dieser Technologie mit dem Menschen und auch den Folgen beschäftigt.
Chancen und Risiken von KI
Auf die Chancen und Risiken von KI zielt Li denn auch stets ab, wenn sie Forschungsprojekte in Stanford begleitet oder als Expertin vor dem US-Repräsentantenhaus und dem World Economic Forum in Davos auftritt. Dabei nimmt sie durchaus kritische Positionen ein. KI werde das Leben und die Arbeit der Menschen tief greifend verändern – aber nicht unbedingt zum Besseren, warnt Li. „Wir müssen handeln, damit die Technologie eine transformative Kraft für das Gute wird“, sagte sie einst in einem Ausschuss-Hearing im US Capitol. „Wenn nicht, lassen wir einen großen Teil der Menschheit außen vor.“
Ihre Expertise ist nicht nur als Technologieexpertin gefragt, sondern auch im Einsatz für mehr Diversität in der Wissenschaft. Li kritisiert scharf, dass die „KI-Szene“ vor allem männlich und weiß geprägt ist – ein Eindruck, der sich bei Kongressen, in Wissenschaft und in der Industrie bis heute immer wieder aufdrängt.
Die gebürtige Chinesin hat eine Non-Profit-Organisation namens AI4ALL mitgegründet, um dies zu ändern und um Studentinnen und Studenten auf die Arbeit in technologischen Berufen besser vorzubereiten. Sie selbst kann mit Blick auf ihre Karriere dabei durchaus eine Vorbildfunktion einnehmen.
Li wurde 1976 in Chengdu geboren und wuchs in der südchinesischen Industriestadt auf. 1988 siedelte ihr Vater in die USA über, erst vier Jahre später folgte die Tochter mit ihrer Mutter nach. An der Princeton University studierte Li Physik, Informatik und Ingenieurwesen und promovierte in Kalifornien im Fach Elektrotechnik, bevor sie 2009 an die Stanford University wechselte.
Für kurze Zeit bei Google
Ein kurzer Ausflug in die Wirtschaft war für Li kein einfaches Kapitel. 2017 arbeitete sie für eineinhalb Jahre bei Google als Chief Scientist für Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen bei Google Cloud. Ihr Engagement fiel in die Zeit, als Google wegen der Zusammenarbeit mit dem US-Militär in Sachen KI schwer in öffentliche Kritik geriet.
In dem Project „Maven“ ging es um die Interpretation von Videobildern durch KI, womit das Militär Angriffsziele für Drohnen besser identifizieren wollte. Google beendete das Engagement nach massiven Protesten auch aus der eigenen Belegschaft. Li stand dort plötzlich im Mittelpunkt. Sie gestaltete im Anschluss die neuen ethischen Standesregeln des Konzerns für den Einsatz und die Entwicklung von KI mit, bevor sie Ende 2018 nach Stanford zurückkehrte.
Bei Bayer wird sie ihre Expertise vor allem bei dem Industrietrend einbringen, den der Konzern als Biorevolution bezeichnet. Dabei geht es um die Verbindung von Biologie und Informationstechnologie. „Ich bewundere Bayer schon seit Langem“, sagte Li, als sie sich am Dienstag in einem Videobeitrag den Aktionären vorstellte.
Das Gesundheitsbusiness als größtes Geschäft bei Bayer kennt sie durch ihr Engagement bei der National Academy of Medicine, einer amerikanischen Nichtregierungsorganisation mit Schwerpunkt auf Förderung der Medizin. Seit 2020 sitzt Li als Aufsichtsrätin im Verwaltungsrat des Kurznachrichtendienstes Twitter.
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