Gebremste Euphorie Schweizer Firmen blicken skeptisch auf Eurobindung des Franken

Ein Uhrmachermeister in seiner Werkstatt.
Düsseldorf So recht teilt Johann Rupert die Euphorie über die Franken-Anbindung an den Euro nicht. Für Richemont werde der immer noch starke Franken weiterhin "Druck auf unsere Margen ausüben", sagte der Chef des Schweizer Luxus-Unternehmens, zu dem bekannte Marken wie Jaeger-Le Coultre oder Montblanc gehören. Die Fünfmonatszahlen überstiegen zwar die Erwartungen. Doch wegen der Frankenstärke dürfte der Gewinn nur auf Vorjahresniveau verharren, warnte das Unternehmen gestern.
Anleger und Analysten geben sich wesentlich optimistischer. Der Ausblick sei für Richemont "typisch vorsichtig", sagte Kepler-Analyst Jon Cox. Sie erwarten noch bessere Geschäfte für das Luxusunternehmen, die Aktie zog kräftig an.
Der Optimismus der Investoren gilt nicht nur für Richemont, sondern für die ganze Schweizer Wirtschaft. Grund: Seit Dienstag können Schweizer Unternehmen drauf bauen, dass der Wechselkurs des Franken zum Euro nicht mehr die Schwelle von 1,20 Franken je Euro durchbricht. Die Nationalbank will zur Not "unbegrenzt" Devisen aufkaufen, um diese Untergrenze zu verteidigen.
Die Analysten des Brokers Kepler korrigierten prompt zahlreiche Aktienkursziele von Schweizer Firmen nach oben. Bisher litten Firmen aus allen Branchen unter dem starken Franken. Dieser macht die Produkte im Ausland teurer und damit weniger wettbewerbsfähig. Zudem sinken die Erträge, wenn die Konzerne ihre im Ausland erzielten Umsätze und Gewinne in Franken umrechnen. Nach Berechnungen des Handelsblatts mindert der Franken im laufenden Jahr die Gewinne der Schweizer Firmen im Schnitt um rund zehn Prozent.
Uhrenindustrie profitiert deutlich
Noch mehr als unter der Stärke ihrer Währung litten die Unternehmen unter der Aufwertungsgeschwindigkeit. Seit Februar hat der Franken zum Euro um fast 20 Prozent zugelegt. Ein Euro kostete zuletzt 1,05 Franken. Den Firmen blieb keine Zeit, sich von den enormen Schwankungen unabhängig zu machen - etwa durch neue Lieferketten und Produktionsverlagerungen in den Euro- Raum.
Gestern erhielt man für einen Euro 1,20 Franken - wie von der Notenbank gewünscht. Die Anbindung hilft etwa der Uhrenindustrie, die "Swiss made"-Uhren in alle Welt exportiert. "Ein Unterschied eines Euro-Cent zum Vorjahr schlägt bei uns mit rund 14 Millionen Schweizer Franken weniger Umsatz zu Buche", rechnet eine Sprecherin der Swatch-Group vor. 2010 erwirtschaftete der Konzern einen Umsatz von 6,4 Milliarden Franken - die negativen Währungseffekte lagen bei 164 Millionen Franken.