Gescheiterte Verhandlungen Streit um Airbus-Tochter Premium Aerotec eskaliert – IG Metall ruft zu Warnstreik auf

Der Airbus-Chef ist erzürnt über die Streikdrohungen der IG Metall.
Frankfurt Der seit einem Dreivierteljahr schwelende Streit über die künftige Struktur der deutschen Airbus-Tochter Premium Aerotec droht endgültig zu eskalieren. Weil das Management nach Ansicht der IG Metall von Zusagen wieder abrückt, ruft die Gewerkschaft nun ab Donnerstag zu mehrtägigen Warnstreiks auf.
„Es wird zu einem Arbeitsausfall von 24 bis 48 Stunden kommen, an manchen Stellen sogar darüber hinaus“, sagte Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste und zugleich Verhandlungsführer für die Arbeitnehmerseite, am Mittwochvormittag. Die jüngste Verhandlung habe gezeigt, dass Airbus die Eskalation suche, sagte Friedrich.
Die Konzernführung reagierte empört auf die Ankündigung. Airbus-Chef Guillaume Faury meldete sich persönlich zu Wort. In den vergangenen 20 Monaten hätten die Airbus-Beschäftigten „ein unglaubliches Engagement und eine bemerkenswerte Solidarität an den Tag gelegt, um Airbus in der Coronapandemie durch eine beispiellose Krise zu tragen“, schrieb der Top-Manager an die deutschen Mitarbeiter. Und fügte mit deutlichen Worten an: „Dass diese enorme Gemeinschaftsleistung nun infrage gestellt wird, indem Aktivitäten blockiert werden, finden wir unangemessen und respektlos gegenüber all jenen, die Tag für Tag so viel für Airbus geben.“
Die gegenseitigen Attacken zeigen: Der Konflikt um Premium Aerotec ist festgefahren. Und das wenige Wochen vor Beginn des neuen Jahres, in dem die Airbus-Spitze die neue Struktur eigentlich schon starten will. Faury und seine Kollegen wollen die Teilefertigung neu ausrichten. Der geplante Umbau hätte massive Auswirkungen für die deutsche Belegschaft. Insgesamt wären rund 13.000 Mitarbeiter betroffen.
Konkret will das Management die Fertigung von Einzelteilen und kleinen Komponenten in Augsburg, in Varel und in Rumänien ausgliedern und dafür einen Investor suchen. Zwar braucht Airbus diese Teile weiterhin, zählt deren Fertigung aber nicht mehr zum Kerngeschäft. Dagegen soll die Montage von Flugzeugrümpfen und -strukturen in einem neuen Tochterunternehmen konsolidiert und enger an den Konzern angebunden werden.
Damit betrifft der Plan nicht nur Premium Aerotec, sondern auch die sogenannte Airbus Operations. Faury verspricht sich dadurch eine höhere Effizienz und hofft, künftig schneller und besser komplett neue Flugzeugmuster mit neuen Antrieben entwickeln zu können.
Gewerkschaft warnt vor Ausfällen beim Produktionshochlauf
Genau das bezweifelt die IG Metall. Die Arbeitnehmervertreter sehen zwar durchaus Handlungsbedarf im konzerneigenen Zuliefererbereich, wehren sich aber vehement gegen eine Aufteilung der Werke. Nach dem, was man höre, habe keiner der Investoren, die sich bisher gemeldet hätten, klare Pläne vorgelegt, wie die Stellen und die Auslastung der abgespaltenen Werke sichergestellt werden könnten, beklagte Friedrich.
Zudem vermisst der Verhandlungsführer klare Zusagen, welchen Anteil die deutschen Werke bei der Fertigung von neuen, geplanten Flugzeugmustern haben sollen. „Die von Airbus zugesagten Investitionen von 1,5 Milliarden Euro sichern vor allem den wichtigen Hochlauf ab. Das ist auch richtig. Aber da ist wenig zu den künftigen Flugzeugmodellen drin“, sagte der IG-Metall-Bezirksleiter.
Gleichzeitig habe die Geschäftsführung Zusagen aus den bisherigen Verhandlungen nicht eingehalten, teilweise auch wieder zurückgenommen, so Friedrich. Airbus sei nicht bereit, ein faires Zukunftspaket für alle Beschäftigten und Standorte abzuschließen: „Sollten wir nicht zeitnah zu einer Lösung kommen, laufen wir auf einen Großkonflikt zu.“
Dieser käme für den europäischen Luftfahrtkonzern denkbar ungünstig. Airbus ist dabei, die während der Pandemie gebremste Produktion wieder hochzufahren. Wurden mitten in der Krise 40 Jets der A320-Familie pro Monat gebaut, sind es aktuell wieder 45. Bis Ende kommenden Jahres sollen es dann schon 60 sein. Ein wochen- oder gar monatelanger Tarifkonflikt mit Arbeitskämpfen würde diesen Hochlauf massiv gefährden.
Das erklärt auch die deutliche Reaktion von Airbus-Chef Faury. Es gebe bis dato keinen gravierenden Grund, der den Aufruf zum Warnstreik rechtfertigen würde, schreibt er an die Mitarbeiter. Der Brief ist auch vom Aufsichtsratsvorsitzenden der deutschen Airbus Operations GmbH, Mike Schöllhorn, unterzeichnet. Beide verweisen auf die umfangreichen Garantien etwa in puncto Arbeitsbedingungen, Jobsicherheit und Investitionen.
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