Gesundheitskonzern Fresenius will Corona-Einbußen wieder wettmachen

Der Konzern rechnet nun mit einem währungsbereinigten Umsatzanstieg von drei bis sechs Prozent, bisher wurde ein Plus von vier bis sieben Prozent in Aussicht gestellt.
Frankfurt Die Coronakrise lässt auch Gesundheitskonzerne nicht völlig ungeschoren. Das machen die Halbjahreszahlen und Prognosen des Fresenius-Konzerns deutlich. Der Bad Homburger Klinikbetreiber und Dialyse-Spezialist wird zwar bei weitem nicht so stark getroffen wie viele große Industriekonzerne. Aber die Pandemie machte die Pläne des Dax-Konzerns, im laufenden Jahr wieder auf einen stärkeren Wachstumspfad zurückzukehren, erst einmal zunichte.
Die neue Jahresprognose, die Fresenius am Donnerstag zusammen mit dem Halbjahresbericht vorlegte, sieht zwar einen währungsbereinigten Anstieg des Konzernumsatzes von drei bis sechs Prozent vor, das Konzernergebnis dürfte danach aber allenfalls um ein Prozent zulegen und könnte auch um bis zu vier Prozent zurückgehen.
Der neue Ausblick setzt nach Angaben des Unternehmens voraus, dass es zu keiner weiteren großen Covid-19-Welle mit entsprechenden behördlichen Eingriffen in den wichtigsten Märkten komme. Ursprünglich hatte Fresenius ein Umsatzplus von bis zu sieben Prozent sowie ein bis fünf Prozent Gewinnwachstum auf Basis konstanter Wechselkurse in Aussicht gestellt.
Während die Dialyse-Tochter Fresenius Medical Care (FMC) ein kräftiges Ertragsplus auswies, hat die Krankenhaus-Sparte Helios den Konzern mit deutlichen Einbußen gebremst, weil die Zahl der normalen, nicht Covid-bedingten Behandlungen im Zuge der Krise stark reduziert war. Für Fresenius insgesamt zeichnet sich damit ab, dass sich die Gewinnstagnation der letzten Jahre auch 2020 noch fortsetzt.
Firmenchef Stephan Sturm demonstrierte im Analysten-Call Zuversicht, dass sich die Ertragsentwicklung in der zweiten Jahreshälfte wieder beschleunigt. „Das zweite Quartal war vermutlich der Tiefpunkt“, so Sturm. Er verwies zugleich auf inzwischen wieder steigende Behandlungszahlen. Auch wenn man den ursprünglichen Ausblick leicht reduzieren musste, demonstriere die neue Prognose die Widerstandskraft des Konzerns. „Unser Gesundheitsgeschäft ist in exzellenter Verfassung, um den Sturm zu meistern.“
Zugleich bestätigte der Fresenius-Chef die bisherigen mittelfristigen Ziele des Konzerns. Sie sehen für den Zeitraum von 2020 bis 2023 ein durchschnittliches Umsatzwachstum von vier bis sieben Prozent und eine Gewinnsteigerung von fünf bis neun Prozent vor. „Wir sind zwar aktuell etwas unter den bisherigen Erwartungen“, sagte Sturm. „ Aber das heißt nicht, dass wir nicht zu unserer mittelfristigen Guidance stehen.“
Die Börse zeigte sich davon am Donnerstag wenig beeindruckt. Die Fresenius-Aktie verlor ihm ohnehin schwachen Marktumfeld bis zum Nachmittag rund sechs Prozent an Wert und gehörte damit zu den größten Verlierern im Dax.
Konsolidierung dürfte sich beschleunigen
Im zweiten Quartal zeigten sich die Einflüsse der Krise bei Fresenius besonders deutlich: Während der Konzernumsatz noch um zwei Prozent auf 8,9 Milliarden Euro zulegte, stagnierte der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) auf Vorjahresniveau. Das Konzernergebnis schrumpfte um 13 Prozent auf 410 Millionen Euro. Für das gesamte erste Halbjahr ergibt sich damit ein Gewinnrückgang um sechs Prozent auf 875 Millionen Euro.
Stark belastet durch die Corona-Krise wird aktuell vor allem die Krankenhaus-Sparte Helios, die Fresenius in den letzten Jahren durch eine Reihe von Akquisitionen ausgebaut hatte. Und hier verbuchte vor allem das Spaniengeschäft starke Einbußen. Denn anders als in Deutschland gab es hier bisher keine Ausgleichszahlungen für ausgefallene Behandlungen.
Bei Helios Deutschland dagegen hat das Gesetz zur Entlastung der Krankenhäuser die negativen Effekte der Coronakrise nach Angaben des Unternehmens abgemildert, wenn auch nicht völlig kompensiert. Die Auslastung der Krankenhäuser hat sich seit Mai wieder schrittweise gebessert und liegt in Deutschland inzwischen nur noch zehn Prozent unter dem Vorkrisenniveau.
Sturm zeigte sich zugleich überzeugt, dass die Pandemie dazu beitragen wird, die Konsolidierung im Krankenhaus-Sektor zu beschleunigen, indem schwächere Akteure aus dem Markt gedrängt werden. „Ich gehe davon aus, dass sich die Reduktion von Krankenhauskapazitäten in Deutschland beschleunigen wird“, sagte der Fresenius-Chef.
In der Summe verbuchte die Helios-Sparte im zweiten Quartal bei 2,8 Milliarden Euro Umsatz einen Rückgang des Ebit um 28 Prozent auf 198 Millionen Euro. Im ersten Halbjahr schrumpfte der Betriebsgewinn um 16 Prozent auf 472 Millionen Euro.
Starke Einbußen verbuchte darüber hinaus auch der Krankenhausausrüster Vamed, die kleinste Sparte des Fresenius-Konzerns. Sie wies für das zweite Quartal sogar einen Betriebsverlust von 13 Millionen Euro aus. Ebenfalls leicht negativ war der Ertragstrend in der Sparte Fresenius Kabi, die das Geschäft des Konzerns mit Infusionslösungen, klinischer Ernährung und patentfreien Medikamenten betreibt. Bei stabilem Umsatz von 1,7 Milliarden Euro verbuchte sie einen Gewinnrückgang um fünf Prozent auf 196 Millionen Euro.
Weitaus besser dagegen entwickelte sich die eigenständig börsennotierte Dialyse-Tochter Fresenius Medical Care, dem mit 4,6 Milliarden Euro Umsatz größten Teilbereich des Konzerns. Bei fünf Prozent Umsatzplus konnte sie das Ebit um ein Viertel und den Reingewinn sogar um 38 Prozent auf 351 Millionen Euro verbessern.
Hier schlugen sich Erstattungen für Covid-19-bedingte Leistungen aus dem ersten Quartal sowie Kostensenkungsmaßnahmen positiv nieder. Da Fresenius nur rund 30 Prozent am Kapital von FMC hält, reichte der das Ertragsplus des Dialyse-Konzerns aber nicht aus, um die Schwächen der anderen Sparten im Reingewinn von Fresenius voll zu kompensieren.
Mehr: Wie der neue Alltag bei Europas größtem Klinikkonzern aussieht
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.