Gesundheitssparte Erfolgreiche Neuentwicklungen sorgen bei Merck für steigende Kosten

Comeback mit Unsicherheiten.
Frankfurt Merck hat sich im Laborgeschäft ein neues wichtiges Standbein aufgebaut. Die Gesundheitssparte indessen wird auch in den nächsten Jahren von zentraler Bedeutung für die Performance des Konzerns bleiben. Sie verbuchte 2017 in zweifacher Hinsicht ein erfolgreiches Jahr.
Zum einen verbuchte sie mit nominal 2,1 Prozent und währungsbereinigt 4,7 Prozent ein solides Umsatzwachstum. Zum anderen erhielt Merck nach langer Durststrecke erstmals wieder zwei Neuzulassungen für Medikamente aus eigener Forschung: für das Krebsimmunmedikament Bavencio und für das Multiple-Sklerose-Mittel Mavenclad.
Beide Erfolge sind jedoch mit gewissen Einschränkungen, Unsicherheiten und Nebeneffekten verbunden. Zunächst zum Umsatz: Rund ein Drittel des Wachstums lieferte das inzwischen verkaufte Consumer-Geschäft. Weitere schätzungsweise 250 Millionen Euro Zusatzumsatz beruhen auf einem Sondereffekt beim Diabetesmittel Glucophage. Hier hat Merck die Vertriebsrechte für China vom US-Partner Bristol-Myers Squibb (BMS) zurückerworben.
Klammert man diesen Effekt aus, dürfte das Pharmageschäft von Merck eher leicht geschrumpft sein. Denn die drei Top-Produkte, das Multiple-Sklerose-Mittel Rebif, das Krebsmedikament Erbitux sowie das Fruchtbarkeitsmittel Gonal-F, verbuchten durchweg Umsatzrückgänge, bedingt durch Preisdruck und härtere Konkurrenz.
Dadurch hat sich die Umsatzstruktur des Merck-Pharma-Geschäfts verschlechtert. Denn ältere Produkte wie Glucophage oder der Blutdrucksenker Concor erzielen schwächere Margen als die Hochpreismedikamente Rebif und Erbitux, die sich in einem Abwärtstrend befinden.
Umso wichtiger ist für Merck der Turn-around in der Forschung. Er wird nicht nur durch die beiden Zulassungen untermauert, sondern auch durch eine deutlich verbesserte F+E-Pipeline mit insgesamt knapp drei Dutzend Projekten in klinischer Entwicklung.
Darunter sind acht sogenannte Phase-III-Studien mit Bavencio, die im Erfolgsfall Grundlage für eine erweiterte Zulassung sein könnten. Hinzu kommen eine Reihe weiterer Wirkstoffkandidaten in früheren Testphasen, unter anderem gegen Krebs, Rheuma, MS und Arthrose.
Offen bleibt bisher, wie viel kommerzielles Potenzial in dieser Pipeline wirklich steckt. Für sein Krebsmittel Bavencio, das bisher nur für einen Nischenbereich zugelassen ist, musste Merck zuletzt zwei Dämpfer hinnehmen: die Daten der Studien zu Magen- und zu Lungenkrebs enttäuschten.
Sowohl mit Bavencio als auch mit Mavenclad bewegt sich der Konzern in einem extrem kompetitiven Umfeld. Insbesondere die Konkurrenten BMS und der (mit Merck nicht verbundene) US-Konzern Merck & Co verfügen in der Krebsimmuntherapie über einen gewaltigen Vorsprung auf dem Markt wie auch in den klinischen Studienprogrammen. Merck wird daher etliche weitere Erfolge in den klinischen Tests benötigen, um sich in diesem Feld zu behaupten.
Pharmachefin Belén Garijo hat jüngst zwar das Ziel bekräftigt, bis 2022 rund zwei Milliarden Euro Umsatz mit neuen Pharmaprodukten zu generieren. Vorerst wird sich der Umsatzbeitrag der Innovationen aber noch in Grenzen halten. Für 2018 deuten die Prognosen von Merck auf zusammen 100 bis 150 Millionen Euro Umsatz für Bavencio und Mavenclad. Das könnte reichen, um die Einbußen bei Rebif und Erbitux abzufedern, bringt aber noch keinen Wachstumsschub.
Zudem geht das Comeback in der Forschung vorerst noch zulasten des Ertrags. Denn das umfangreiche klinische Testprogramm schlägt sich in steigenden Forschungs- und Markteinführungskosten nieder. Wie weit die Schere noch auseinandergeht, zeigt sich etwa beim Innovationserfolg Bavencio. Das Mittel erzielte im ersten Jahr 21 Millionen Euro Umsatz, verursachte aber 264 Millionen Euro Entwicklungskosten.
Merck verbuchte im Gegenzug zwar rund 190 Millionen Euro an Lizenzerträgen sowie 124 Millionen Euro an Erfolgsprämien für Bavencio vom Forschungspartner Pfizer. Dennoch ist das operative Ergebnis der Gesundheitssparte 2017 um neun Prozent geschrumpft. Und dieser Trend wird sich zunächst wohl fortsetzen.
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