Gewinne der Autokonzerne Skoda fährt den anderen davon

Rentabler als die Premiumhersteller Audi, BMW und Mercedes.
Düsseldorf Stolz trat Opel-Chef Karl-Thomas Neumann Ende Juli vor die eigenen Mitarbeiter, um den ersten Quartalsgewinn seit 2011 zu verkünden. Gemeinsam mit Finanzvorstand Michael Lohscheller hatte er sich ein weißes T-Shirt übergestreift. Die Aufschrift: „We made it“ („Wir haben es geschafft“). Den Mitarbeitern im Adam-Opel-Haus rief er zu: „Heute ist ein großartiger Tag für Opel.”
Doch der begeisterte Langläufer weiß: Im Ziel sind die Rüsselsheimer noch lange nicht. Opel arbeitet zwar wieder rentabel, aber viel Luft nach unten haben die Rüsselsheimer nicht. Der hohe Anteil an Kleinwagen macht sich bemerkbar. Der Umsatz pro Fahrzeug im ersten Halbjahr ist mit 14 566 Euro niedriger als bei den meisten Konkurrenten und beim operativen Gewinn (Ebit) pro Fahrzeug landen die Rüsselsheimer mit 190 Euro sogar auf dem letzten Platz der europäischen Hersteller.
„Den Rückenwind auf dem europäischen Automarkt spüren alle, aber einige schaffen es, den Aufschwung deutlich besser in Profitabilität umzusetzen“, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Center of Automotive Research (CAR) der Universität-Duisburg. In einer exklusiven Studie für das Handelsblatt hat der Autoprofessor die Halbjahresergebnisse der europäischen Hersteller analysiert. Sein Fazit: „Die Spaltung des europäischen Automarktes setzt sich fort.“
Insgesamt stehen die Zeichen derzeit auf Wachstum. Im ersten Halbjahr haben die Verkäufe der Autobauer in der Europäischen Union um 9,4 Prozent zugelegt – deutlich stärker als erwartet. Chronisch klamme Konzerne schafften es in dem Zeitraum, sich in die Gewinnzone vorzuarbeiten. Defizitär arbeitet derzeit kein europäischer Hersteller mehr.
Ein Grund zur Euphorie ist das laut Dudenhöffer aber nicht. Beim Marktführer Volkswagen bleibt die Lage schwierig: Die vom Dieselskandal erschütterte Kernmarke VW setzte im ersten Halbjahr mit jedem Fahrzeug zwar 23.750 Euro um – und damit mehr als die gesamte Konkurrenz der europäischen Massenhersteller. Doch Produktions- und Entwicklungskosten lassen die Ebit-Marge auf 1,7 Prozent oder 375 Euro pro Auto schrumpfen.
„Die Gewinne des VW-Konzerns kommen aus China und von den Töchtern“, erklärt Autoprofessor Dudenhöffer. Die VW-Tochter Skoda, die im günstigen Tschechien produziert und von der konzerneigenen Entwicklungsabteilung profitiert, arbeitet mit einer Ebit-Marge von 9,6 Prozent sogar rentabler als die Premiumhersteller Audi, BMW und Mercedes. Mit einem Umsatz von rund 16 000 Euro pro Fahrzeug haben sich die Tschechen vom Billigimage verabschiedet. Bei VW-Tochter Seat ist die Lage mit einer Ebit-Marge von 2,1 Prozent dagegen angespannt.
Auch für Fiat-Chrysler (FCA) ist das Volumengeschäft in Europa nach wie vor schwierig. Auch wenn der italienische Konzern mit einem Absatzplus von 17,9 Prozent stärker wächst als die gesamte Konkurrenz, entwickelt sich die Marge im europäischen Massengeschäft mit 2,2 Prozent unterdurchschnittlich. Die Rabattschlacht hinterlässt in der Bilanz der Italiener tiefe Spuren – obwohl sie mittlerweile auch in Billiglohnländern wie der Türkei produzieren. Hinzu kommt der sehr hohe Anteil an Kleinwagen. Der durchschnittliche Umsatz pro Fahrzeug fällt mit 10.810 Euro niedriger aus als bei allen Konkurrenten.
Am Beispiel des FCA-Konzerns lässt sich nachvollziehen, wie hart umkämpft das Autogeschäft in Europa ist. In keinem anderen Markt streiten so viele Marken um die Kunden. In den USA ist FCA mit Marken wie Chrysler und Dodge wesentlich rentabler. International fährt die US-Tochter mit ihren Marken eine Ebit-Marge von 12,9 Prozent ein – also etwa sechs mal so viel wie Fiat. Gleiches gilt für VW: Die Wolfsburger erwirtschaften im Chinageschäft eine sechsmal höhere Marge als im Heimatmarkt. „Gegenüber Europa sind Nordamerika und China eine Art Schlaraffenland für die Aktionäre der Autobauer“, sagt Dudenhöffer.
Geringe Margen im hart umkämpften Markt
Wer wenig Umsatz pro Fahrzeug macht, dem bleibt meist auch wenig Marge. Einzige Ausnahme: der französische PSA-Konzern. Die Mutter der Marken Peugeot, Citroën und DS ist zwar schwächer gewachsen als der europäische Markt und setzte mit jedem verkauften Auto nur 12.400 Euro um. Doch bei der Marge sind die Franzosen mit 6,8 Prozent die Nummer Zwei im Volumengeschäft.
„Bei PSA wurden früh die richtigen Weichen gestellt“, resümiert Autoprofessor Dudenhöffer. Die Franzosen haben einen harten Restrukturierungskurs hinter sich. Innerhalb von zehn Jahren wurden zehntausende Stellen abgebaut. Die Kosten wurden damit eingedämmt. Anfällig bleibt der Konzern dennoch: „Um unabhängiger von Europa zu werden, muss nun auch das Geschäft in China ausgebaut werden“, sagt Dudenhöffer.