Handelsblatt Auto-Gipfel 2021 „E-Fuels wären absolut großartig“: EU-Verkehrskommissarin Vălean offen für alternative Kraftstoffe

Bislang gibt es nicht genug Produktionskapazitäten, um klimaneutralen Sprit für Autos herzustellen.
Brüssel Ab 2035 dürfen in der EU keine Autos mehr verkauft werden, die beim Fahren CO2 produzieren. So sieht es zumindest der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission vor, der in den kommenden Monaten beraten wird.
EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean stellte nun klar, dass es dabei nicht nur um Elektroautos gehen muss. Sie beobachte die Diskussion über E-Fuels in Deutschland genau, sagte sie beim Auto-Gipfel des Handelsblatts. Auch in die Niederlande schaue sie, wo der Trend eher zum Wasserstoff geht.
E-Fuels sind synthetisch erzeugte Kraftstoffe. Für ihre Produktion wird viel Strom gebraucht, der Umwandlungsprozess ist dabei weniger effizient als das Laden einer Batterie. Darum gelten sie vielen als unterlegen, wenn es darum geht, Autos und leichte Nutzfahrzeuge klimaneutral zu machen.
Aber E-Fuels haben auch Vorteile. „Die Infrastruktur ist schon da“, sagte Vălean. „Flüssige Kraftstoffe für die Straße zu haben wäre absolut großartig.“ Gemeint ist, dass Raffinerien und Tankstellen weiter genutzt werden könnten. Diesen Vorteil hat Wasserstoff nicht. Für ihn müssten an den Tankstellen neue Hochdruckbehälter und Tankanlagen aufgestellt werden.
Für die Automobilindustrie sind E-Fuels außerdem ein wichtiger Hoffnungswert, weil viele Zulieferer Teile herstellen, die für Verbrennungsmotoren gebraucht werden, für Elektroautos aber nicht: Motorblöcke, Zylinder, Getriebe, Abgasreinigung und vieles mehr.
EU-Kommissionspräsident Timmermans ist bei E-Fuels skeptischer
Wenn sich E-Fuels in Autos und leichten Nutzfahrzeugen nicht durchsetzen, bleibt diesen Unternehmen nur der Markt mit Lkw-Teilen, in denen E-Fuels wahrscheinlich eine Anwendung finden werden. Außerdem sollen sie in Flugzeugen und Schiffen eingesetzt werden.
Vălean legt aber Wert auf Technologieoffenheit. Es gebe Bewegung im Markt, und noch könne man nicht sagen, welche Technik am erfolgreichsten sein werde. „Aber ich freue mich über alle Möglichkeiten, die es gibt.“

„Die Infrastruktur ist schon da“, sagte Vălean beim Handelsblatt Autogipfel mit Blick auf E-Fuels.
Mit ihren optimistischen Äußerungen setzt sich Vălean etwas von Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans ab, der bei dem Thema äußerst skeptisch ist. „Einige in der Autoindustrie behaupten, dass auch Autos mit Verbrennungsmotoren emissionsfrei sein können. Ich halte das für eine ziemliche Herausforderung, um es sehr milde auszudrücken“, hatte er im Sommer dem Handelsblatt gesagt.
Die entstehende Ampelkoalition in Deutschland will den Weg zu E-Fuels offenhalten. Die Parteien wollen sich dafür einsetzen, dass auch nach 2035 „nachweisbar nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge“ weiterhin neu zugelassen werden können, heißt es in ihrem Sondierungspapier.
Vălean: Politik sollte den Markttrends folgen
Vălean wies beim Auto-Gipfel auch auf die Gefahr hin, dass sich die Sektoren bei den E-Fuels „kannibalisieren“ – dass also etwa für den Flugverkehr nicht genug klimaneutraler Treibstoff zur Verfügung stehe, wenn er in großer Menge durch Autos verbraucht werde. Bei der Entscheidung darüber, solle der Markt eine Rolle spielen. Die Politik müsse den Trends am Markt folgen.
Die Befürworter von E-Fuels fürchten aber, dass nicht genug investiert wird, wenn dazu nicht ausreichend Anreize gesetzt werden. So könnten E-Fuels von der Energiesteuer befreit werden, fordert die Lobbyorganisation E-Fuel-Alliance.
Derzeit werden die ersten Anlagen geplant, um die Stoffe in relevanten Größenordnungen herzustellen. Ob sie eines Tages günstig genug sind, um massenhaft in Autos verbrannt zu werden, ist offen.
Allerdings gibt es auch beim Transport des Stroms Engpässe. Es werde durch die Transformation immer mehr Strom gebraucht, sagte Vălean. Die Übertragungsnetze müssten entsprechend ausgebaut werden.
Öffentliche Ladepunkte seien dagegen nicht das größte Problem. Die Kommission habe dazu verbindliche Ausbauziele vorgeschlagen, die durch die Mitgliedstaaten erfüllt werden müssten. Mit den Corona-Wiederaufbauprogrammen hätten viele Staaten schon damit begonnen, obwohl die Ziele noch längst nicht in Kraft sind.
Um den Umstieg auf klimaneutral fahrende Autos zu beschleunigen, setzt die EU auch auf einen Emissionshandel, der Benzin und Diesel ebenso wie Heizöl und Gas einbezieht. In Deutschland gibt es einen solchen Handel bereits.
Das geplante EU-Gesetz liegt nicht in der Zuständigkeit Văleans, sie sprach sich aber für wirksame Korrekturmaßnahmen aus, sollten die Preise für Emissionszertifikate zu stark ansteigen. Dies würde insbesondere die Autofahrer in ihrem Heimatland Rumänien treffen, wo die Einkommen so niedrig sind wie in kaum einem anderen EU-Land.
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„Die Infrastruktur ist schon da“
Die ist ja eben abseits von Tankstellen und Raffinierien nicht da oder haben wir schon einen Überfluss an Wasserstoff und durch DAC Anlagen?
Ganz im Gegenteil, wir haben bereits Problem mit der Energiewende die dadurch höchstens verschärft werden, Arbeitermangel (K.a. wie schnell man Leute den Produktionsländern ausbilden kann), Ressourcenknappheit, fehlender Ausbau und Abhängigkeit von China würden.
Blauer Wasserstoff wäre zwar eine Alternative, aber bis jetzt gibt's kaum Anlagen die alle ihre eigenen Probleme haben, zudem bräuchte man für die Herstellung auch noch Co2 welches woher kommen soll?
Von anderen CCS Anlagen?
Dann kann man auch gleich mit dem Gas fahren.
Sehr kompetent wirkt die Dame nicht - welchen Lobbygruppen ist sie denn da aufgesessen?
Und, was für ein Unsinn: Primat der Wirtschaft für die Politik????