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Hohe Umsätze, geringe Profite Warum Europas Großkonzerne das Nachsehen haben

Die 500 größten börsennotierten Konzerne werden immer unprofitabler, zeigt eine exklusive Analyse. Und die Aussichten sind düster. Die US-Konkurrenz dagegen strotzt vor Kraft. Was sind die Gründe für Europas Schwäche?
26.07.2016 - 08:04 Uhr 1 Kommentar
Die US-Konzerne sind deutlich erfolgreicher als die europäischen Unternehmen. Quelle: dpa
USA, Europa

Die US-Konzerne sind deutlich erfolgreicher als die europäischen Unternehmen.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Die Wirtschaft im Euro-Raum hat einen fulminanten Start ins Jahr 2016 hingelegt“, frohlockte Commerzbank-Volkswirt Christoph Weil im Frühjahr. Der Optimismus schien berechtigt, zumal das Bruttoinlandsprodukt in Europa schneller wuchs als in den USA. Unternehmen wie Adidas und Siemens bestätigten den Trend, sie hoben ihre Gewinnprognosen an. „Wir haben ein starkes Quartal geliefert“, resümierte der Vorstandschef des Münchener Elektronikkonzerns und Anlagenbauers, Joe Kaeser, im Spätwinter.

Seinen warnenden Zusatz, dass die „makroökonomischen und geopolitischen Entwicklungen unsere Märkte weiterhin belasten“, ging in der Euphorie irgendwie unter. Stattdessen erhöhten die notorisch optimistischen Analysten ihre Gewinnschätzungen auf breiter Front. Ein Ende der vier Jahre währenden Gewinnrezession schien nahe: in Deutschland und in Europa.

Davon ist zur Jahreshalbzeit nichts geblieben. Die Euphorie für Europas Wirtschaft entpuppte sich als Strohfeuer und war eigentlich nur dem milden Winter und einer günstigen Verteilung zwischen Werktagen und Feiertagen geschuldet. Die schwach wachsende Weltwirtschaft, das Ende des Booms in den Schwellenländern einschließlich Chinas und vor allem das Brexit-Votum der Briten setzen den allermeisten Firmen zu. Schlimmer noch: Europas Unternehmen präsentieren sich nach Handelsblatt-Berechnungen in einer schlechteren Verfassung als inmitten der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise 2009.

Und die Aussichten trüben sich weiter ein. Hubert Barth, Vorsitzender der Geschäftsführung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young in Deutschland, prognostiziert: „Wir müssen uns auf eine Durststrecke einstellen mit niedrigerem Umsatz- und Gewinnwachstum.“ Wenn es denn dazu überhaupt noch kommt. 5 000 vom Analyseunternehmen Markit befragte europäische Unternehmen schätzten ihre Geschäftslage jüngst so schlecht ein wie zuletzt im Januar 2015. Nach Ansicht des Markit-Chefvolkswirts Chris Williamson gibt es „keinerlei Anzeichen für einen Aufwärtstrend“.

Tatsache ist: Die Auswertung der Konzernbilanzen für das erste Quartal und die Prognosen für die jetzt bevorstehenden Halbjahresberichte der europäischen Konzerne lassen nichts Gutes erwarten. In den ersten sechs Monaten dürften die Nettogewinne der 500 größten europäischen Unternehmen voraussichtlich um weitere 20 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum eingebrochen sein. Ob der französische Medienriese Vivendi, der schweizerische Pharmahersteller Novartis oder der britische Ölriese BP: Sie alle werden ihren Aktionären Gewinneinbrüche von 30 und mehr Prozent im Vergleich zum Vorjahr präsentieren. Ohne das vermutlich siebenprozentige Plus der deutschen Dax- und MDax-Konzerne mit zuverlässigen Gewinnmaschinen wie dem Markenartikler Henkel, dem Autozulieferer Continental und dem Gesundheitskonzern Fresenius sähe die Bilanz noch düsterer aus.

Ernüchternde Fakten

Das vierte Jahr in Folge präsentierten sich Europas Unternehmen schlechter als im Vorjahr, wie Handelsblatt-Berechnungen belegen. Demnach verdienten die nach Umsatz 500 größten börsennotierten Unternehmen im abgelaufenen Geschäftsjahr 2015 nach allen Kosten, also netto, 312 Milliarden Euro. Das waren 17,4 Prozent weniger als ein Jahr davor. Gegenüber 2011 summiert sich das Minus auf knapp 40 Prozent.

Die Schwächen ziehen sich durch alle Branchen. Im Bau fuhr der schweizerische Großkonzern Lafarge nach Abschreibungen in Schwellenländern wie Syrien und dem Irak einen Nettoverlust von 1,4 Milliarden Euro ein, der britische Mobilfunkriese Vodafone bilanzierte aufgrund hoher Finanzierungskosten und Abschreibungen ein Minus von 5,2 Milliarden Euro, und der deutsche Stromversorger Eon präsentierte seinen Aktionären nach massiven Wertberichtigungen auf Kohle- und Gaskraftwerke und angesichts des Strompreisverfalls einen Nettoverlust von sieben Milliarden Euro. Wenig tröstlich: Wettbewerbern wie dem französischen Strom- und Gasproduzenten Engie (bis 2015 GDF Suez) erging es mit einem Nettoverlust von 4,6 Milliarden Euro kaum besser.

Europas Problem: Trotz fallender Gewinne produzieren die Firmen immer mehr und erhöhen ihre Umsätze. So zum Beispiel Italiens Autobauer Fiat Chrysler, der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé, der französische Handelskonzern Carrefour und die Deutsche Post. Gegenüber dem Rekordjahr 2007, als die Konzerne im Schnitt noch gut 70 Prozent mehr als im abgelaufenen Jahr verdient hatten, stiegen die Umsätze der Top 500 noch einmal um ein Viertel auf nun 7,9 Billionen Euro.

Dieses Missverhältnis aus steigenden Umsätzen und sinkenden Gewinnen hat dramatische Folgen, denn die wichtige Umsatzrendite brach regelrecht ein. Mit jedem Euro Umsatz verdienten Europas Unternehmen im Schnitt nur noch 3,9 Cent. Das ist noch weniger als in der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise 2009. Damals blieben immerhin 4,9 Cent Reingewinn übrig.

Der Vergleich mit den US-Wettbewerbern unterstreicht Europas Schwäche. Mit umgerechnet 560 Milliarden Euro verdienten die 500 größten amerikanischen Konzerne 2015 fast doppelt so viel wie die Europäer – und das mit nur wenig mehr Umsatz. Also viel mehr Klasse als Masse: US-Konzerne wirtschaften im Schnitt mit einer Nettoumsatzrendite von sechs Prozent um mehr als die Hälfte profitabler.

Amerikas Top drei nach Umsatz, das sind der Handelskonzern Walmart, der Ölriese Exxon und der iPhone-Hersteller Apple, erzielten im vergangenen Jahr mit umgerechnet 74,5 Milliarden Euro mehr Gewinn als alle 30 Dax-Konzerne zusammen. Und das trotz eines 40-prozentigen Gewinneinbruchs von Exxon infolge des ebenso stark gefallenen Ölpreises.

Überlegenheit in fast allen Branchen
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1 Kommentar zu "Hohe Umsätze, geringe Profite: Warum Europas Großkonzerne das Nachsehen haben"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Die Gründe liegen für mich auf der Hand. Riesige streng hierarchisch und wenig Kreativität förrdernde Konzernstrukturen in Europa vs. eine oftmals flexiblere, flachere und kleinere Konzernstruktur in Amerika.
    Gerade Großbetriebe in Europa leiden unter einem deutlichen Innovationsverlust durch deutlich zu viel Strukturierung und Regulierung. Potentiale werden duch die daraus resultierende "ich mach hier nur meinen Job, sonst nix" - Mentalität weitreichend verschenkt. Gut gemeinte Ideen wie ein Innovationsmanagement werden durch die zu starke Fachbereichsorientierung und der damit fehlende übergreifende Erkenntnissgewinn und -eintrag der Mitarbeiter ebenenfalls nicht voll ausgenutzt.

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