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IAA Mangel macht Logistik teuer: Autobranche streitet über Chipkosten

Der Halbleiter-Mangel ist das Gesprächsthema auf der IAA. Weltweit werden Chips aufgetrieben – und oft per Luftfracht versendet. Der Conti-Chef fordert eine „partnerschaftliche Lösung“.
06.09.2021 - 19:12 Uhr Kommentieren
Der Zentralrechner Pro AI soll schneller arbeiten und weniger Strom verbrauchen. Quelle: dpa
ZF-Technik im Auto

Der Zentralrechner Pro AI soll schneller arbeiten und weniger Strom verbrauchen.

(Foto: dpa)

München Autobauer und Zulieferer wollen auf der diesjährigen IAA Mobility in München keine Zweifel aufkommen lassen: Für sie ist die Autoindustrie der Zukunft elektrisch, klimaneutral und digital. Die Autos sind vernetzt und fahren selbständig. Neue Funktionen lassen sich als App herunterladen, wie bei einem Smartphone.

ZF stellt auf der IAA stolz seinen neuen Zentralrechner Pro AI vor, der nun noch schneller arbeitet und noch weniger Strom verbraucht. Bosch rühmt sich mit einem Milliardenumsatz bei der Elektromobilität und peilt bis 2025 einen Umsatz von rund fünf Milliarden Euro an. Continental rechnet sich gigantische Wachstumsmöglichkeiten bei der Sensorik und der Software für das automatisierte und vernetzte Fahren aus.

Es ist das Zeitalter der Bits und Bytes – und der Chips, der Problemkomponenten schlechthin in der Autoindustrie. Während Batteriezellen essenziell für die Elektromobilität sind, sind Chips essenziell für die Digitalisierung der Autoindustrie. „Mit dem Anstieg der Digitalisierung steigt der Chipbedarf im Auto dramatisch“, sagte Daimler-Entwicklungsvorstand Markus Schäfer am Rande der IAA.

Doch ausgerechnet an Chips mangelt es seit Monaten. Und so zeichnet sich eine Debatte darüber ab, wie die Chip-Beschaffung in Zukunft aussehen wird und wer für die teure Logistik aufkommt. Für Conti-Chef Nikolai Setzer ist klar, dass die Autobauer sich an den Kosten beteiligen müssen. „Wir diskutieren partnerschaftlich mit den unterschiedlichen Autobauern, wie wir mit den höheren Logistikkosten umgehen. Und wir werden eine partnerschaftliche Lösungen finden müssen“, sagte er.

Das Problem: Um Halbleiter rechtzeitig an die Bänder der Autobauer liefern zu können, werden diese unter anderem per Luftfracht versendet. Für die Zusatzkosten kommen bislang aber nur die Zulieferer auf. Continental beispielsweise rechnet allein in diesem Jahr mit einer Sonderbelastung von über 200 Millionen Euro.

BMW kann laut CEO Oliver Zipse allein in diesem Jahr wegen fehlender Halbleiter rund 100.000 Fahrzeuge nicht bauen. Quelle: dpa
Neue Autos auf der IAA

BMW kann laut CEO Oliver Zipse allein in diesem Jahr wegen fehlender Halbleiter rund 100.000 Fahrzeuge nicht bauen.

(Foto: dpa)

Diese Kosten für die Mangelverwaltung wollen die Zulieferer nicht allein tragen. Sie verweisen auf die Rekordgewinne, die die Autobauer derzeit trotz Chipmangels schreiben, während die erhöhten Logistikkosten die Margen der Zulieferer dahinschmelzen lassen.

Autobauer wollen sich lieber stärker in Lieferketten einmischen

Je länger die Chipkrise andauert, desto kraftloser wird auch das Argument der Autobauer, dass sie ihre Zulieferer früh genug vor dieser Notsituation gewarnt haben. Volkswagen hatte das immer wieder behauptet. Doch auf einen Komponentenmangel, der bereits so lange dauert und alle Autobauer gleichermaßen betrifft, könne sich kein Zulieferer vorbereiten, heißt es aus Branchenkreisen.

Die Autobauer allerdings wollen sich lieber stärker in die Chip-Lieferketten einmischen. „Der Chip ist ein elementarer Erfolgsfaktor für die Zukunft. Und das, was wir als Erfolgsfaktor sehen, werden wir mit intensiver Begleitung über Verträge oder Partnerschaften absichern“, sagte Daimler-Entwicklungsvorstand Schäfer mit Blick auf die Zulieferer, die bislang für die Chip-Beschaffung verantwortlich sind. In Zukunft werde sich Daimler deutlich tiefer in der Lieferkette engagieren, erklärt Schäfer.

Mittlerweile haben alle Autobauer und Zulieferer Taskforces gebildet, die sich ausschließlich damit beschäftigen, die löchrigen Lieferketten zu stopfen. Sie kratzen derzeit jeden Chip zusammen, den die Lieferketten-Manager auf den Weltmärkten ausfindig machen können – eine Belastungsprobe, der sich Conti-Chef Setzer jeden Tag ausgesetzt sieht.

Seit Monaten hat er in seinem Outlook-Kalender jeden Tag zur selben Uhrzeit einen festen Termin: Von 12 bis 13 Uhr findet ein „globaler Chip-Call“ statt, an dem Conti-Manager aus der ganzen Welt teilnehmen. Auch bei Bosch genießt das Thema höchste Priorität. „Eines der derzeit wichtigsten Ziele für uns ist es, die Halbleiterengpässe zu überwinden“, sagte Bosch-Chef Volkmar Denner auf der IAA. „Mit unserer neuen Chipfabrik in Dresden leisten wir hier unseren Anteil.“

Eines der größten Probleme derzeit sind Covid-Ausbrüche in Malaysia. Dort findet das Packaging, also die Endfertigung von Chips für die Autoindustrie, statt. Auch die coronabedingten Produktionseinschränkungen in wichtigen Chip-Werken in Vietnam und auf den Philippinen bremsen die Autoindustrie aus.

„Die Halbleiterkrise wird uns auch 2022 begleiten“

So hat die Coronapandemie die Lieferketten der Autoindustrie, die viele Jahre problemlos funktioniert haben, innerhalb weniger Monate verwüstet. Die Strategieberatung Boston Consulting Group schätzt den weltweiten Produktionsausfall in 2021 auf bis zu neun Millionen Fahrzeuge.

Die mit viel Glamour und Pomp auf der IAA vorgestellten technologischen Innovationen von Autozulieferern wie Bosch, Continental oder ZF und Autobauern wie Volkswagen, BMW und Daimler verlieren angesichts der akuten Chipkrise daher an Glanz – vor allem, weil ein Ende nicht in Sicht ist.

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„Prognosen, wie lange der Halbleitermangel anhält, sind schwierig“, sagte Setzer auf der IAA. „Durch die Elektromobilität und die Digitalisierung steigt die Chip-Nachfrage der Autoindustrie weiter. Die Halbleiterkrise wird uns auch 2022 begleiten“, glaubt er.

Von den Autobauern ist Ähnliches zu hören: Auch Daimler-Chef Ola Källenius geht davon aus, dass der Mangel auch im kommenden Jahr die Autoindustrie belasten wird. BMW kann laut CEO Oliver Zipse allein in diesem Jahr wegen fehlender Halbleiter rund 100.000 Fahrzeuge nicht bauen. Toyota hat kürzlich seine Produktionszahlen im September um satte 40 Prozent gekürzt und blickt hinsichtlich der Chip-Verfügbarkeit ebenfalls pessimistisch ins kommende Jahr.

Und selbst Volkswagen-Chef Herbert Diess, der lange Zeit Optimismus verbreitet hatte, dass sich das Chip-Problem noch in diesem Jahr lösen werde, musste am Montag eingestehen, dass das nicht der Fall sein wird. „Es ist möglich, dass der Halbleitermangel noch Monate, wenn nicht sogar Jahre andauern könnte, da die Chip-Nachfrage nach wie vor sehr hoch ist“, sagte er gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg.

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