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Industrie-Ikone in der Krise GE forciert Geschäft in Deutschland – Windkraft soll Geschäft ankurbeln

GE leidet unter seinem schwachen Kraftwerksgeschäft. Der US-Konzern will aber weiter investieren – vor allem in Windkraft und 3D-Druck.
21.06.2018 - 17:23 Uhr Kommentieren
Der Deutschland-Chef von General Electric setzt vor allem Windkraft. Quelle: Thomas Dashuber für Handelsblatt
Wolfgang Dierker

Der Deutschland-Chef von General Electric setzt vor allem Windkraft.

(Foto: Thomas Dashuber für Handelsblatt)

Salzbergen/Düsseldorf In den USA steckt General Electric (GE) in schweren Turbulenzen. Gewinnwarnungen, der Austausch vieler Führungspersönlichkeiten und ein Absturz des Aktienkurses haben das Unternehmen erschüttert. Sogar aus dem Dow Jones ist die einstige Industrieikone gerade geflogen. Die Erschütterungen sind bis nach Deutschland zu spüren. In der Kraftwerkssparte sollen – ähnlich wie beim Konkurrenten Siemens – wegen des Markteinbruchs 1.600 Stellen gestrichen werden.

Und natürlich sind die Konzernumstrukturierungen auch hierzulande ein Thema. „Das ist sicherlich eine stressige Zeit für die Firma und die Mitarbeiter“, sagte der neue Deutschlandchef Wolfgang Dierker im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Natürlich gibt es Sorgen.“ Man nehme das ernst und kommuniziere viel. Doch gebe es viele Geschäfte, die sich sehr gut entwickeln.

Deutschland bleibe ein sehr wichtiger Markt für GE und man werde gerade in die Kernfelder Windkraft und 3D-Druck weiter investieren: „Wir wollen definitiv in Deutschland wachsen.“

Gerade in der Windkraft laufen die Geschäfte gut. Das zeigt ein Blick ins Werk Salzbergen. In extremer Zeitlupe bewegen sich zwar die bis zu 90 Tonnen schweren Windturbinen auf Schienen durch die Produktionshalle. Doch auch wenn die Fließgeschwindigkeit in der Linie mit dem Auge kaum wahrzunehmen ist: Die Auslastung ist gut.

Die Fertigung läuft in zwei Schichten, die Taktung ist mit fünf Stunden für die Montage des Kerns einer Turbine deutlich schneller als in Flautezeiten. Der Produktionsleiter hat sich sogar Arbeiter aus einem Energieumwandlungswerk von GE in Berlin ausgeliehen, bei dem Stellenabbau droht.

Zahl der Mitarbeiter in Deutschland soll trotz Kürzungen steigen

Die erneuerbaren Energien mit der Windkraft sollen künftig eine noch größere Schlüsselrolle im Konzern spielen. „Wir wollen in der Windkraft in Deutschland und in Europa insgesamt wachsen und die Marktanteile ausbauen“, sagte Dierker. Die Investitionen würden weiter aufgestockt. Perspektivisch werde GE trotz der Kürzungen im Kraftwerksbereich die Zahl der Mitarbeiter in Deutschland insgesamt eher erhöhen. Aktuell sind es etwa 10.000 Beschäftigte.

Nun waren solche Wachstums-Versprechen von GE in der Vergangenheit mit Vorsicht zu genießen. Immer wieder kündigten die Amerikaner an, auf dem Heimatmarkt des Erzrivalen Siemens anzugreifen. Oft ist dann nicht viel passiert, einen Umsatz für Deutschland nennen die Amerikaner ohnehin nicht. Laut Schätzung in Industriekreisen dürften es etwa 3,5 Milliarden Dollar sein.

„Die Bilanz von General Electric ist ein Desaster“

Doch gerade in der Windkraft habe GE in den vergangenen Jahren geliefert, sagte Dierker. „Zeitweise hatten wir gar keinen Marktanteil.“ Inzwischen liege man bei zehn bis 15 Prozent. Die Fachagentur Windenergie an Land sah GE im vergangenen Jahr mit 161 neuen Anlagen in Deutschland bei einem Marktanteil von 8,4 Prozent – und damit deutlich hinter Marktführer Enercon, aber vor Siemens, das auf 3,6 Prozent kam.

Ein Problem von GE: Die Amerikaner hatten zulange nur auf Onshoreanlagen, also die Windenergie an Land, gesetzt. „Das Thema Offshore wird überschätzt“, hieß es noch vor wenigen Jahren bei GE. Doch sind die Anlagen auf hoher See effizienter geworden. Weltweit steht der Windmarkt unter Druck, weil Subventionen gekappt werden. Da bietet der Offshoremarkt Hoffnung. Hier sehen Branchenteilnehmer laut einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Windresearch das größte Potenzial in Sachen Kostensenkung.

Konkurrent Siemens Gamesa profitiert von seiner starken Position bei den Offshoreanlagen. Daher hat GE nach der Alstom-Übernahme einen neuen Anlauf versprochen und gleich den Bau von zwölf-Megawatt-starken Anlagen angekündigt, was in der Branche für Aufsehen sorgte. „Die Haliade ist auch für den deutschen Markt ein gutes Produkt“, sagte Dierker.

Es sei wichtig, dass GE durch die Alstom-Übernahme Offshoreexpertise gewonnen habe und nun einen neuen Anlauf bei den Anlagen auf hoher See nehme. „Das ist strategisch ein entscheidender Schritt.“ Auch in Europa will GE der Windkraft-Konkurrenz weitere Marktanteile abnehmen. „In vier bis fünf Jahren wollen wir mehr als 30 Prozent Marktanteil haben“, sagte Peter Wells, Chef des europäischen Onshoregeschäfts dem Handelsblatt. Aktuell seien es 15 bis 20 Prozent.

2017 und 2018 sei Deutschland nach einem sehr guten Vorjahr für alle Anbieter ein eher schwieriger Markt, so Wells, weil die Versorger und Windparkentwickler noch abwarteten, wie es regulatorisch weitergehe. Bis Ende des Jahres müssten alle Änderungen am Erneuerbare-Energien-Gesetz abgeschlossen sein, damit die Unternehmen Planungssicherheit haben, forderte Dierker.

Außerdem verlangte er eine Reform der Steuern, Abgaben und Umlagen auf Strom, die derzeit nicht die Wahrheit über die jeweiligen Treibhausgasemissionen ausdrückten. „Letztlich brauchen wir einen CO2-Mindestpreis, um weitere Schritte bei Klimaschutz und Sektorkopplung zu erreichen.“ Unter Sektorkopplung wird die Verzahnung von Energie, Mobilität und Industrie verstanden.

Im Gegensatz zu Wettbewerbern reduziere man das Engagement in Deutschland nicht, betonte Wells. GE könne dies in anderen Märkten wie Spanien und den nordischen Ländern ausgleichen. „Insgesamt sehen wir in Europa Wachstum.“

GE braucht weltweit Erfolge im Windgeschäft. Die erneuerbaren Energien spielen angesichts des Markteinbruchs bei den großen Gasturbinen eine Schlüsselrolle bei der neuen Strategie von Konzernchef John Flannery. Doch trotz massiver Investitionen hebt das Windkraftgeschäft des US-Riesen nicht so richtig ab. Im vergangen Jahr konnte die Sparte zwar einen Umsatz von knapp zehn Milliarden Dollar verbuchen. Die Auftragseingänge im Onshorebereich sanken allerdings um drei Prozent, während sie bei Offshore stagnierten. Insgesamt büßte GE den Marktforschern von FTI Intelligence zufolge fünf Prozentpunkte Marktanteil ein und rutschte im internationalen Ranking der größten Turbinenbauer auf den vierten Platz – hinter die Branchenführer Vestas, Siemens Gamesa und Goldwind.

Neuer Hoffnungsträger

Besserung soll nun die Offshoreoffensive bringen. Vor drei Jahren hatte GE die Energiesparte von Alstom übernommen, wobei die Parteien bei Offshorewind und Netzen jeweils ein Fifty-fifty-Joint-Venture vereinbarten. Alstom will sich davon trennen und seine Anteile an GE verkaufen. Eine Schlüsselrolle bei den Expansionsplänen spielt nun die angekündigte zwölf-Megawatt-Offshoreturbine mit dem Namen Haliade-X, die im Mai vorgestellt wurde. Bislang sind die meisten Offshore-Windfarmen mit Fünf-Megawatt-Anlagen bestückt.

In der Branche ist man skeptisch, was das neue Riesenrad angeht. GE hat zwar weltweit schon 50.000 Windräder installiert, allerdings fast ausschließlich an Land. Erfahrungen auf See fehlten lange. „GE wird es im Offshorebereich gegen etablierte Größen wie Siemens Gamesa schwer haben“, sagt Windresearch-Geschäftsführer Dirk Briese. „Auch die Konkurrenz arbeitet an leistungsstärkeren Turbinen und hat bereits bewiesen, dass sie Offshore beherrscht.“ Die Entwicklungskosten für Haliade schätzt er auf 300 bis 400 Millionen Euro. Doch Dierker und Windmanager Wells verweisen auf erste erfolgreiche Offshoreprojekte. So hat GE einen Auftrag für 66 Sechs-Megawatt-Turbinen für den Nordsee-Windpark Merkur erhalten und die Hälfte schon installiert.

Bei allen Wachstumsplänen im Windgeschäft: Im Kraftwerksgeschäft hat auch GE mit Problemen zu kämpfen. Der Markt für große Gasturbinen ist weltweit eingebrochen. GE aber hatte sein Engagement mit der kostspieligen Alstom-Übernahme sogar noch ausgebaut.

Nun sollen auch bei GE Arbeitsplätze gestrichen werden, in Deutschland sind 1.600 Stellen betroffen. „Wir sind in Verhandlungen mit den Arbeitnehmern“, sagte Dierker. In der Schweiz sei es gelungen, am Ende etwas weniger Jobs zu streichen als ursprünglich angekündigt. In Deutschland sei der Ausgang der Verhandlungen noch offen, es sei aber zumindest nicht ausgeschlossen, dass die Zahl auch hier etwas niedriger ausfallen könnte. Das Umfeld im Kraftwerksgeschäft sei jedoch weiter sehr volatil.

Womöglich können ja einige der betroffenen Arbeitnehmer in Salzbergen in der wachsenden Windfertigung untergebracht werden. Die Zahl der Beschäftigten ist hier seit 2013 bereits von 610 auf 880 Beschäftigte gestiegen. Für manche Tätigkeiten sucht der Werksleiter gerade händeringend nach Mitarbeitern.

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