Industriekonzern Siemens zieht wegen Streit um Krim-Turbinen vor oberstes russisches Gericht
Moskau Die Krim-Affäre lässt Siemens nicht los. Vor dem Obersten Gericht in Russland hat der Technologiekonzern aus München nun Berufungsklage eingereicht. In dem Streit geht es um die Lieferung von vier Gasturbinen auf die 2014 von Russland angeschlossene Halbinsel.
Laut Siemens waren die Turbinen für ein Kraftwerk auf der Halbinsel Taman am anderen Ufer der Meerenge von Kertsch gedacht. Doch plötzlich tauchten die Stromaggregate im vergangenen Jahr auf der Krim auf. Dort wurden die Turbinen dringend benötigt, denn die Region leidet seit der Trennung vom ukrainischen Stromnetz unter einem Energiedefizit.
Weil USA und EU nach der Krim-Annexion Sanktionen gegen Russland verhängt haben, dürfen westliche Unternehmen allerdings seit Jahren keine Geschäfte mehr auf der Krim machen. Das Bekanntwerden der Siemens-Anlagen auf der Krim rief daher einen Riesenskandal hervor. Siemens drohten durch die Affäre massive Strafen der Behörden in Brüssel und Washington. So ging das Unternehmen selbst in die Offensive und reichte in Russland Klage gegen seinen Partner Technopromexport ein.
Dieser habe Siemens betrogen und in die Irre geführt bei dem Geschäft, argumentierten die Münchner und forderten die Rückabwicklung des Kaufs. Die russische Seite dementierte die Siemens-Darstellung. Demnach waren die Turbinen tatsächlich zunächst für ein Gaskraftwerk in der südrussischen Region Krasnodar bestimmt. Als das Projekt nicht realisiert wurde, habe der Käufer die Turbinen weiter verkauft.
Der letztliche Abnehmer habe die Turbinen zudem modernisieren müssen, so dass es sich eigentlich bereits um russische Turbinen handle. Auffällig ist, dass die Turbinen von der Technopromexport AG an die Technopromexport GmbH weiterverkauft wurden – beide gehören zum Imperium der russischen Industrie- und Rüstungsholding Rostec.
In jedem Fall haben die russischen Gerichte die Siemens-Ansprüche bisher in allen Instanzen zurückgewiesen. Es gebe keinen Beweis für eine bewusste Irreführung, urteilte zuletzt im Juni das Moskauer Schiedsgericht. Die Chancen auf eine Wende in dem Rechtsstreit vor dem Obersten Gericht halten Juristen daher für gering.
Zumal der Prozess politische Ausmaße hat: Moskau nennt die westlichen Sanktionen wegen der Krim illegal. Ein Urteil des internationalen Gerichtshofs in Den Haag, das Russland zu einer Millionenstrafe wegen der Verletzung von Investorenrechten auf der Krim verurteilte, hat Moskau ignoriert.
Zuletzt hat die Duma beraten, die Einhaltung westlicher Sanktionen auf russischem Gebiet unter Strafe zu stellen. Weil das Gesetz potenziell alle ausländischen in Russland tätigen Unternehmer in Gefahr bringt, entweder gegen westliche Sanktionen zu verstoßen, oder russisches Gesetz zu unterlaufen, wurde die endgültige Verabschiedung verschoben.
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