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Industriekonzern Stahl-Boom schlägt sich in der Bilanz von Thyssen-Krupp noch nicht nieder

Die weltweite Konjunkturerholung lässt die Preise für den Werkstoff rasant steigen. Doch der Aufschwung ist bei Thyssen-Krupp noch nicht angekommen.
11.08.2021 Update: 11.08.2021 - 14:39 Uhr Kommentieren
Der Konzern fuhr von April bis Juni unter dem Strich einen Gewinn von 125 Millionen Euro ein. Quelle: dpa
Thyssen-Krupp

Der Konzern fuhr von April bis Juni unter dem Strich einen Gewinn von 125 Millionen Euro ein.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Mit dem Ende der Coronakrise sind bei den europäischen Stahlherstellern goldene Zeiten angebrochen. Während sich der Großexporteur China auch aus Klimabedenken zunehmend aus dem globalen Stahlhandel zurückzieht, ist der Preis für den Werkstoff zuletzt stark angestiegen.

Doch Thyssen-Krupp kann von dem Boom derzeit noch nicht profitieren, wie die am Mittwoch vorgelegten Quartalszahlen des Industriekonzerns zeigen. Zwar stieg das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) zwischen April und Juni auf 332 Millionen Euro, nach einem Verlust von 488 Millionen Euro im Vorjahresquartal.

Der Großteil davon entfällt allerdings nicht auf die Stahlsparte, die das Quartal mit einem Betriebsgewinn von 55 Millionen Euro abschloss, sondern auf den Werkstoffhandel, der ein Ergebnis von 268 Millionen Euro erzielte. Verluste liefen dabei im Segment Multi Tracks auf, in denen die zum Verkauf stehenden Einheiten gebündelt sind (minus 38 Millionen Euro), sowie im Marineschiffbau, der mit minus neun Millionen Euro abschloss.

Konzernchefin Martina Merz sagte am Mittwoch, Thyssen-Krupp liege beim Konzernumbau voll im Plan. „Die Zahlen zeigen, dass unsere zahlreichen Restrukturierungen und Maßnahmen bei der Performance greifen.“ Mit dem Verkauf des Bergbaumaschinen-Geschäfts an den dänischen Konkurrenten FL Smidth und der Veräußerung des Infrastrukturbaus habe der Konzern wichtige Meilensteine bei der Fokussierung des Portfolios erreicht.

Dennoch reagierte die Börse zunächst enttäuscht. Zeitweise gab die Aktie des Ruhrkonzerns um mehr als sieben Prozent nach. Ein Grund dafür dürfte sein, dass die Stahlsparte im Vergleich mit der Konkurrenz etwas schwächer abgeschnitten hat.

So erzielte etwa der niedersächsische Stahlproduzent Salzgitter im gleichen Zeitraum einen Betriebsgewinn (Ebit) von mehr als 200 Millionen Euro. Darin enthalten sind allerdings auch Gewinne aus den Handelsaktivitäten sowie aus der knapp 30-prozentigen Beteiligung am Kupferhersteller Aurubis, die den direkten Vergleich verzerren.

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Dabei profitiert die Branche derzeit von mehreren Faktoren: Einerseits ist die Nachfrage hoch, weil viele Abnehmer nach dem heftigen Einbruch in der Pandemie damit begonnen haben, ihre Läger wieder aufzufüllen. Gleichzeitig konnten die Stahlhersteller ihre Produktion nur langsam wieder hochfahren, während die Nachfrage deutlich schneller wieder anstieg.

Hinzu kommt der Rückzug großer Stahlexporteure wie Russland oder China vom Weltmarkt, die sich etwa durch die Rücknahme von Steuerrabatten auf Stahlexporte stärker auf den inländischen Bedarf konzentrieren. In Kombination führt das dazu, dass Stahl in vielen Branchen mittlerweile knapp wird und die Preise entsprechend stark ansteigen.

Dass die Stahlsparte von Thyssen-Krupp bislang noch nicht davon profitieren konnte, erklärte Finanzchef Klaus Keysberg gegenüber Journalisten am Mittwochmorgen mit langfristig angelegten Verträgen. Diese machten es dem Unternehmen schwer, umgehend neue Preise mit den Kunden auszuhandeln. „Mit unseren längerfristigen Vertragsstrukturen können wir die gestiegenen Rohstoff- und Stahlpreise erst zeitverzögert in unseren Erlösen und im Ergebnis abbilden.“

Umbau von Thyssen-Krupp kommt voran

Hinzu kämen Einschränkungen der Produktion, etwa durch Wartungsarbeiten am Hochofen 1 in Duisburg, so der Manager, der im Vorstand auch für die Stahlsparte verantwortlich ist. „Der positive Ergebniseffekt kommt. Wir werden ihn bei uns nur später sehen als beim Wettbewerb.“

Spürbar indes ist der Effekt bereits im Werkstoffhandel, der mit Abstand das beste Ergebnis abgeliefert hat. Die Sparte steht im Zentrum des Konzernumbaus, bei dem der Vorstand das einstige Industriekonglomerat zu einer schlanken Unternehmensgruppe umbauen will. Die Stahlsparte hingegen, über viele Jahre das Kerngeschäft, soll verselbstständigt werden, nachdem ein geplanter Verkauf im vergangenen Jahr scheiterte.

Als mögliche Optionen gelten dabei eine Fusion mit einem Wettbewerber, ein Verkauf etwa an einen Finanzinvestor oder ein Börsengang. Keysberg sagte, eine Entscheidung werde frühestens Anfang kommenden Jahres fallen.

Dabei stellte Thyssen-Krupp auch in Aussicht, die Klimaziele für die Stahlproduktion in absehbarer Zeit anzupassen. Zahlreiche Konkurrenten wie etwa Arcelor-Mittal hatten hier zuletzt vorgelegt, auch um den schärferen Vorgaben der Regierungen in Berlin und Brüssel zu entsprechen. Dabei nahm Keysberg die Politik in die Pflicht. „Wir werden unsere Ziele auf jeden Fall anpassen. Wann das passiert, ist eine Frage der Rahmenbedingungen“, so der Manager.

Bislang will Thyssen-Krupp seine Emissionen im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen bis 2030 um 30 Prozent im Vergleich zu 1990, bis 2050 um 100 Prozent senken. Bereits vor einigen Monaten hatte das Bundesverfassungsgericht die Regierung allerdings aufgefordert, ambitioniertere Ziele vorzugeben. Seither sehen die Pläne vor, dass Deutschland bereits bis 2045 klimaneutral werden soll, also fünf Jahre früher als vorgesehen.

Hoffnungsträger Wasserstoff

Für Thyssen-Krupp bedeutet der Klimaschutz indes nicht nur eine Belastung, sondern auch Umsatzpotenzial. Denn mit dem Joint Venture Uhde Clorine Engineers (UCE), das der Ruhrkonzern gemeinsam mit dem italienischen Partner Industrie de Nora betreibt, ist Thyssen-Krupp auch am Aufbau einer klimaneutralen Wasserstoffwirtschaft beteiligt.

Die Tochter fertigt unter anderem Elektrolyseure, mit denen sich Wasserstoff unter Einsatz von Strom herstellen lässt. Dabei dürfte der Bedarf im Zuge der Dekarbonisierung deutlich steigen. So gehen Schätzungen davon aus, dass der Markt für Wasserstoff-Elektrolyseure in den kommenden zehn Jahren auf rund 40 Milliarden Euro wächst. Schon jetzt habe Thyssen-Krupp eine gut gefüllte Pipeline mit Projekten, sagte Finanzvorstand Keysberg.

Um die nötigen Wachstumsinvestitionen in dem Geschäft zu stemmen, könne sich Thyssen-Krupp auch vorstellen, Teile des Geschäfts in Zukunft zu verkaufen. „Wir prüfen, wie wir unseren Startvorteil nutzen und ob wir das Geschäft allein oder mit Partnern weiterentwickeln“, so Keysberg.

Mehr: Flucht nach vorn: Die Stahlindustrie liefert sich ein Wettrennen bei grünem Stahl

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