Industriekonzern Thyssen-Krupp bekommt eine Milliarde Euro Staatshilfe

Die Coronakrise sorgt bei dem stark von der Autoindustrie abhängigen Ruhrkonzern für heftige Umsatzeinbußen.
Frankfurt, Düsseldorf Für Thyssen-Krupp sollte das Jahr 2020 eines der Befreiung werden. Mit dem geplanten Erlös aus dem Verkauf der Aufzugsparte wollte Vorstandschefin Martina Merz den seit Jahren notleidenden Industriekonzern von Grund auf sanieren.
Nun kommt die Coronakrise dazwischen. Sie kostet den Konzern viele Milliarden, die Merz eigentlich für den Abbau milliardenschwerer Finanzschulden und Pensionsverpflichtungen vorgesehen hatte, die die Bilanz des vergangenen Jahres zusammen mit gut 15 Milliarden Euro belasteten.
Kurzfristig steigt der Schuldenstand des Ruhrkonzerns sogar noch weiter an: Wie das Handelsblatt aus informierten Kreisen erfuhr, hat sich Thyssen-Krupp bei der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) einen Notkredit von rund einer Milliarde Euro gesichert.
Mit dem Geld will der Ruhrkonzern die Zeit überbrücken, bis die Transaktion um den Elevator-Deal abgeschlossen ist. Anfang des Jahres hatte Thyssen-Krupp seine profitabelste Sparte für 17 Milliarden Euro an ein Konsortium um die Finanzinvestoren Advent und Cinven verkauft.
In Konzernkreisen hieß es, der Abschluss des Deals werde im Juni erwartet. Doch die finanzielle Not bei Thyssen-Krupp ist wegen der Coronakrise derzeit besonders groß. Denn einen großen Teil des Umsatzes von zuletzt knapp 35 Milliarden Euro erzielte der Ruhrkonzern in der Autoindustrie.
Vor allem das Stahlgeschäft, das in normalen Zeiten mehr als 90 Prozent seiner Gewinne mit Kunden aus dem Automobilgeschäft verdient, leidet unter den teils wochenlangen Produktionsstopps, die die Autokonzerne wegen des Nachfrageeinbruchs infolge der Pandemie verhängt hatten.
Das gleiche gilt für die Autozuliefersparte des Konzerns, die schon vor der Krise mitten in einer Restrukturierung steckte. So gab Thyssen-Krupp Anfang der Woche die Schließung eines Werks im nordrhein-westfälischen Olpe bekannt. Insgesamt sollen in dem Geschäftsbereich knapp 500 Stellen wegfallen.
Großer Investitionsbedarf im Kerngeschäft
Konzernweit stehen mehr als 6000 Stellen zur Disposition. Davon betroffen ist vor allem die Stahlsparte, die nach den Plänen des Vorstands in den kommenden Jahren rund 2800 Arbeitsplätze abbauen soll. Nach dem Verkauf der Aufzugsparte, die in den vergangenen Jahren stets den Löwenanteil zum Konzerngewinn beisteuerte, soll der Stahl das neue Kerngeschäft von Thyssen-Krupp bilden.
Doch die anhaltend schlechten Performance ist für die Strategie von Vorstandschefin Martina Merz ein Problem. Denn um den Bereich wieder wettbewerbsfähig zu machen, muss Thyssen-Krupp kräftig investieren.
Bis 2026 hat der Konzern dafür rund 800 Millionen Euro zusätzlich veranschlagt. Doch ob sich die Investitionen am Ende rechnen, scheint derzeit unklar – auch weil die EU-Klimaschutzziele für 2030 die europäischen Stahlhersteller in den nächsten Jahren zusätzlich unter erheblichen Investitionsdruck setzen dürften.
Angesichts des schweren Fahrwassers, in dem sich der Ruhrkonzern befindet, sei es unheimlich herausfordernd gewesen, eine Absicherung für den Notkredit der KfW zu organisieren, hieß es in Finanzkreisen. Denn der Staat bürgt für den Kredit nur zu 80 Prozent. Ein Selbstbehalt von 20 Prozent liegt bei den Banken. Deutsche Bank, Goldman Sachs und JP Morgan haben den Ruhrkonzern bei der Transaktion beraten.
Thyssen-Krupp äußerte sich nicht zu dem Staatskredit. Ein Sprecher verwies auf eine frühere Stellungnahme, nach der das Unternehmen staatliche Finanzhilfen prüfen würde.
Mehr: Schon vor der Coronakrise war der Kurs des Ruhrkonzerns wie der vieler Industrieunternehmen dramatisch gefallen. Sorgen um eine Übernahme müssen sich die meisten von ihnen aber nicht machen.
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