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Industriekonzern Thyssen-Krupp verbucht Milliardenverlust und weist negatives Eigenkapital aus

Thyssen-Krupp fährt einen Milliardenverlust ein. Der Free Cashflow vor Zu- und Verkäufen sinkt auf minus 3,5 Milliarden Euro. Die Aktie rutscht mehr als 15 Prozent ins Minus.
13.08.2020 Update: 13.08.2020 - 17:48 Uhr 3 Kommentare
Auch nach dem Verkauf der Aufzugsparte schreibt Thyssenkrupp weiter rote Zahlen. Quelle: dpa
Thyssen-Krupp

Der Industriekonzern schreibt weiter rote Zahlen.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Das Urteil der Aktionäre fiel eindeutig aus. Nachdem Thyssen-Krupp am Donnerstag die Zahlen für das dritte Quartal bekanntgab, schickten sie die Aktie des Essener Industriekonglomerats auf eine steile Talfahrt. Innerhalb weniger Stunden sank der Börsenwert des Ruhrkonzerns um 750 Millionen Euro. Das Quartal hatte Thyssen-Krupp erneut mit einem herben Verlust abgeschlossen. Rund zwei Milliarden Euro hat das Unternehmen in diesem Jahr bereits verloren.

Dass sich die Lage bald bessert, ist nicht zu erwarten. Denn die Coronakrise trifft den Konzern in nahezu allen Sparten schwer. Ob in der Autozulieferung, der Stahlproduktion oder im Werkstoffhandel: Fast überall ist Thyssen-Krupp vom Wohl und Wehe der Autoindustrie abhängig, die ihre Produktion im April wegen mangelnder Nachfrage und aus Gründen des Infektionsschutzes großflächig eingestellt hatte.

Noch immer bewege sich die Nachfrage hier auf einem niedrigen Niveau, erklärte Thyssen-Krupps Finanzchef Klaus Keysberg in einer Telefonkonferenz mit Analysten. Zwar zeigten sich aktuell in einigen Geschäften erste Erholungstendenzen, so der Manager. „Doch auch im vierten Quartal rechnen wir mit einem mittleren bis hohen dreistelligen Millionenverlust.“ Dabei bereitet das wichtigste Geschäft der Essener, die Stahlsparte, die größten Probleme: In den ersten neun Monaten des Jahres gingen hier rund 841 Millionen Euro verloren.

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Das konnten auch die Mittelzuflüsse aus dem Aufzugsgeschäft, das im selben Zeitraum einen Betriebsgewinn von knapp 570 Millionen Euro erzielte, nicht kompensieren. In Zukunft wird es für Thyssen-Krupp noch schwerer, die Verluste der defizitären Geschäfte aus dem laufenden Betrieb auszugleichen. Denn die Aufzugsparte hat der Konzern erst vor wenigen Wochen für 17,2 Milliarden Euro an ein Konsortium der Finanzinvestoren Advent und Cinven verkauft. Zahlungswirksam wird der Deal allerdings erst im vierten Quartal.

Interessenten für Stahlsparte gesucht

Die nun vorgelegten Ergebnisse liefern damit nur eine Momentaufnahme. Denn Thyssen-Krupp befindet sich derzeit im wohl tiefgreifendsten Umbau seiner mehr als 200-jährigen Geschichte. Der Vorstand um Martina Merz stellt derzeit zahlreiche Geschäfte auf den Prüfstand. Dazu gehört neben dem Anlagenbau und Teilen der Komponentenfertigung auch die Stahlsparte, für die der Ruhrkonzern derzeit auf Partnersuche ist.

Noch sei allerdings nicht absehbar, wann der Konzern eine Lösung für das notleidende Geschäft finden werde, erklärte nun Finanzchef Keysberg. „Ich habe den Wunsch, dass wir innerhalb des nächsten Jahres hier ein klareres Bild bekommen“, sagte der Manager. Einen konkreten Zeitplan nannte Keysberg dafür aber nicht.

Als Interessenten gelten dabei der schwedische Konkurrent SSAB, die europäische Tochter des indischen Stahlriesen Tata sowie die chinesische Baowu-Gruppe. Dabei ist noch unklar, von welchem Anteil des Geschäfts sich Thyssen-Krupp trennen will.

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Vor allem die IG Metall dringt darauf, eine Mehrheit an der Stahlproduktion zu behalten. Doch der Vorstand wolle sich mehrere Möglichkeiten offenhalten, sagte Keysberg. „Der Optionsraum ist relativ weit aufgespannt.“

Trotz des erwarteten Mittelzuflusses aus dem Elevator-Verkauf wird die Suche nach einem Partner für den Stahl immer dringlicher. Denn von den gut 17 Milliarden Euro, die Thyssen-Krupp im kommenden Quartal verbuchen wird, ist ein großer Teil bereits verplant. So will der Konzern seine Nettofinanzschulden abbauen, die zuletzt auf 8,5 Milliarden Euro gestiegen waren. Darüber hinaus belasten Restrukturierungskosten, um die verbleibenden Geschäfte wieder fit zu machen, das Ergebnis in Milliardenhöhe.

Dreistelliger Millionenverlust auch im vierten Quartal

So rechnet Keysberg für das laufende Geschäftsjahr mit einem negativen Free Cashflow vor Zu- und Verkäufen von Unternehmensteilen von fünf bis sechs Milliarden Euro. Hinzu kommen Pensionsrückstellungen von acht bis neun Milliarden Euro, die der Konzern ursprünglich mit dem Erlös ausfinanzieren wollte.

Dieser Plan bleibe als Fernziel zwar bestehen, liege aber angesichts der Unsicherheiten durch die Coronakrise derzeit auf Eis, sagte Keysberg. „Wir sehen keine Notwendigkeit, dieses Thema jetzt unmittelbar zu entscheiden.“ Der Fokus liege auf der Sicherung der Liquidität.

Dennoch zeigte sich Thyssen-Krupp vorsichtig optimistisch, was das derzeit laufende vierte Quartal angehe. Mit Ausnahme der Stahlsparte sei in allen anderen Bereichen – also der Autozulieferung, dem Anlagenbau, dem Werkstoffhandel und den Schmiedegeschäften – eine leichte Erholung zu spüren.

„Dabei bewegen wir uns aber auf keinen Fall auf dem Niveau vor Corona“, so Keysberg. Für das vierte Quartal sei daher immer noch mit einem Verlust im mittleren bis hohen dreistelligen Millionenbereich zu rechnen – den Verkaufspreis für das Aufzugsgeschäft nicht eingerechnet.

Die Aktie reagierte mit Verlusten von mehr als 15 Prozent und ging bei einem Kurs von 6,28 Euro aus dem Handel. Erst am Dienstag hatte die US-Bank JP Morgan ihr Kursziel für Thyssen-Krupp auf 5,50 Euro gesenkt. Analyst Luke Nelson begründete seine Einschätzung mit erwarteten großen Verlusten beim operativen Ergebnis sowie den Barmitteln.

Mehr: Das Traditionsgeschäft von Thyssen-Krupp verbrennt in der Coronakrise Milliarden.

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3 Kommentare zu "Industriekonzern: Thyssen-Krupp verbucht Milliardenverlust und weist negatives Eigenkapital aus"

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  • Wie traurig!
    Allein schon die Zeile im Bericht "nennenswerte Gewinne wies ... allein die Aufzugssparte aus", die nunmehr aber verkauft wurde, sagt alles über eine von vorne bis hinten verkorkste Strategie und Plänen aus dem Bereich des Wishful Thinking.
    Dann noch der Hinweis, dass die Stahlsparte der größte Verlustbringer ist und das Bild rundet sich ab...
    Erinnern wir uns daran, dass Frau Merz erst einmal Vorsitzende des Aufsichtsrats war und dort sämtliche strategischen Entscheidungen mitgetragen hat: "Better for both", Trennung von Stahl und Technolgie, der Versuch der Fusion der Stahlsparte mit Tata, die Ablehnung der Auflagen der EU Kommission zur Fusion mit Tata, die Beförderung von Kerkhoff zum Vorstandsvorsitzenden, die Entlassung Kerkhoffs,... Dann wechselte die Dame vom Aufsichtsrat in den Vorstand und schwupps, war die neue Strategie dar: Vergesst, was früher richtig war (mit Stahlkochen ist in Deutschland kein Geld zu verdienen, daher muss der Konzern um Elevator herum aufgestellt werden) und nunmehr soll der Stahl das Kerngeschäft sein. Es gab viele, unzählige Hinweise darauf, dass diese Strategie - auch wenn sie von Cevian immer herausgeschrieen wurde - nicht funktionieren kann: Kapitalintensiv, Umweltauflagen in D, volatile Preise für Vorprodukte, ungünstiger Standort weit weg vom Meer, lange Transportwege, eine kriselnde Autoindustrie, schlechte Güte des Stahls, Überschwemmung des Marktes mit Importstahl, unfassbare Überkapazitäten in Europa dank unerlaubter Subventionen, insbes. in Iatlien, immer weiter steigende Energiekosten, gewaltiger Investitionsbedarf, Deutschland als Höchststeuerland, extrem zyklisches Geshäft usw, Egal - anfangs konnte man die Schuld ja auch noch den Vorgängern in die Schuhe schieben (haben nicht aufgeräumt, war alles inkonsequent), jetzt ist es natürlich Corona und nicht die unsinnige Strategie, die dem Konzern das Genick brechen wird.

  • Die Situation haben Sie sehr treffend beschrieben! Für mich sind die pleite.


  • Aktienkultur in Deutschland

    Nur wer das Führungsgeschehen der letzten paar Jahre bei Thyssenkrupp genauer verfolgt hat, erkennt ein Drama das vermeidbar gewesen wäre.

    Ein überforderter betagter Aufsichtsrat der den Schaden zulässt.
    Überforderte Führung ohne Strategie.
    Gewerkschaften (Arbeitnehmerseite) mit überzogenen Forderungen.
    Die Politik mit Forderungen der CO2 neutralen Produktion.

    Die Mentalität des Forderns von allen Seiten wird langfristig zur Überforderung der Gesellschaft.
    Der Aktionär und der Wirtschaftsstandort Deutschland trägt den Schaden.
    Ein Aktionär.

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