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Italienischer Motorradhersteller „Corona-Belohnung“: Warum Ducati bislang noch glimpflich durch die Krise kam

Ducati-CEO Claudio Domenicali sieht großes Wachstumspotenzial auf dem deutschen Markt – und erteilt autonomem Motorradfahren eine Absage.
31.03.2021 - 04:15 Uhr Kommentieren
Der Chef von Ducati will in Deutschland weiter stark wachsen. Quelle: Audi AG
Claudio Domenicali

Der Chef von Ducati will in Deutschland weiter stark wachsen.

(Foto: Audi AG)

Düsseldorf, Rom Vor einem Jahr stand die Fabrik von Ducati sieben Wochen still. Damals verordnete Italien einen harten Corona-Lockdown samt Produktionsstopp für das ganze Land. „Wir waren sehr besorgt“, gesteht CEO Claudio Domenicali im Interview ein. „Unser Geschäft funktioniert sehr saisonal, in der Hochsaison verkaufen wir das Drei- bis Vierfache der Nebensaison.“

Doch plötzlich ging gar nichts mehr in Borgo Panigale, einem Industrieviertel im Westen Bolognas. Motorräder, die gerade erst neu in die Produktion genommen worden waren, konnten im März und April nicht ausgeliefert werden. Trotzdem ist der Hersteller, der zum Ingolstädter Audi-Konzern gehört, einigermaßen glimpflich durch die Coronakrise gekommen. Auch weil sich viele Menschen nach dem Lockdown etwas gegönnt haben: Ducati kam in Kontakt mit vielen Neukunden, die „noch nie ein Motorrad gekauft hatten und sich jetzt selbst belohnen wollten“ – für die Schwierigkeiten der Pandemie, für das Ausharren zu Hause.

Bei Ducati war man überrascht, wie schnell der Markt sich Anfang Juni schon wieder erholte. „Die Menschen konnten keine anderen Ausgaben für Reisen oder Freizeit machen – das ist genau unser Geschäft“, sagt Domenicali. Bei seiner Firma gehe es mehr um den „Verkauf von Emotionen“ als um den von Produkten.

Auf rund 48.000 solcher emotionalen Auslieferungen kommt Ducati für 2020, das sind rund 5000 weniger als im Vorjahr. Auch der Umsatz brach ein: Von 716 Millionen Euro im Jahr 2019 auf nun 676 Millionen Euro. Der operative Gewinn schmolz sogar um mehr als die Hälfte – auf 24 Millionen statt 52 Millionen Euro. Trotzdem gab es Märkte, in denen der Hersteller kräftig wachsen konnte: In China legten die Verkäufe um 26 Prozent zu, in der Schweiz um rund elf Prozent. Und auch in Deutschland konnte Ducati um 6,7 Prozent zulegen.

Ducati in Deutschland: Der Marktanteil ist noch klein

In der Bundesrepublik wurden vergangenes Jahr rund 220.000 motorisierte Zweiräder zugelassen. Ducati kommt hier immer noch auf einen sehr kleinen Marktanteil: Gerade einmal 5490 Motorräder wurden in Deutschland verkauft, Platz neun aller Hersteller. Marktführer BMW setzte allein von seinem Bestseller R 1250 GS mehr als 9000 Stück ab. Noch taucht auch kein Ducati-Modell unter den Top zehn der deutschen Neuzulassungen auf. Klar, dass Domenicali daher „sehr großes Wachstumspotenzial“ sieht. Deutsche Kunden hätten eine große Wertschätzung für hochwertige Hightech-Produkte. „Und sie haben die Möglichkeit, ein bisschen mehr auszugeben.“

In den kommenden Jahren will sich Ducati stärker auf hochpreisige Premium-Motorräder konzentrieren. Ein Schwenk, der sich auch schon in den Zahlen zeigt: Trotz der Pandemie ist der Umsatz pro Motorrad auf 14.883 Euro gestiegen – ein neues Allzeithoch.

Corona macht dem Unternehmen indes noch immer zu schaffen, vor allem bei der Logistik. Nach wie vor gebe es Verspätungen bei vielen Schiffen, die Transportkosten stiegen. Die Lieferprobleme beträfen „nicht nur die großen Halbleiterproduzenten, sondern auch kleinere Zulieferer“.

Beim Zukunftsthema E-Mobilität hinken Motorräder noch hinterher. Von den rund 4,5 Millionen zugelassenen Motorrädern in Deutschland hatten Anfang 2020 nur gut 20.000 einen anderen Antrieb als Benzin. „Wie die Lösung in zehn Jahren aussehen wird, ist noch nicht ganz klar“, sagt Domenicali.

Ducati befindet sich derzeit in der Prototypenphase mit verschiedenen Fahrzeugtypen. „Zweiräder mit geringer Leistung werden mit Sicherheit bis zum Ende dieses Jahrzehnts vollelektrisch sein“, glaubt der Ducati-Chef. Bei einem vollwertigen Motorrad werde das aber schwieriger.

Hoffen auf neue Antriebstechnologien

Er vergleicht das Dilemma mit dem eines Flugzeugs, wo der Treibstoff bis zu 50 Prozent des Gewichts ausmachen könne. „Wenn man den Treibstoff entfernt und stattdessen die Batterie einsetzt, wird das Flugzeug wahrscheinlich nicht abheben.“ Bei Motorrädern sei dies ähnlich. Er setzt daher auf synthetische Kraftstoffe, möglichst CO2-neutral, sogenannte E-Fuels. Noch seien die Produktionskosten zu hoch, aber die Technologie entwickele sich weiter. „Es gibt auch eine Batterie von Quantumscape, die eine Art Kompromiss ist, aber das ist erst etwas für den zweiten Teil dieses Jahrzehnts.“

Dem zweiten Trend in der Mobilität, autonomem Fahren, erteilt Domenicali hingegen eine Absage. Es werde zwar für alle Mobilitätsanwendungen kommen, weil es einem stundenlanges, langweiliges Fahren erspare. „Aber Motorradfahren ist das komplette Gegenteil: Man will jede Minute genießen.“ Es gebe kein technisches Problem bei der Umsetzung. Aber mache es Sinn, einen Sportwagen oder ein Motorrad zu besitzen, ohne es zu fahren, fragt Domenicali.

Er glaubt, dass es in 15 Jahren Robotertaxis geben wird und Autos, die uns in den Urlaub fahren. Aber Motorräder seien nicht für die Mobilität gedacht, sondern als Freizeitfahrzeug – „für Spaß, Aufregung und Erholung“. Zum Markenkern würden auch Transportbikes nicht passen. Da gebe es genügend andere Firmen, die sehr gute Produkte machten. Es sei wichtig für Ducati, nicht alles machen zu wollen.

Was das Unternehmen, das seine Motorräder in 90 Ländern verkauft, aber zwingend braucht, sind neue Produkte im Einstiegssegment. Wurden die Kunden vor fünf bis zehn Jahren immer älter, auch in Deutschland, dreht sich seit einiger Zeit der Trend. „Es gibt einen viel größeren Anteil an jungen Kunden, die jetzt ins Motorradsegment einsteigen“, beobachtet Domenicali. Vor allem kleine Hubraumgrößen zwischen 125 und 400 werden beliebter. „In diesem Genre bieten wir bisher keine Produkte an, wollen das aber in spätestens fünf Jahren tun“, kündigt der Italiener an.

Braucht VW eine Motorradmarke?

Schon heute hätte Ducati aber Produkte, die auf eine jüngere Zielgruppe ausgerichtet sind. Hauptsache, die Kunden finden irgendwie zur Marke – und bleiben ihr anschließend treu. „Viele der jungen Kunden“, ist sich Domenicali sicher, „werden sich zu anspruchsvolleren entwickeln.“

Ducati mag umfassende Zukunftspläne haben und noch recht ordentlich verdienen. Investoren stellen trotzdem die Frage, warum Volkswagen im Konzern überhaupt eine Zweiradmarke braucht. „Es gibt kaum industrielle Logik, ein Pkw- und Motorrad-Geschäft unter einem Dach zu haben“, sagt etwa Arndt Ellinghorst, Automobilanalyst beim US-Investmenthaus Bernstein. VW müsse sich mit allen Management-Ressourcen auf die Elektrifizierung und Digitalisierung fokussieren. „Ducati ist eine tolle Marke, die aber besser woanders aufgehoben ist.“

Im vergangenen Jahr hatte es konzernintern bei Volkswagen immer wieder Diskussionen darüber gegeben, ob Ducati – zusammen mit dem italienischen Sportwagenhersteller Lamborghini – verkauft wird. Doch im Dezember hat sich der Aufsichtsrat endgültig dagegen entschieden. Besonders die Eigentümerfamilien Porsche und Piëch haben darauf gedrängt, dass die beiden italienischen Töchter im Konzern bleiben.

Mehr: Die Zukunft von Lamborghini ist elektrisch – CEO Winkelmann kündigt Neuausrichtung der Sportwagenmarke an

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