Kfz-Gewerbe Warum der Markt für Gebrauchtwagen plötzlich wieder boomt

Die Kunden sind zu den Händlern zurückgekehrt. Die Verkaufszahlen wachsen wieder stark.
Düsseldorf Die Corona-Pandemie hat die Autobranche im Frühjahr schwer getroffen. Über Wochen konnten keine neuen Fahrzeuge produziert werden, der Autohandel kam fast vollständig zum Erliegen. Inzwischen mehren sich die Anzeichen, dass es in der Branche aufwärtsgeht. Am stärksten bei den Gebrauchten: Dort meldet der Autohandel starke Zuwachsraten.
Im Juli haben in Deutschland fast 750.000 gebrauchte Fahrzeuge den Eigentümer gewechselt. Im Vergleich zu Juli 2019 ist das ein Zuwachs von gut 17 Prozent. Das Geschäft mit Neuwagen lag hingegen im Vorjahresvergleich weiter mit mehr als fünf Prozent im Minus.
„Der Handel spürt die Nachfrage und kann besonders seine Gebrauchtwagen wieder deutlich schneller und auch zu stabilen Preisen verkaufen“, sagte Martin Endlein von der Deutschen Automobil Treuhand (DAT), dem Analysehaus der deutschen Fahrzeugbranche.
Das Juli-Ergebnis ist aus Sicht der deutschen Autohändler extrem erfreulich: Es hat in den vergangenen zehn Jahren keinen einzigen Juli gegeben, in dem mehr als 700.000 Gebrauchtwagen gekauft wurden. Die finanziellen Nöte so mancher Autohändler konnten durch diese guten Verkaufszahlen wieder deutlich gemindert werden.
Mit den starken Zuwächsen der vergangenen Wochen hat der Gebrauchtwagen-Handel das Frühjahrsloch fast schon wieder hinter sich gelassen. Für den Zeitraum Januar bis Juli liegen die Verkaufszahlen bei Gebrauchten nur noch knapp acht Prozent unter dem Vorjahresergebnis. Das Neuwagengeschäft hat sich noch längst nicht wieder so gut erholt: Dort liegt das Minus im bisherigen Jahresverlauf bei rund 30 Prozent.
In wirtschaftlich schwer zu kalkulierenden Zeiten wie während der Corona-Pandemie ist der Gebrauchtwagen für viele Käufer die preisgünstigere Lösung. Zugleich sichert ein solcher die eigene Mobilität. „Wegen der möglichen Ansteckungsgefahr wollen viele nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren“, sagte ein Händler aus einer süddeutschen Großstadt. Aktuell verkaufe sein Unternehmen wöchentlich zehn bis 20 Prozent mehr gebrauchte Fahrzeuge als im Vorjahr.
Auch Geschäfte mit älteren Gebrauchten laufen gut
Während für ein komplett neues Auto schnell 30.000 oder 40.000 Euro gezahlt werden müssen, sind Gebrauchte deutlich günstiger zu bekommen. Nach dem jüngsten DAT-Report liegt der aktuelle Durchschnittspreis bei Gebrauchten bei knapp 12.000 Euro. Die durchschnittliche Fahrleistung beträgt etwa 76.000 Kilometer. Damit hat ein Gebrauchter erst gut die Hälfte seiner erwarteten Laufleistung hinter sich gebracht.
Es gibt noch einen weiteren Effekt, der das Gebrauchtwagen-Geschäft belebt. „Bei jüngeren Gebrauchten spielt sicherlich auch die reduzierte Mehrwertsteuer eine Rolle“, sagte ein Sprecher des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK). Junge Gebrauchte, also besonders Tageszulassungen, Jahreswagen und Leasing-Rückläufer, werden in der Regel über Autohändler – und damit mehrwertsteuerpflichtig – verkauft. Beim Verkauf von privat zu privat fällt die Steuer nicht an. Das betrifft dann tendenziell eher ältere Autos.
Trotzdem laufen die Geschäfte mit älteren Gebrauchten ausgesprochen gut. „Auch ältere, günstigere Gebrauchtwagen erlauben individuelle und sichere Mobilität in Zeiten einer Pandemie“, sagte Christoph Stricker vom Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), dem Zusammenschluss von mehr als 30.000 deutschen Autohändlern und Werkstätten.
Wegen der vergleichsweise günstigen Kraftstoffpreise sei die Fahrt mit dem Auto auch aus finanzieller Sicht eine gute Alternative zum öffentlichen Verkehr. Der Händlerverband rechne zudem für den Rest des Jahres „mit einer positiven Entwicklung des Gebrauchtwagenmarktes“.
Die starke Wiederbelebung der Gebrauchtwagen-Geschäfte lässt sich auch an anderen Kennzahlen ablesen. Im Mai, kurz nach dem Ende des Corona-Lockdowns, stand ein Gebrauchtwagen durchschnittlich noch etwa 103 Tage bei einem Autohändler. Monat für Monat fällt diese Standzeit, im Juli ist die Branche schon bei 95 Tagen angekommen.
Das entspricht noch nicht ganz den Zahlen aus dem Juli des vergangenen Jahres. Damals waren es 93 Tage bei Diesel-Fahrzeugen und 80 Tage bei Benzinern. „Die August-Zahlen sehen auch schon wieder recht ordentlich aus“, ergänzte der VDIK-Sprecher.
Auch bei der Wertentwicklung stehen die Zeichen inzwischen auf Normalität. In einer monatlichen Auswertung berechnet die DAT stellvertretend einen Durchschnittswert für drei Jahre alte Gebrauchte. Danach erreichen gebrauchte Benziner im Juli 56,3 Prozent ihres ursprünglichen Listenneupreises. Bei Diesel-Fahrzeugen liegt diese Quote bei 52,2 Prozent.
Beide Angaben entsprechen fast auf den Punkt genau den Werten vom Juli 2019. Nach dem Frühjahrs-Lockdown hatten die Restwerte für gebrauchte Fahrzeuge im Mai und im Juni stärker nachgegeben.
Mehr: Onlineschub und Rabattschlacht: Wie Corona den Autohandel verändert.
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Wenn man sich mal das Trauerspiel bei den Zulassungsstellen in den vergangenen Monaten live angeguckt hat, ist es logisch...dass die Absatzzahlen nach oben gehen.
Weniger als 0 geht ja auch gar nicht. Ein Kunde von mir musste 6 Wochen bis zur erlaubten Zulassung warten (März - April) ... da war ich mit zwei Wochen noch zufrieden und glücklich. Das Problem liegt nicht an den Mitarbeitern, sondern an der besch*** Technik.
Für ne Coronahilfe reicht es wenn ich arabischer Bienenzüchter in Berlin bin. Aber um ein dämliches Auto zu zulassen muss ich neben den Perso noch unz. andere technische Mittel bereit halten. Manchmal ist´s schade ... das so wenig Optimierungsdruck im ÖD herrscht.
Wenn die alte Karre kaputt ist, muss man eine neue haben, um in die Arbeit zu kommen. Und wenn man Kurzarbeit hat oder nicht weiß, wie lange man noch beschäftigt ist, kauft man besser einen Gebraucht- statt einen Neuwagen. Völlig logisch, oder? Um den Neuwagen-Absatz zu fördern, könnte die Automobilindustrie auf den Gedanken kommen, Neuwagen einfach auf Monatsbasis zu vermieten, ohne großen Schnick-Schnack mit Anzahlung etc.. Die lokalen Händler hätten somit wieder mehr zu tun. Wir werden sehen, auf welche Absatzinstrumente sie noch kommen werden.