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Konzernchef Matthias Müller „Volkswagen ist mehr als Diesel“

Vor der Hauptversammlung am Mittwoch denkt VW-Boss Matthias Müller laut über den Ausstieg aus der Dieseltechnologie nach. Im Interview kündigt er zudem ein neues Vergütungssystem an und spricht über Details des Konzernumbaus und den Einfluss von Ferdinand Piëch auf die Strategie 2025.
20.06.2016 Update: 21.06.2016 - 06:28 Uhr Kommentieren

VW wird die Vergangenheit nicht los

Wolfsburg Volkswagen-Chef Matthias Müller unterbricht für das Interview mit dem Handelsblatt sein Tagesprogramm in Wolfsburg. Im Auslieferungszentrum der Autostadt informiert er das Topmanagement des Konzerns gerade über die zuvor veröffentlichte „Strategie 2025“, die dem Autokonzern in den kommenden zehn Jahren ein neues Gesicht geben soll. Thematisch ist das für den neuen Wolfsburger Konzernchef keine große Veränderung. Im Interview geht es um dieselben Themen wie in der Diskussion mit den Managern: mehr Effizienz, Zukunft des Diesels, Batterieantrieb und Mobilitätskonzepte.

Herr Müller, auf dem Genfer Automobilsalon im März wurde in Ihrem Beisein der neue Bugatti Chiron vorgestellt – mit 1500 PS und 420 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit. War das der letzte Auftritt einer Rennmaschine aus dem VW-Reich?
Das Auto hat die Fachwelt und vor allem viele Kunden begeistert. Wir haben sehr viele Vorbestellungen für den Chiron erhalten. Es gibt also offenbar einen Markt und eine Klientel, die gern solche Produkte erwirbt. Und wenn das so bleibt, dann werden wir für diese Kunden auch weiterhin ein entsprechendes Angebot bereithalten.

Sie sagten kürzlich zur Flüchtlingsdebatte, Manager müssten auch Haltung zeigen. Aber gilt das nicht auch für die ökologische Diskussion unserer Zeit. Oder anders gefragt: Wie grün ist Matthias Müller?
Sie spielen auf unsere neue „Strategie 2025“ an. Mir geht es um überzeugende Antworten für morgen, nicht um Ideologien. Der Volkswagen-Konzern hat sich auf die Fahnen geschrieben, ein Mobilitätsanbieter mit Rund-um-Angebot zu werden, dazu gehören Carsharing-Modelle, eine Vielzahl neuer Elektroautos und auch der von Ihnen genannte Supersportwagen von Bugatti. Und wer weiß: Vielleicht fährt die nächste Variante des Chirons ja elektrisch.

Zwei bis drei Millionen reinrassige Elektrofahrzeuge wollen Sie im Jahr 2025 verkaufen. Das klingt ambitioniert. Aber was sagt der Kunde dazu?
Wir brauchen zunächst schlicht ein überzeugendes Angebot. Länder wie Norwegen zeigen doch, dass solch ein Wechsel der Antriebsarten möglich ist. Mit der Bundesregierung haben wir uns als Industrie geeinigt, diese Autos besonders zu fördern, dazu gehört vor allem eine entsprechende Infrastruktur. Hohe Anschaffungskosten und die geringe Reichweite sind heute die Gründe dafür, dass es bislang nicht schwungvoll vorangeht. Das wird sich ändern, davon sind wir überzeugt. Die Elektrifizierung ist ein wesentlicher Baustein unserer neuen Strategie.

Der alte VW-Vorstand setzte auf Masse und Größe, wollte Toyota dauerhaft überholen und sich an der Weltspitze der Automobilindustrie festsetzen. Tempi passati?
Die frühere Strategie war zu ihrer Zeit erfolgreich. Und es ging ja nicht allein um Größe, sondern auch um zufriedene Kunden und Mitarbeiter und um eine wettbewerbsfähige Ertragskraft. Was gut war, das werden wir fortsetzen. Was nicht mehr passt, das werden wir abschaffen oder entsprechend verändern.

Die Dieselaffäre war und ist ein schwerer Schlag für Deutschlands größtes Automobilunternehmen. Aber war sie zugleich auch ein Weckruf, der den nun eingeleiteten Veränderungsprozess angestoßen hat?
Uns war schon lange vor „Diesel“ klar, dass wir den Konzern verändern müssen, etwa mit dezentraleren Strukturen. Aber richtig ist: Jetzt ist vieles möglich, was vorher nicht oder nicht so schnell gegangen wäre. Jetzt bin ich seit acht Monaten in der Verantwortung – und für mich war von Anbeginn klar, dass wir neue Wege beschreiten müssen. Unsere Industrie befindet sich in einem Transformationsprozess. Und der Volkswagen-Konzern ist Teil dieses Prozesses.

Als Porsche-Chef waren Sie für zwei Prozent des Autoabsatzes bei VW verantwortlich, jetzt für 100 Prozent der Autos und zugleich 150 Prozent der Probleme. Wie fühlt sich das an?
Ich war gern bei Porsche, das hat mir riesige Freude gemacht. Jetzt spüre ich die andere Dimension von Verantwortung, keine Frage. Die Reform dieses Konzerns ist anstrengend, aber mir macht das Spaß. Das Gute dabei: Überall erleben wir eine große Veränderungsbereitschaft. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass die Mitarbeiter in ein oder zwei Jahren wieder auf Volkswagen stolz sein werden.

Vor allem bei der Kernmarke des Konzerns, den Fahrzeugen der Marke VW, sieht es nicht gut aus. Die Erfüllung der schon unter Martin Winterkorn strengen Renditevorgaben wollte bisher einfach nicht gelingen. Weshalb sollte es jetzt anders sein?
Eine Garantie gibt es nie. Aber es gibt Vertrauen ins Management, in den gesamten Vorstand …

… auch in VW-Markenvorstand Herbert Diess, der sich immer wieder mit den Betriebsräten anlegt, sich vielleicht auch anlegen muss ...
… natürlich. Der Aufsichtsrat hat erst kürzlich dem gesamten Markenvorstand das Vertrauen ausgesprochen. Aber es stimmt, in der Vergangenheit haben wir unsere Renditeziele bei der Marke VW nicht erreicht. Das Problem lag darin, dass die Größe möglicherweise manchmal zu sehr in den Vordergrund und die Rendite zu sehr in den Hintergrund gerückt ist. Das ändern wir jetzt. Wir müssen effizienter werden; schon allein deshalb, weil die Kernmarke bei der Finanzierung der enormen Zukunftsinvestitionen eine tragende Rolle spielt.

Aber der traditionell starke Betriebsrat, der zusammen mit dem SPD-regierten Niedersachsen die Mehrheit der Mandate im Aufsichtsrat stellt, muss auch mitspielen.
Mit unserem Betriebsratsvorsitzenden sind wir uns einig, wohin die Reise geht. Klar: Da knirscht und kracht es auch mal. Aber Herbert Diess und Bernd Osterloh wissen beide, wie sie miteinander die Themen in den Griff bekommen. Im Herbst werden sie dann erläutern, wie die Marke VW ihren „Zukunftspakt“ umsetzt.

Gelingt das ohne Arbeitsplatzabbau und Standortschließungen?
Wir werden in den kommenden Monaten ein Gesamtpaket zum Thema Effizienz schnüren. Dabei wird es sicher auch um die Arbeitskosten gehen. Klar ist in jedem Fall: Wir stehen auch in schwierigen Zeiten zu unserer Verantwortung für unsere Mitarbeiter. Und das wird auch in Zukunft so bleiben.

Energiewende für die Autobauer
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