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Kreislaufwirtschaft Abfall, Treibhausgas, Pflanzen: Wie die Chemiebranche nach neuen Rohstoffen sucht

Der Abschied vom Rohöl ist ein Jahrhundertprojekt für die Industrie. Firmen wie BASF und Covestro entwickeln neue Technologien für recycelte oder nachwachsende Rohstoffe.
28.02.2021 - 14:27 Uhr Kommentieren
BASF sucht neue nachwachsende Rohstoffe in der Natur und hat den Nutzen der in Südostasien verbreiteten Rambutan-Pflanze entdeckt. Quelle: BASF
Rambutan-Programm

BASF sucht neue nachwachsende Rohstoffe in der Natur und hat den Nutzen der in Südostasien verbreiteten Rambutan-Pflanze entdeckt.

(Foto: BASF)

Düsseldorf E-Mobilität macht Müll: Schon im Jahr 2030 müssen nach Schätzungen von Experten jährlich 1,5 Millionen Batteriezellen aus Elektroautos entsorgt werden. Doch die Abfälle sind wertvoll, weil sie Lithium, Kobalt und Nickel enthalten – die begehrten Rohstoffe für das „Herz“ eines Elektroautos.

In den Labors von BASF arbeiten Forscher an einem neuartigen chemischen Recycling, mit denen diese Stoffe in hochreiner Form wiedergewonnen werden können. In wenigen Jahren schon könnte das Verfahren marktreif sein. Heute ist es für den weltgrößten Chemiekonzern eine Demonstration, wie BASF die Kreislaufwirtschaft vorantreiben will.

Es ist das Jahrhundertprojekt schlechthin für die deutsche Industrie und vor allem für die Chemie: Die sogenannte zirkuläre Wirtschaft soll den seit Jahrzehnten dominierenden ungebremsten Rohstoffverbrauch ersetzen. Es geht darum, Abfälle zu vermeiden, wertvolle Inhaltsstoffe wiederzuverwenden – und sich vom Öl als Rohstoff Nummer eins zu verabschieden.

Die deutschen Chemieunternehmen setzen sich dabei mittlerweile ambitionierte Ziele und entwickeln innovative Technologien. BASF will bis zum Jahr 2030 den Umsatz mit Lösungen für die Kreislaufwirtschaft auf 17 Milliarden Euro verdoppeln. Wer diese grünen Technologien beherrscht, der wird über einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verfügen, erwartet BASF-Chef Martin Brudermüller.

Der Kunststoffhersteller Covestro arbeitet an einem konkreten Fahrplan für eine langfristige Vision: „Wir verschreiben uns komplett der Kreislaufwirtschaft und haben das klare Ziel, langfristig aus dem Erdöl auszusteigen und nur noch erneuerbare Rohstoffe und Energie einzusetzen“, sagt CEO Markus Steilemann. Daran orientieren sich die heutigen Investitionsentscheidungen von Covestro.

Der Abschied vom Öl und die Umstellung auf erneuerbare Rohstoffe wird allerdings Jahrzehnte dauern. Laut dem aktuellen „Circularity Gap Report“ werden nur 8,6 Prozent der im globalen Wirtschaftssystem benötigten Rohstoffe wieder in eine neue Verwendung zurückgeführt – der Rest wird den entsprechenden Emissionen einfach verbraucht oder entsorgt.

Die Kunststoffe von Covestro basieren heute noch zu mehr als 90 Prozent auf Rohöl. Doch das Geld für künftige Geschäfte fließt in alternative Technologien. Nach und nach erweitert das Unternehmen seine Plattform für Verfahren, mit denen das Treibhausgas CO2 als Rohstoffquelle genutzt wird.

Kohlenstoff aus CO2 zu gewinnen ist schwierig und teuer

Traditionell holt sich die Chemie den benötigten Kohlenstoff aus Öl und Gas, dabei ist er in CO2 massenweise und quasi umsonst zu haben. Allerdings ist es weitaus schwieriger, den Kohlenstoff aus dem klimaschädlichen CO2 zu gewinnen – und es ist im Vergleich teurer, gerade wenn der Ölpreis niedrig ist.

Wenn auch im kleinen Maßstab werden aber bereits Kunststoffe auf Basis von CO2 kommerziell eingesetzt. Etwa als Teil von Schaumstoffen für Matratzen und Sportböden. Das CO2 sammelt Covestro in den Industrieparks, in denen auch die Anlagen des Konzerns stehen. Mittlerweile findet sich der aus Treibhausgas gewonnene Kohlenstoff auch in Schuheinlagen und Komponenten für Autos. Gemeinsam mit dem Fassadendämm-Spezialisten Puren, einem mittelständischen Unternehmen vom Bodensee wird CO2-basierter Hartschaum entwickelt.

„Wir wollen in den nächsten fünf Jahren mit kleineren, aber sichtbaren Fortschritten viele neue Technologien etablieren“, erläutert CEO-Steilemann. „Das wird Aufbauarbeit sein, um unsere Produktion in zehn bis zwanzig Jahren schnell und in größerem Stil umzustellen.“

Die neueste Anwendung aus den Labors der Leverkusener sind Tenside, die Hauptwirkstoffe in Wasch- und Reinigungsmitteln zum Schmutzlösen. Tenside werden zum Teil aus fossilen Rohstoffen gewonnen, eine Alternative war bislang nicht in Sicht. Jetzt will Covestro dort die Technologie der Kohlenstoffgewinnung aus Kohlendioxid einsetzen.

Jüngst kam bei Covestro im Rheinland die erste Schiffsladung mit 1000 Tonnen Phenol aus erneuerbaren Quellen an. Der Stoff ist Grundlage für der Herstellung des transparenten Kunststoffs Polycarbonat, aus dem Autoscheinwerfer oder LED-Leuchten bestehen. Zwei Partner von Covestro haben eine Technologie entwickelt, wie die dafür nötigen Kohlenwasserstoffe vollständig aus erneuerbaren Quellen wie Abfall- und Rückstandsölen und -fetten gewonnen werden können – und nicht aus Rohöl.

BASF will künftig 250.000 Tonnen recycelte Stoffe verarbeiten

BASF setzt stark auf Recycling und will von 2025 an jährlich 250.000 Tonnen recycelte und abfallbasierte Rohstoffe anstelle von fossilen Materialien verarbeiten. Die Forscher entwickeln Zusätze für Kunststoffe, die die Qualität des recycelten Materials gezielt stabilisieren und verbessern sollen.

Der Chemiekonzern BASF entwickelt Verfahren, wie die gesamte Pflanze für Kosmetikprodukte genutzt werden kann. Quelle: BASF
Früchte vom Rambutan-Baum in Vietnam

Der Chemiekonzern BASF entwickelt Verfahren, wie die gesamte Pflanze für Kosmetikprodukte genutzt werden kann.

(Foto: BASF)

Zugleich sucht der Konzern neue nachwachsende Rohstoffe in der Natur und hat den Nutzen der in Südostasien verbreiteten Rambutan-Pflanze entdeckt: Extrakte aus den Blättern des Baums sorgen für die Produktion von Collagen und somit für eine straffere Haut. Auch Stoffe aus der Schale und den Samen der Frucht können für Kosmetika genutzt werden und dort traditionelle Rohstoffe ersetzen.

All diese Projekte sind noch im Pionierstatus. Doch selbst Umweltschützer unterstreichen: „Eine echte Kreislaufwirtschaft bildet den wichtigsten Baustein für eine nachhaltige Wirtschaft in planetaren Grenzen“, heißt es beim WWF. Doch die Umweltorganisation kritisiert, dass den meisten Ländern ein konkreter und zusammenhängender Plan fehlt, wie die Kreislaufwirtschaft schneller ausgebaut werden kann.

Mehr: Covestro-Chef: „Wir dürfen das rohstoffverzehrende System nicht einfach wiederbeleben“

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