Keine zwei Jahre ist die Kooperation zwischen VW und Suzuki alt. Seit ein paar Wochen stehen die Zeichen auf Trennung. Ein Überblick.
Volkswagen steigt mit 19,9 Prozent bei Suzuki ein. Im Gegenzug erwerben die Japaner 2,5 Prozent an Europas größtem Autobauer. VW-Boss Martin Winterkorn betonte, im Rahmen der angestrebten Partnerschaft solle die Eigenständigkeit der beiden Konzerne gewahrt bleiben.
Suzuki und VW erhoffen sich von der Partnerschaft Synergien vor allem bei der Entwicklung umweltfreundlicher Kleinwagen. So strebt Winterkorn die Nutzung von Suzuki-Technik für VW-Zwecke an. Suzuki baut vor allem Klein- und Geländewagen sowie Motorräder und ist neben dem Heimatmarkt auch stark in Indien. VW spielt dort dagegen bisher jeweils nur eine untergeordnete Rolle.
Nur knapp einen Monat später betonten die Japaner, sich nicht von dem neuen Partner dominieren lassen zu wollen. Firmenchef Osamu Suzuki machte klar, dass er eine höhere Beteiligung der Wolfsburger ablehnen würde. Er strebe eine Partnerschaft unter Gleichen an.
Nach elf Monaten Partnerschaft sieht alles noch gut aus. Um auf dem Zukunftsmarkt in Indien bis 2018 einen Marktanteil von 20 Prozent zu erreichen, setzt Volkswagen große Hoffnungen in Suzuki. Im ersten Halbjahr 2011 werde VW entscheiden, ob man den eigenen Kleinwagen Up in einer speziellen Version für Schwellenländer oder ein gemeinsam mit Suzuki entwickeltes Modell unterhalb des Polo in Indien auf den Markt bringen werde, sagt VW-Chef Martin Winterkorn.
Doch danach kühlt die Stimmung zwischen den Unternehmen deutlich ab. Während Suzuki sich in der Allianz zunehmend als kleinerer Partner abgewertet sieht, haben die VW-Manager offenbar das Gefühl, technisch ausgenutzt zu werden, ohne dass tatsächlich ernsthafte Projekte erwachsen. "Wir können nicht kooperieren, solange wir nicht gleichstarke Partner sind", sagt Suzuki-Vize Yasuhito Harayama.
Gleichzeitig liebäugelt Suzuki einem Medienbericht zufolge mit einer engeren Kooperation mit Fiat. "Die Zusammenarbeit mit Fiat verläuft seit Jahren sehr gut und vertrauensvoll. Es ist gut vorstellbar, dass eine Vertiefung der Partnerschaft zu beiderseitigem Vorteil wäre", zitiert die "Automobilwoche" einen hochrangigen Suzuki-Manager. Die Japaner beziehen zu diesem Zeitpunkt bereits Diesel-Motoren von Fiat.
Vor der IAA spitzt sich der Streit weiter zu: VW teilt mit, Suzuki gegenüber formal den Bruch des Kooperationsvertrages angezeigt zu haben. Der Grund liegt in einem Auftrag der Japaner an den VW-Rivalen Fiat. Angeblich sei man in Wolfsburg im VW-Regal nicht fündig geworden, heißt es bei Suzuki.
Die Wolfsburger berufen sich auf Regelungen im Kooperationsvertrag, der allerdings geheim ist. Branchenkreisen zufolge müssen die beiden Autobauer gegenseitig ein letztes Angebot bei der Lieferung von Schlüsselkomponenten einholen. Dagegen hat Suzuki aus VW-Sicht verstoßen. Die Wolfsburger setzen ihrem Partner "eine mehrwöchige Frist", um "diesen Sachverhalt zu korrigieren".
Nur einen Tag später kündigt Suzuki an, die Ende 2009 geschlossene Kooperation mit den Deutschen beenden zu wollen. Die Japaner wollen den Anteil von 19,9 Prozent, den VW an ihrem Konzern hält, wieder zurückkaufen. Volkswagen wolle an der Kooperation festhalten, heißt es.
Gleichzeitig schmiedet Suzuki bereits Pläne ohne VW: Einem Medienbericht zufolge wollen die Japaner weiter in den Schlüsselmarkt Indien investieren. Der Konzern traf inzwischen letzte Absprachen zum Bau eines neuen Werks im westindischen Bundesstaat Gujarat.
VW-Chef Martin Winterkorn hält nichts von dem Trennungs-Vorhaben von Suzuki. Er setzt auf den Fortgang der Zusammenarbeit: "Wenn Suzuki meint, sich trennen zu müssen, nehme ich das mal zur Kenntnis."
Firmenchef Osamu Suzuki weist in einem öffentlich gemachten Brief an VW den Vorwurf des Vertragsbruchs zurück. Die Aussagen beschädigten die Ehre des Unternehmens. "Diese Partnerschaft liefert uns nicht den erwarteten Nutzen, sondern erwies sich für unsere Unabhängigkeit als Klotz am Bein", so Suzuki. In dem Brief setzt er Volkswagen auch eine Frist, die Vorwürfe bis Ende September zurückzunehmen.
VW reagiert vergrätzt. Das Unternehmen könne nicht nachvollziehen, dass die Einforderung vertraglich festgelegter Rechte "rufschädigend" sein solle, sagt ein Sprecher. Die schriftliche Forderung der Japaner, ihr Ultimatum bis Ende September fallenzulassen, weist VW ebenfalls zurück.
Der japanische Autobauer verlangt offen eine Trennung. Der Konzern habe eine freundliche Lösung für ein Ende der geschäftlichen Verbindung angestrebt, diese sei jedoch von VW nicht akzeptiert worden, erklärte Vize-Präsident Yasuhito Harayama auf einer eigens anberaumten Pressekonferenz.
Volkswagen kontert und droht Suzuki noch am selben Tag mit juristischen Schritten. „Wir halten uns juristische Möglichkeiten offen und werden nach deren Prüfung über die weitere Vorgehensweise entscheiden“, erklärt ein VW-Sprecher.
Suzuki sieht die Partnerschaft als gescheitert an und dringt auf eine kapitalrechtliche Trennung. Für den Fall unterschiedlicher rechtlicher Auffassungen sieht der geheime Kooperationsvertrag zwischen VW und Suzuki das Urteil eines privaten Schiedsgerichts vor. So sollen üblicherweise langwierige zivilrechtliche Verfahren vermieden werden. Üblicherweise ist der Spruch eines solchen Schiedsgerichts bindend.
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