Lanxess, Evonik, BASF Teure Rohstoffe, Energie, Fracht: Chemiefirmen reagieren mit weiteren Preiserhöhungen

Der massive Preisanstieg bringt dem Kölner Konzern gute Gewinne.
Düsseldorf Die deutsche Chemieindustrie läuft weiter rund. Nach BASF verkündeten am Donnerstag auch die Spezialchemieunternehmen Lanxess und Evonik starke Ergebnisse für das dritte Quartal. Allerdings warnen die Firmen vor wachsenden Belastungen durch massiv verteuerte Rohstoffe sowie teure Energie und Logistik. Auch die Lieferketten seien weiter gespannt.
Die Chemiefirmen sind in der Lage, die höheren Kosten für Rohstoffe und Energie an die Kunden in nahezu vollem Umfang weiterzugeben. So erhöhte die Kölner Lanxess AG im dritten Quartal die Verkaufspreise um bis zu 19 Prozent – solche Werte hat es laut CEO Matthias Zachert bisher im Konzern noch nicht gegeben. Der bereinigte Gewinn schoss im dritten Quartal um 44 Prozent auf 278 Millionen Euro hoch.
Die Preiserhöhungen treffen zunächst die weiterverarbeitende Industrie, die Chemikalien und Kunststoffe für ihre Produkte braucht. Sie muss sich auf weitere Verteuerung in der Beschaffung einstellen. „Wir gehen davon aus, dass der Kostendruck im vierten Quartal noch einmal zunehmen wird“, sagte Zachert. Wo nötig, würden die Preise weiter erhöht, um dies abzufangen.
Lanxess sei dazu wegen seines starken Portfolios in der Lage. Allerdings gelingen die Preiserhöhungen oft nur zeitversetzt, sodass auch die Chemiefirmen mit den sprunghaft steigenden Kosten für Container und Energie zu kämpfen haben.
Bei Lanxess war dies neben internen Produktionsproblemen der Grund dafür, dass der Konzern in diesem Jahr am unteren Ende der Spanne für den prognostizierten Gewinn von 1,0 bis 1,05 Milliarden Euro landen wird. Die Anleger fassten diese Präzisierung als Gewinnwarnung auf. Die Lanxess-Aktie knickte um sieben Prozent ein.
Der Essener Spezialchemiekonzern Evonik hingegen wird 2021 am oberen Ende seiner Prognosespanne landen – also bei 2,4 Milliarden Euro bereinigtem Gewinn. Operativ zeigten die Essener im dritten Quartal kaum Schwächen: Der operative Gewinn stieg um ein Viertel auf 645 Millionen Euro.
Lanxess und Evonik können die hohen Rohstoff- und Frachtkosten deswegen eins zu eins weiterreichen, weil der Bedarf in den nachgelagerten Industrien ungebrochen ist. „Die Nachfrage aus der Weltwirtschaft ist aus unserer Sicht intakt“, sagt Evonik-Chef Christian Kullmann. Auch Lanxess berichtet von anhaltend hohen Bestellungen.
Die großen Chemieunternehmen setzen auf die „Pricing Power“, die sie in einer solchen wirtschaftlichen Gesamtlage haben. Manche Segmente in der Chemie sind aktuell regelrecht ausverkauft – so etwa bei harten und weichen Schäumen (Polyurethan), bei denen wenige Anbieter den Markt beherrschen.
Aus Deutschland gehören Covestro und BASF dazu. BASF hat in seiner Kunststoffsparte, zu der die Polyurethane zählen, den Gewinn in den ersten neun Monaten von 346 Millionen auf mehr als zwei Milliarden Euro gesteigert. Massive Preiserhöhungen haben dazu beigetragen, die angesichts des Mangels problemlos durchzusetzen waren. Bei Covestro dürfte es ähnlich sein, dessen Quartalsergebnisse kommen aber erst am Montag.
Andere Segmente von BASF hängen bei den Preisanpassungen hinterher, etwa die Agrarchemie oder Kosmetikvorprodukte. Doch soll dies in den kommenden Monaten nachgeholt werden. Evonik hat ebenfalls angekündigt, erneute Verteuerungen im Einkauf an die Kunden weiterzuleiten. „Die Preiserhöhungen werden bis ins Jahr 2022 hinein weitergehen“, sagt Evonik-Finanzvorständin Ute Wolf.
Brenntag: Lieferketten beeinträchtigt wie noch nie
Das gilt auch für die Beeinträchtigung der Lieferketten in der Chemie. Deren aktuelles Ausmaß habe der CEO des weltgrößten Chemikalienhändlers Brenntag, Christian Kohlpaitner, noch nie in seiner 30-jährigen Karriere erlebt: „Die Produktverfügbarkeit dominiert das tägliche Gespräch mit dem Kunden“, sagt er am Donnerstag.
Brenntag selbst ist davon aber operativ nicht betroffen. Im dritten Quartal verbuchte der Dax-Konzern Zuwachsraten von knapp 30 Prozent bei Umsatz und operativem Gewinn, der auf rund 343 Millionen Euro hochschnellte. Die in diesem Jahr zweimal angehobene Prognose für 2021 bleibt bestehen.
Immerhin: Lanxess-Chef Zachert sieht zumindest bei Rohstoffen und Frachtkosten eine „Beruhigung auf hohem Niveau“. Die noch nie da gewesenen Preissprünge sind aber weiterhin eine große Herausforderung in einzelnen Geschäftsbereichen. Die Kölner gehen deswegen teils mit speziellen Verträgen auf die Kunden zu, um je nach Entwicklung die Preise schneller anpassen zu können.
Evonik äußerte sich zumindest mit Blick auf die Energiekosten entspannt. Für 70 Prozent des Bedarfs an Erdgas seien die Kosten auf drei Jahre gehedgt. CEO Kullmann blickt deswegen auch zuversichtlich auf das kommende Jahr. „Wir haben Resilienz bewiesen und vertrauen weiter darauf“, sagte er.
Aktuelles Vorzeigegeschäft der Essener ist die Herstellung von Lipiden, die als Schutzmoleküle in den mRNA-Impfstoffen eingesetzt werden. Einer der größten Kunden von Evonik ist Biontech. Vom gesamten Lipid-Geschäft verspricht sich der Konzern ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 25 Prozent in den nächsten fünf Jahren.
Lanxess will im kommenden Jahr vor allem von seinen zahlreichen Zukäufen profitieren. Zuletzt haben die Kölner für 1,3 Milliarden Euro die Microbial-Sparte des US-Konzerns IFF übernommen. Sie stärkt das neue Lanxess-Segment Consumer Protection mit Wirkstoffen und Formulierungen für Materialschutz, Konservierungs- und Desinfektionsmittel.
Lanxess-Chef Zachert nutzte am Donnerstag die Gelegenheit zu einem energiepolitischen Appell. Die Energiepreise seien in Deutschland besonders stark gestiegen, weil das Angebot durch den Wegfall von Atom und Kohle bewusst verknappt werde. „Wir werden gezwungen sein, den steigenden Energiebedarf des Industriestandorts Deutschland von französischen Atommeilern und polnischen Kohlekraftwerken decken zu lassen, die nicht unseren Standards entsprechen.“
Erst in vier bis sechs Monaten werden die massiv gestiegenen Energiekosten in aller Wucht auch bei den Konsumenten angekommen sein, erwartet Zachert. „Dann wird es hoffentlich auch ein öffentliches Thema sein und politisch diskutiert werden. Denn die Zeche zahlen am Ende die Verbraucher.“
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