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Lkw-Hersteller Topmanager müssen gehen: Chaostage bei VW-Tochter Traton

Bei dem Lkw-Hersteller Traton wird einmal mehr der Vorstand umgebaut. Scania-CEO Levin soll aus dem fragilen Gebilde endlich ein funktionierendes Unternehmen machen.
29.09.2021 Update: 30.09.2021 - 13:16 Uhr Kommentieren
Im Sommer 2020 hatte sich Traton Knall auf Fall von Andreas Renschler getrennt, der 2019 das Unternehmen an die Börse geführt hatte. Quelle: dpa
Traton-Lkw

Im Sommer 2020 hatte sich Traton Knall auf Fall von Andreas Renschler getrennt, der 2019 das Unternehmen an die Börse geführt hatte.

(Foto: dpa)

Düsseldorf, Berlin Noch vor einem guten Jahr hat Volkswagen die größten Lobeshymnen auf Matthias Gründler gehalten. „Mit ihm haben wir einen der erfahrensten Kenner der Branche gewinnen können“, hatte Traton-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch im Juli 2020 bei Gründlers Berufung zum neuen Vorstandschef der VW-Lastwagentochter gesagt.

Ein Jahr später ist die Euphorie vorbei: Der erfahrene Lkw-Manager muss seinen Schreibtisch in München räumen und Platz für einen Nachfolger machen. Der aktuelle Scania-Chef Christian Levin übernimmt den Chefposten der Nutzfahrzeug-Holding in Personalunion, teilte die VW-Tochter am späten Mittwochabend mit.

Gehen muss auch Finanzvorstand Christian Schulz, der wie Gründler das Unternehmen mit sofortiger Wirkung verlassen muss. Für ihn rückt Annette Danielski nach, die bei Traton bislang den Bereich Konzernfinanzen leitete.

Die Ablösung der beiden Topmanger ist der vorläufige Höhepunkt eines Führungschaos, wie es die Branche selten gesehen hat. In den vergangenen Jahren wurden über die verschiedenen Vorstandsposten etliche Manager geschleust, oft mit zweifelhaftem Erfolg.

Gründler selbst geht nicht zum ersten Mal. Von 2015 bis 2018 arbeitete er schon einmal als Finanzvorstand für die Nutzfahrzeug-Holding, die im Wesentlichen aus den beiden Lkw-Herstellern MAN und Scania besteht. Nach einem Zerwürfnis mit dem damaligen Traton-Chef Andreas Renschler hatte Gründler das Unternehmen zum ersten Mal verlassen. Als er im vergangenen Jahr zurückgeholt wurde, galt er eigentlich als Hoffnungsträger, der die VW-Tochter dauerhaft nach vorn bringen sollte.

Der bisherige Scania-Chef soll jetzt auch Traton anführen. Quelle: Traton
Christian Levin

Der bisherige Scania-Chef soll jetzt auch Traton anführen.

(Foto: Traton)

Über die Gründe für den kurzfristigen Rückzug von Gründler und Schulz schweigen sich Volkswagen und Traton aus. Hans Dieter Pötsch, zugleich Aufsichtsratschef bei VW und bei der Münchener Lkw-Holding, beließ es bei freundlichen Dankesfloskeln. „Ich danke Matthias Gründler und Christian Schulz im Namen des gesamten Aufsichtsrats ausdrücklich für die geleistete Arbeit und die erreichten gemeinsamen Erfolge“, gab er den beiden zum Abschied mit.

Krach im Management

Es sind freundliche Worte, die aber nicht über die Realität hinwegtäuschen dürfen: Die Ablösung von Gründler und Schulz stand bei der Muttergesellschaft in Wolfsburg schon länger fest; was fehlte, waren geeignete Nachfolger.

Die Beförderung von Danielski zur Finanzchefin sei eine sehr gute Wahl, hieß es in Kreisen des Managements. Schwerer zu besetzen war der Vorstandsvorsitz: Europaweit habe es keine geeigneten Kandidaten gegeben, die kurzfristig hätten einspringen können. Daher habe sich der Aufsichtsrat entschieden, dem amtierenden Scania-Chef die Aufgabe zusätzlich zu übertragen.

Die Stimmung zwischen München und Wolfsburg ist seit einigen Monaten vergiftet, wie es hieß. So stieß bei Gründler und mehr noch bei Schulz bitter auf, dass der ehemalige VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh zum Personalvorstand bei Traton berufen wurde. Die Personalie hatte der von Pötsch geführte Aufsichtsrat im Mai ohne Rücksprache mit Gründler beschlossen.

Der Vorstand insgesamt habe sich von der Aktion überfahren gefühlt, sagten mehrere mit den Vorgängen vertraute Personen. Zwischen Gründler und Osterloh blieb die persönliche Atmosphäre dauerhaft frostig unterkühlt.

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Denkwürdig ist eine Äußerung Gründlers auf einer Traton-Pressekonferenz im Mai. „Wir geben ihm eine faire Chance“, hatte er über seinen neuen Vorstandskollegen gesagt. Stärker hätte Gründler seine Zweifel an der Osterloh-Berufung nicht ausdrücken können. Durch den Fall sei Gründler mit der Kultur von VW konfrontiert worden. Für ihn, der lange für Daimler gearbeitet hatte, sei das bitter gewesen.

Schwere Integrationsarbeit steht bevor

Die Personalie Osterloh erklärt das Zerwürfnis zwischen der Führung von Traton und Volkswagen indes nur im Ansatz. Entscheidender sei, dass der Vorstand des Lkw-Herstellers operativ nicht geliefert habe, sagte ein Konzernmanager. So hätten Gründler und Schulz zwar den US-Wettbewerber Navistar übernehmen können, allerdings sei die Integration von MAN und Scania nicht wesentlich vorangekommen.

Als Chef der Lkw-Holding sollte Gründler vor allem dafür sorgen, dass die beiden Hersteller MAN und Scania intensiver zusammenarbeiten und verstärkt nach Synergien suchen. Doch beide Unternehmen pflegen ein starkes Eigenleben. Das gilt insbesondere für Scania. Zuletzt hatten beide Unternehmen unterschiedliche Batterietypen entwickelt – das ganze Gegenteil von enger Kooperation. Als VW-Chef Herbert Diess bei einem Besuch bei Scania in Schweden davon erfahren habe, sei er wenig erfreut gewesen, sagte ein Konzernvertreter.

Der schwedische Lkw-Hersteller gilt als „Porsche der Nutzfahrzeugbranche“. Scania erwirtschaftet seit Jahren hohe Renditen, ganz zur Freude der Wolfsburger Eigentümer. Im Unterschied dazu ist MAN ein dauerhafter Problemfall für Volkswagen. Der Münchener Lkw-Hersteller hat seit der Übernahme durch den VW-Konzern im Jahr 2006 nie ordentlich verdient und mitunter hohe Verluste geschrieben. Aktuell läuft ein weiteres Sanierungsprogramm, mit dem mehr als 3000 Arbeitsplätze gestrichen werden sollen.

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Vor diesem Hintergrund ist die Berufung von Scania-CEO Levin zum neuen Traton-Chef ein wichtiges Signal intern wie extern. Durch eine gemeinsame Fahrzeugentwicklung und einen zusammengelegten Einkauf sollten Kostensenkungen in Milliardenhöhe möglich werden, sagte NordLB-Analyst Frank Schwope. „Trotz der gegenwärtigen Unruhe erwarten wir deutliche Fortschritte im Konzernumbau.“

Die Berufung von Christian Levin steht innerhalb der Traton-Gruppe für eine deutliche Machtverschiebung zugunsten von Scania und zulasten von MAN. Unter seiner Führung und mit einem ausgeprägten Scania-Selbstbewusstsein wird es möglicherweise deutlich besser gelingen, die beiden stolzen Lkw-Marken stärker zusammenzuführen.

Diese Erwartung hat auch die Konzernführung in Wolfsburg. „Wir haben jetzt eine echte Chance auf Synergien“, kommentierte VW-Chef Herbert Diess den Chefwechsel bei Traton. Die Münchener Lkw-Holding gebe ihre komplexe Führungsstruktur auf und bekomme jetzt ein schlankes Management. Wegen der bevorstehenden Elektrifizierung der Lastwagen-Flotte sei eine intensivere Zusammenarbeit erst recht erforderlich.

Scania und Christian Levin könnten tatsächlich einen stärkeren Zugriff auf MAN bekommen. Der Münchener Lkw-Hersteller erlebt gerade sein eigenes Führungschaos. Dort haben Finanz- und Personalvorstand das Unternehmen nach internen Querelen verlassen. MAN-Chef Andreas Tostmann gilt als angeschlagen. Der einflussreiche Betriebsratschef Athanasios Stimoniaris hat sich ebenfalls zurückgezogen.

Die Traton-Aktie verlor am Vormittag leicht nach dem angekündigten Führungswechsel. Sie notierte bei 22 Euro, ein knappes Prozent weniger als am Vortag.

Mehr: VW-Truck-Tochter Traton bekommt Chipmangel zu spüren

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