Luftfahrtbranche Neuer Gigant im Flugzeugleasing: GE steht offenbar kurz vor 30-Milliarden-Dollar-Deal

Die GE-Tochter ist mit etwa 1650 Flugzeugen eines der größten Jet-Leasing-Unternehmen der Welt und vermietet Passagierflugzeuge von Unternehmen wie Boeing und Airbus.
New York, München Mitten in der Coronakrise bahnt sich in der Flugzeugleasing-Branche ein Megadeal an: Die einstige US-Industrieikone General Electric will laut übereinstimmenden Medienberichten ihre Flugzeugleasing-Sparte Gecas mit der des irischen Konkurrenten Aercap zusammenlegen. Das Transaktionsvolumen betrage mehr als 30 Milliarden Dollar, berichtete das „Wall Street Journal“ am Montag unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen.
Bei einem Zusammenschluss der beiden Anbieter würde die mit Abstand größte Flugzeugleasing-Gesellschaft der Welt entstehen. Die Verhandlungsposition gegenüber den Flugzeugbauern wie Airbus und Boeing würde sich verbessern. Es dürfte allerdings auch wettbewerbsrechtliche Bedenken geben.
Die Medienberichte über einen möglichen Zusammenschluss bescherten Aercap den größten Kurssprung seit drei Monaten. Der Aktienkurs des Maschinenvermieters stieg am Montagmorgen zwischenzeitlich um mehr als zehn Prozent und war mit 56 Dollar so hoch wie zuletzt im Januar 2020. Der Börsenkurs von GE kletterte zum Handelsstart in New York um drei Prozent auf mehr als 14 Dollar.
Die Luftfahrtbranche ist von der Corona-Pandemie besonders heftig betroffen. Wegen der Einschränkungen im Flugverkehr stehen viele Maschinen am Boden, die Nachfrage nach neuen Flugzeugen ist gering.
Viele Airlines wie zum Beispiel Easyjet verkleinerten im vergangenen Jahr ihre Flotten. Teilweise wurden die Flugzeuge an Leasinggesellschaften verkauft – und dann gleich wieder angemietet. Allerdings standen die Leasingraten wegen des Überangebots an Flugzeugen und der geringen Nachfrage unter Druck.
Zuletzt gab es jedoch Anzeichen für eine Erholung: So bestellte United Airlines vor wenigen Tagen 25 weitere Boeing 737 Max. Auch Airbus kündigte kürzlich an, die Produktion wieder hochfahren zu wollen.
Mit einer Allianz von Gecas und Aercap könnte nun die Konsolidierung in der Leasingbranche vorangetrieben werden. Gecas ist mit etwa 1650 Flugzeugen eines der größten Jet-Leasing-Unternehmen der Welt und vermietet Passagierflugzeuge von Unternehmen wie Boeing und Airbus. Beide Unternehmen lehnten am Montag einen Kommentar zu dem potenziellen Zusammenschluss ab.

Unter dem seit 2018 amtierende Konzernchef hat sich der Konzern von Teilen seiner Gesundheitssparte und seiner Mehrheit am Öl- und Gasausrüster Baker Hughes getrennt.
In den Jahren vor der Coronakrise war viel Anlagegeld in den Markt geflossen. Die Luftfahrtbranche, der stabile Wachstumszahlen prognostiziert wurden, galt als attraktiv. Für die Leasingfirmen besteht nun aber die Gefahr, dass zum Beispiel Verträge, die in diesem Jahr auslaufen, nicht verlängert werden. Neue Kunden sind zudem derzeit nur schwer zu finden.
Allerdings können sich Experten vorstellen, dass Fluggesellschaften künftig verstärkt noch stärker auf Leasing setzen könnten, statt die Flugzeuge selbst zu kaufen. Auch Aercap-Chef Aengus Kelly erwartet, dass die Fluggesellschaften so künftig ihre Bilanzen schonen. „Ihr Appetit, große Summen des geringen Kapitals für Flugzeugkäufe auszugeben, wird für einige Zeit gering bleiben“, sagte Kelly kürzlich anlässlich der Quartalszahlen. „Ihre Priorität wird es sein, ihre Schulden oder Staatshilfen zurückzuzahlen“, erklärte er.
GE kämpft mit den Folgen der Coronakrise
Gecas ist das größte Überbleibsel der einst riesigen Finanzsparte GE Capital. Diese hatte lange für sprudelnde Gewinne gesorgt, den Konzern in der Finanzkrise aber in Schwierigkeiten gebracht. Seither versucht GE auch unter dem aktuellen Konzernchef Larry Culp, sich stärker auf das Industriegeschäft zu fokussieren.
Aktuell hat der Traditionskonzern, unter anderem wegen seiner großen Triebwerkssparte, mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen. Im vergangenen Jahr brach der Umsatz im Industriegeschäft um 13 Prozent auf 73,2 Milliarden Dollar ein. Die Umsätze der Luftfahrtsparte sanken um 41 Prozent. Unter dem Strich stand ein Minigewinn von 109 Millionen Dollar.
Mit einer Lösung für das Flugzeugleasing würde GE die Bereinigung seines Portfolios weiterführen. GE befindet sich schließlich noch immer in einer Restrukturierungsphase, die durch die Corona-Pandemie noch verschärft wurde.
Unter dem seit 2018 amtierenden Konzernchef Culp hat sich der Konzern von Teilen seiner Gesundheitssparte und seiner Mehrheit am Öl- und Gasausrüster Baker Hughes getrennt. Außerdem hat er auch die Produktion von Glühbirnen abgestoßen, mit denen General Electric einst begonnen hatte. Mit diesen und anderen Verkäufen hat Culp den Schuldenberg von GE in den vergangenen zwei Jahren um 30 Milliarden Dollar verringert. Ende 2020 lasteten noch 75 Milliarden Dollar auf dem Siemens-Konkurrenten.
Die Investoren haben den Kurs von GE zuletzt begrüßt: Der Aktienkurs hat sich in den vergangenen sechs Monaten mehr als verdoppelt. Morgan Stanley hatte vergangene Woche das Kursziel von 13 auf 17 Dollar erhöht.
An diesem Mittwoch ist der Investorentag geplant, an dem GE den Investoren einen detaillierteren Ausblick auf seine Strategie geben will. Mit den möglichen Plänen zur Abtrennung des Flugzeugleasing-Geschäfts dürfte das Interesse hoch sein.
Zuletzt hatte Culp große Hoffnungen auf das Geschäft mit erneuerbaren Energien gesetzt – etwa mit Turbinen für Windräder. Dort könnte der Konzern auch von dem neuen Kurs in Washington profitieren. US-Präsident Joe Biden will massiv in Klimaschutz und erneuerbare Energien investieren. Noch ist diese Sparte bei GE jedoch recht klein.
Die irische Aercap zählt sich mit mehr als 1000 eigenen Fliegern zu den führenden Flugzeugleasing-Anbietern weltweit. Bislang kam das Unternehmen noch halbwegs glimpflich durch die Coronakrise. Im vergangenen Jahr gingen die Leasing-Umsätze um acht Prozent auf 4,3 Milliarden Dollar zurück.
Aercap hat bereits Erfahrung mit der Integration von Konkurrenten. Vor einigen Jahren hatte das Unternehmen den größeren Wettbewerber ILFC übernommen.
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