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Magna SteyrDer Autobauer mit der Tarnkappe
Magna Steyr ist nicht nur einer der größten Zulieferer der Welt. Als Auftragsfertiger sind die Österreicher schon lange ein kompletter Autobauer – mit namhaften Kunden aus Deutschland.
Düsseldorf/Graz Der nächste BMW 5er wird ein Österreicher. So jedenfalls meldete es das Branchenmagazin „Automobil Produktion“. Die neue Generation des Münchener Mittelklassemodells soll in Teilen in Graz vom Band laufen - im Montagewerk des Zulieferers Magna Steyr.
Es wäre die Fortsetzung einer langjährigen Partnerschaft. Der BMW X3 wurde hier mitentwickelt und gebaut. Im vergangenen Jahr feierte die das österreichisch-bayrische Doppel eine historische Marke: eine Million Fahrzeuge haben die Österreicher mittlerweile im Auftrag von BMW gefertigt. Derzeit produziert Magna auch noch die Paceman und Countryman der britischen BMW-Tochter Mini.
Abseits der öffentlichen Wahrnehmung sind die Österreicher schon seit einigen Jahren in der Riege der Autobauern vertreten - ohne ein eigenes Modell auf den Markt zu bringen. In Zeiten, in denen die Hersteller ihre Modellpalette erweitern müssen, werden insbesondere die Nischenmodelle mit geringer Stückzahl an den Auftragsfertiger vergeben.
Die größten Autozulieferer der Welt
Aisin (Japan): 18,9 Milliarden Euro
Michelin (Frankreich): 20,2 Milliarden Euro
Johnson Controls (USA): 20,9 Milliarden Euro
Hyundai Mobis (Korea): 23,3 Milliarden Euro
Bridgestone / Firestone (Japan): 24,6 Milliarden Euro
Magna (Kanada): 24,9 Milliarden Euro
Denso (Japan): 27,8 Milliarden Euro
ZF Friedrichshafen + TRW (Deutschland): 29,9 Milliarden Euro (Anm. d. Red. In einer ersten Fassung war versehentlich der Umsatz verkauften Sparte ZF Lenksysteme doppelt herausgerechnet worden)
Bosch (Deutschland): 30,7 Milliarden Euro
Continental (Deutschland): 33,3 Milliarden Euro
Der jüngste Kunde kommt aus Großbritannien. Vor wenigen Tagen verkündete Jaguar Land Rover, „einige künftige Modelle“ in Graz zu bauen. Die Briten arbeiten nach Jahren des rasanten Wachstums am Rande der Kapazitätsgrenze. Viel Platz für neue Modelle ist da nicht. Einige Neuentwicklungen sollen darum bei Magna in Graz gebaut werden. Welche Modelle am Ende aus Österreich, verraten die Jaguar-Verantwortlichen noch nicht. Branchenintern wird über einen neues Jaguar-SUV und ein Elektroauto spekuliert. Das erste Fahrzeug soll allerdings erst frühestens in zwei Jahren gebaut werden.
Neue Aufträge kann Magna allerdings auch gut gebrauchen. Die Stückzahl der produzierten Autos am Standort Graz ist zuletzt um acht Prozent auf rund 135.000 Fahrzeuge gesunken. Ende 2015 soll die Mini-Produktion in die Niederlande verlegt werden. Die rund drei Milliarden Dollar Umsatz aus dem Jahr 2014 dürften schon in diesem Jahr weit unterboten werden. Dass die Zahl der Auftragsfertigungen in den vergangenen Jahren zuletzt gesunken ist, führen Branchenbeobachter vor allem auf die gestiegene Flexibilität der Autobauer zurück. Auch Kleinserien können dank der neuen Baukastensysteme rentabel herstellt werden.
Woraus sich der Preis eines Neuwagens zusammensetzt
Der Listenpreis (brutto) des untersuchten Kompaktwagens liegt bei 26.780 Euro.
Quelle: Institut für Automobilwirtschaft (IFA)
Der Staat kassiert bei diesem Neuwagenpreis 4.276 Euro Mehrwertsteuer, was bei unserem Kompaktwagen zu einem Nettolistenpreis von 22.504 Euro führt. Dieser Nettopreis wird im Folgenden als 100 Prozent betrachtet.
9.789 Euro oder 43,5 Prozent des Nettopreises
2.250 Euro oder 10 Prozent des Nettopreises
2.138 Euro oder 9,5 Prozent des Nettopreises
1.350 Euro oder 6 Prozent des Nettopreises
1.013 Euro oder 4,5 Prozent des Nettopreises
563 Euro oder 2,5 Prozent des Nettopreises
450 Euro oder 2 Prozent des Nettopreises
Beim Händler bleiben 3.713 Euro oder 16,5 Prozent des Nettopreises hängen
Bei einem Nettopreis von 22.504 Euro kann der Hersteller 1.238 Euro oder 5,5 Prozent als Gewinn verbuchen
Trotzdem können die Österreicher bereits heute auf eine lange Historie der Auftragsfertigung zurückblicken: 22 Modelle verschiedener Hersteller wurden schon von Magna gebaut - insgesamt 2,5 Millionen Fahrzeuge. Von der Mercedes G-Klasse über den Porsche Panamera bis zum Franzosen-Roadster RCZ von Peugeot. „Die Hersteller versuchen mit der Auftragsfertigung, Komplexität auszulagern“, sagt Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management (CAM) der FHDW Bergisch-Gladbach. Hat ein Modell Erfolg, wie beispielsweise der BMW X3, könne man es immer noch zurück in den Konzern holen. Hat ein Modell keinen Erfolg, könne man es im Stillen einstellen, ohne Kapazität abbauen zu müssen. Auch kurzzeitige Kapazitätsengpässe lassen sich durch die Auftragsfertigung überbrücken.
Unter deutschen Betriebsräten ist die Auslagerung allerdings umstritten. Das Lohnniveau ist bei den Zulieferern immer noch deutlich niedriger als bei den Autobauern. „Damit erhöhen die Konzerne den Kostendruck auf die eigenen Werke“, warnt Autoprofessor Bratzel. Ohnehin gingen die Hersteller mit der Auftragsfertigung auch ein Risiko ein. „Man züchtet sich quasi seine eigenen Konkurrenten“, so Bratzel weiter.
Dass Magna schon heute in der Lage wäre, ein eigenes Auto zu bauen, zeigen die Österreicher regelmäßig auf Automessen. In Genf präsentierte der Zulieferer zuletzt einen Hybrid-Sportwagen mit leichtem Aluminium-Chassis.
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