Medizin Labormarkt in Bewegung: Nach Synlab-Börsengang steht Wettbewerber Unilabs zum Verkauf

Die Laborkette mit Sitz in der Schweiz steht zum Verkauf.
Frankfurt Gut ein halbes Jahr nach dem Börsengang der deutschen Laborkette Synlab steht Finanzkreisen zufolge mit Unilabs einer der größten Wettbewerber zum Verkauf. Eigentümer Apax hat vergangene Woche Angebotsunterlagen an mögliche Bieter verschickt, vor allem an andere Finanzinvestoren, wie mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen sagten. In der Pandemie hat Unilabs von COVID Tests profitiert. Das Unternehmen hat Kapazität für mehr als 750,000 Tests pro Woche und bisher schon rund 20 Millionen durchgeführt.
Das Unternehmen mit Sitz in Genf könne bei einem Deal mit rund fünf Milliarden Euro einschließlich Schulden bewertet werden. Erste Gebote seien Anfang des Jahres 2022 zu erwarten, den Verkaufsprozess organisiere Rothschild. Ein Börsengang sei derzeit nicht in Planung. Unilabs, Apax und Rothschild lehnten Stellungnahmen ab.
Unilabs wurde 1987 vom Unternehmer Edgar Zwirn mit der Übernahme von drei Laboren in der Schweiz gegründet, in den Folgejahren mit diversen Zukäufen verstärkt und an die Schweizer Börse gebracht. 2007 erwarb der schwedische Gesundheitskonzern Capio die Mehrheit und fusionierte seine Labordiagnostiksparte mit den Schweizern. So entstand unter dem Namen Unilabs einer der führenden europäischen Labordienstleister.
Europa ist auch heute noch der Schwerpunkt der Aktivitäten des Unternehmens mit 12.700 Mitarbeitern und deutlich mehr als einer Milliarde Euro Jahresumsatz. Unilabs ist in 15 Ländern aktiv, einschließlich Naher Osten, Südamerika und Australien. Für 2022 rechnet das Unternehmen Kreisen zufolge mit einem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von rund 350 Millionen Euro.
Konkurrent Synlab wird derzeit an der Börse mit rund dem Zehnfachen des erwarteten Betriebsgewinns bewertet. Institutionelle Anleger legten dabei hohe Abschläge an, da das derzeit brummende Geschäft mit Coronatests irgendwann zurückgehen wird, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person. Hingegen sei zu erwarten, dass Beteiligungsfirmen eine etwas optimistischere Perspektive einnehmen.
Interesse an der Branche ist groß
Aufgrund der Größe ist Unilabs für große Finanzinvestoren interessant, möglicherweise für Teams aus mehreren Akteuren oder einer Beteiligungsfirma mit einem Pensionsfonds oder Staatsfonds. Der europäische Finanzinvestor EQT, der im Frühjahr die französische Laborkette Cerba für 4,5 Milliarden Euro übernommen hatte, gilt als Interessent und könnte auch Synergien aus einem Deal ziehen.
Vor zwei Jahren hatte Apax bereits das Interesse von anderen Investoren bezüglich Unilabs getestet und war bei Investoren wie Ardian, Partners Group, I Squared und Macquarie auf offene Ohren gestoßen, hatte das Thema Verkauf dann aber zunächst ruhen lassen.
Wie groß das Interesse von Finanzinvestoren an der Branche ist, zeigt auch ein anderer Deal: Am Mittwoch gab Cinven den Einstieg bei Bio Agilytix bekannt, einem Laborunternehmen, das bioanalytische Dienstleistungen für Pharma- und Biotechfirmen anbietet. Der Hauptsitz ist in Durham in den USA, zu den Standorten zählt aber auch Hamburg. Die Bewertung lag Finanzkreisen zufolge bei 2,5 Milliarden US-Dollar.
Unilabs hat drei große Geschäftsbereiche: Neben den Labordienstleistungen sind es die Radiologie sowie die Pathologie, deren Schwerpunkt auf der Untersuchung von Gewebeproben liegt. Zu Unilabs gehören 250 Labore und 180 radiologische Zentren, wo im Jahr fast fünf Millionen bildgebende Untersuchungen sowie 213 Millionen Laboranalysen durchgeführt werden.
Markt in Europa ist stark fragmentiert
Der europäische Labordiagnostikmarkt ist sehr fragmentiert. Es gibt viele kleine national und regional agierende Anbieter. Große multinationale Akteure sind die Eurofins-Gruppe mit Sitz in Luxemburg, die im vergangenen Jahr rund 5,4 Milliarden Euro Umsatz erzielte, und Synlab mit Sitz in München, die 2020 rund 2,6 Milliarden Euro Umsatz erzielten.
Die Produktpalette der großen Anbieter ist sehr unterschiedlich. Während Eurofins Scientific auch Analysen in den Bereichen Lebens- und Futtermittel, Umwelt sowie Pharma anbietet, hat sich Synlab ganz auf die medizinische Diagnostik fokussiert. Die Nachfrage nach Coronatests lässt das Unternehmen seit Beginn der Pandemie überproportional wachsen. Für das laufende Jahr peilt die im April an die Börse gegangene Synlab ein Umsatzwachstum von mehr als einem Drittel auf 3,5 Milliarden Euro an und ein operatives Ergebnis von mehr als einer Milliarde Euro.
Normalerweise wächst der europäische Markt für Labordiagnostik jährlich im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Das Marktvolumen vor der Pandemie wurde auf mehr als zehn Milliarden Euro geschätzt.
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