Medizintechnik Augenlaserhersteller Schwind steht zum Verkauf

Dem 65-jährigen Rolf Schwind wäre ein Investor als Käufer lieber.
Frankfurt Der Augenlaserhersteller Schwind Eye-Tech-Solutions steht Finanzkreisen zufolge zum Verkauf. Interessenten sind aufgerufen, noch diesen Monat erste Gebote für die globale Nummer zwei nach Johnson & Johnson abzugeben, sagten mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen. Bei einem Verkauf könnte die Firma aus dem unterfränkischen Kleinostheim, 1958 von Unternehmer Herbert Schwind gegründet, mit rund 400 Millionen Euro bewertet werden, hieß es.
Der heutige Firmenchef Rolf Schwind, dessen Familie weiterhin einen Anteil von knapp 30 Prozent besitzt, will auch künftig an der Firma beteiligt bleiben. Die Beteiligungsfirma Ardian, die 2016 die Mehrheit erworben hatte, stellt ihre Anteile nun zum Verkauf, die Investmentbank Macquarie organisiert den Verkaufsprozess.
Da Schwind auf den Ausbau des Geschäfts in Asien setzt, vor allem in China, wird erwartet, dass sich Finanzinvestoren mit einer asiatischen Niederlassung um Schwind bemühen werden. Direkte Wettbewerber wie Carl Zeiss, Alcon oder Ziemer könnten ebenfalls Interesse zeigen, allerdings wäre dem 65-jährigen Rolf Schwind ein Investor als Käufer lieber.
Ardian und Macquarie lehnten Stellungnahmen ab. Schwind war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Schwind, anfangs vor allem auf sogenannte ophthalmologische Diagnosesysteme spezialisiert, schwenkte dann auf Augenlasersysteme zur Behandlung von Fehlsichtigkeit und Hornhauterkrankungen um, die erstmals 1992 bei Augen-Operationen eingesetzt wurden. Seit 1999 ist die Augenlaserchirurgie das Hauptgeschäftsfeld des Unternehmens. Inzwischen sind weltweit über 2000 Schwind-Lasersysteme in Augenpraxen und Augenkliniken installiert, bei einer globalen Gesamtzahl von 4500. Pro Jahr werden mittlerweile von allen Anbietern zusammen rund 600 Geräte der Art wie Schwind sie herstellt verkauft, davon entfällt etwa ein Viertel auf Schwind selbst.
Zwei Drittel der verkauften Lasergeräte stammen von Schwind
Rund acht Millionen hornhautchirurgische Behandlungen haben Augenärzte mit Lasern der Schwind-Produktfamilie Amaris durchgeführt, die für zwei Drittel der verkauften Lasergeräte steht. Ergänzt wird das Produktportfolio durch Untersuchungsinstrumente und ergänzende Dienstleistungen. Bei den vom Rat für Formgebung veranstalteten German Innovation Awards 2021 wurde der Femtosekundenlaser Schwind Atos für seine Technologie, Sicherheitskonzepte und Design ausgezeichnet.
Schwind beschäftigt 150 Mitarbeiter und wird seit 1995 von Rolf Schwind geführt. Das profitable Unternehmen erwartet in diesem Jahr ein Betriebsergebnis (bereinigtes Ebitda) von rund 20 Millionen Euro und könnte mit rund dem Zwanzigfachen davon bewertet werden.
Unternehmen aus dem Gesundheitssektor, insbesondere Medizintechnikhersteller, erfreuen sich derzeit großer Beliebtheit bei Investoren, die auf eine anhaltende Nachfrage nach deren Produkten hoffen. Die meisten Verkäufe von Medizingeräteherstellern gingen zu Bewertungen von mehr als dem Zwanzigfachen des Betriebsergebnisses über die Bühne.
Der Pharma- und Medizintechnikkonzern Baxter vereinbarte im September die 10,5 Milliarden Dollar schwere Übernahme des US-Herstellers von Krankenbetten und OP-Tischen, Hillrom, zu einer Bewertung von über 20-mal Ebitda. Die amerikanische Steris schloss im Juni die Übernahme des Medizingeräteherstellers Cantel Medical ab, wobei das Zielunternehmen mit fast 25-mal Ebitda bewertet wurde. Beim teuersten Zukauf der Unternehmensgeschichte bezahlte Siemens Healthineers vergangenes Jahr für Varian, einen Hersteller von Geräten und Software für die strahlentherapeutische Behandlung von Krebs, sogar mehr als das Dreißigfache des Betriebsgewinns.
Die kleine Branche der Augenlasergeräte hat sich in den vergangenen Jahren durch Fusionen und Übernahmen immer wieder verändert. Der US-Konzern Abbott übernahm den im Silicon Valley ansässigen Hersteller von ophthalmologische Geräte, Optimedica. Die Schweizer Alcon Laboratories kaufte die kalifornische LenSx Lasers, die als Erste einen Laser entwickelt hatte, der von der FDA für die Behandlung von grauem Star zugelassen wurde. Beim Schweizer Augenlasergerätehersteller Ziemer war für gut zehn Jahre die Beteiligungsgesellschaft BV Holding beteiligt, die ihren Anteil allerdings in diesem Frühjahr zurück an die Gründerfamilie verkaufte.
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