Mehr E-Autos und mehr Software VW nimmt sich Tesla als Benchmark – neue Strategie mit „Trinity“

Silhouette des Volkswagen-Projektes „Trinity“: Von 2026 an soll dieses neue Elektroauto im Stammwerk Wolfsburg vom Band laufen. „Trinity“ dürfte allerdings nur der Projektname sein, die endgültige Bezeichnung steht noch nicht fest.
Düsseldorf Die Worte „Tesla“ und „Elon Musk“ sind auf der Pressekonferenz von Volkswagen nicht zu hören. Doch als VW-Markenchef Ralf Brandstätter in der Autostadt in Wolfsburg auf die Bühne tritt, da ist schnell klar, wem Europas größter Autohersteller da nacheifert.
Volkswagen will künftig nicht nur bei der Elektromobilität Maßstäbe setzen, sondern auch bei der Digitalisierung und der Software-Ausstattung seiner Autos. Die Wolfsburger wollen nicht mehr nur ein einfacher Fahrzeughersteller sein, sondern zum „softwareorientierten Mobilitätsanbieter“ aufsteigen – ganz so, wie es Tesla-Gründer Elon Musk vorgemacht hat.
Die verstärkte Ausrichtung auf volldigitalisierte Autos ist wesentlicher Bestandteil der neuen und bis zum Jahr 2030 ausgelegten „Accelerate“-Strategie, die Vorstandchef Brandstätter am Freitag für die Marke Volkswagen präsentierte. Im „Trinity“-Projekt arbeiten die Wolfsburger an einem neuen Auto, das von 2026 an verkauft werden und das die Eigenschaften der Zukunft in sich vereinen soll. Zusätzlich zum Digitalisierungskurs will VW noch mehr Elektroautos produzieren.
„Wir erhöhen das Tempo und werden Volkswagen in den nächsten Jahren so stark verändern wie nie zuvor“, kündigte Ralf Brandstätter an. Mit datenbasierten Geschäftsmodellen wolle der Konzern neue Kundengruppen gewinnen und zusätzliche Umsatzquellen erschließen.
Eine zentrale Rolle spielen dabei drahtlose Software-Updates „over the air“, die Volkswagen Mitte der Woche für seine neue elektrische ID-Modellfamilie angekündigt hatte. VW-Vertriebsvorstand Klaus Zellmer sagte, dass sich Volkswagen von den neuen digitalen Angeboten Umsätze in dreistelliger Millionenhöhe verspreche.
Digitale Produkte müssen freigeschaltet werden
Die digitale Ausstattung der Fahrzeuge wird standardmäßig so ausgelegt, dass alle möglichen Funktionen schon grundsätzlich vorinstalliert sind und die Nutzer sie dann je nach Nachfrage und Fahrprofil freischalten lassen können. Durch dieses Vorgehen will Volkswagen auch die Produktion der Autos wesentlich vereinfachen, da künftig nur noch wenige Modellvarianten gefertigt und verkauft werden.
Den Wandel zum durch und durch digitalisierten Autohersteller bezeichnete Brandstätter als besondere Herausforderung für Volkswagen. „Das ist die härteste Aufgabe für uns“, sagte der Vorstandschef der Marke Volkswagen. Mit der Entwicklung der ID-Modellpalette habe der Konzern schon bewiesen, dass er den Elektroantrieb inzwischen zu beherrschen gelernt habe.
Bei der Digitalisierung gebe es allerdings Nachholbedarf. „Wir müssen in jeder Disziplin ein Meister werden“, betonte Brandstätter. Während andere Hersteller noch die ersten Schritte in Sachen Elektrifizierung hinter sich bringen müssten, widme sich Volkswagen jetzt dem Zukunftsfeld Fahrzeug-Software. „Unser Geschäftsmodell verändert sich dadurch und neue Wettbewerber kommen dazu“, sagte der Markenchef. Apple und Sony sind beispielsweise neue Anbieter, die vor dem Einstieg ins Autogeschäft stehen.
Beobachter der Automobilbranche attestieren Volkswagen, ganz wesentliche Fortschritte beim Ausbau des Elektroangebots gemacht zu haben. „Im Vergleich zu anderen klassischen Autoherstellern wie General Motors und Hyundai hat Volkswagen mit seiner Entwicklung einer eigenständigen Elektroplattform einen Vorsprung von drei Jahren“, unterstreicht Patrick Hummel, Automobilanalyst bei der Schweizer Großbank UBS. Ganz anders sei es allerdings bei der Digitalisierung und der Software: Auf diesem Feld habe Tesla im Vergleich zu VW einen Vorsprung von mehreren Jahren.
Auch Audi und Skoda sollen profitieren
Die große Frage wird sein, ob ein großer und mitunter schwerfälliger Konzern wie Volkswagen seine Versprechen bei der Digitalisierung erfüllen kann. Stefan Bratzel, Professor am Center of Automotive Management (CAM) der Fachhochschule Bergisch Gladbach, hält das grundsätzlich für möglich. „Mit der ID-Modellfamilie demonstriert Volkswagen schon einen deutlichen Fortschritt“, sagt Bratzel. Die vergleichsweise schnelle und frühe Entwicklung des Elektroantriebs beweise die Innovationsfähigkeit von Volkswagen.
Trotzdem geht die Arbeit am Elektroantrieb bei Volkswagen noch weiter. Technisch gesehen ist die ID-Modellfamilie schon wieder drei bis vier Jahre alt. Mit dem neuen „Trinity“-Projekt soll der Elektroantrieb auf die technologisch nächste Stufe gehoben werden.
Bei Volkswagen gibt es vor allem Bedarf an Vereinheitlichung. Weil die einzelnen Tochtermarken in den vergangenen Jahren zu wenig koordiniert geplant haben, gibt es im Konzern derzeit zwei Dutzend unterschiedliche Batterieformate. Die Premiummarken (Audi, Porsche) und die Volumengruppe (VW, Seat, Skoda) produzieren ihre E-Modelle jeweils auf unterschiedlichen Plattformen. Das „Trinity“-Projekt von Volkswagen soll den Wildwuchs stoppen und für mehr Vereinheitlichung sorgen.
„Trinity ist so etwas wie ein Kristallisationspunkt, ein Leuchtturmprojekt“, betonte Marken-CEO Brandstätter. Die neue Fahrzeugarchitektur werde dafür sorgen, dass sich Reichweite, Ladegeschwindigkeit und das angebotene Software-Paket noch einmal deutlich verbesserten.
Beim autonomen Fahren werde zum Verkaufsstart 2026 „Level 2plus“ (Hände vom Lenkrad) angeboten, voraussichtlich nach 2030 kommt „Level 4“ dazu (Auto fährt komplett selbstständig in Anwesenheit des Fahrers). Volkswagen wolle dafür sorgen, dass das autonome Fahren zu einem Standardangebot in den meisten Autos werde.
Produktion wird modernisiert
Auch in der Fertigung will VW mit dem Trinity-Projekt Maßstäbe setzen. Mit der Produktion der Serienversion von 2026 an werde das Werk Wolfsburg zum Aushängeschild für modernste, intelligente und vollvernetzte Produktionsprozesse, ergänzte Brandstätter. „Wir werden unsere Art, Autos zu bauen, komplett neu denken und revolutionäre Ansätze einführen. Digitalisierung, Automatisierung und Leichtbau spielen hier eine wichtige Rolle“, sagte er.
Weil überall in der Welt Klima- und Umweltziele verschärft werden, will Volkswagen noch mehr Elektroautos produzieren. Bis 2030 sollen in Europa nun 70 Prozent der Gesamtverkäufe auf diesen Antrieb entfallen, kündigte Brandstätter an. Das bedeutet eine Verdoppelung der bislang geplanten Quote für batterieelektrische Fahrzeuge von 35 Prozent.
Vor allem wegen des neuen europäischen „Green Deals“ müssen alle Autohersteller ihre Elektropläne nachschärfen. In den nächsten zehn Jahren soll der Treibhausgas-Ausstoß in Europa um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 gesenkt werden. In den USA und in China will Volkswagen bis 2030 eine E-Quote von mindestens 50 Prozent erreichen.
Mehr: Volkswagen will mit Tesla gleichziehen: E-Auto-Software soll künftig per Funk erneuert werden
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Na was für eine spannende Analyse: Viele Autobauer wollen aus den Carbon basierenden Antrieb aussteigen. Ich dagegen 2030 werden wir feststellen das die batteriebetriebenen Elektroautos unheimliche Umweltbelastungen mit sich bringen, wofür es keinen wirtschaftlichen Lösungen geben wird. Des weiteren werden Benzin, Diesel und Erdgas CO2 neutral angeboten, in dem dieselbe Menge CO2 pro Barrel in die Bohrlöcher gepumpt werden wie Rohöl entnommen wird. Na wer wird die Wette gewinnen?