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Mercedes-Hersteller „Altherren-Gremium“: Investoren schießen sich auf Daimler-Aufsichtsrat ein

Vor der Hauptversammlung des Autobauers kritisieren mehrere Großaktionäre die mangelnde Unabhängigkeit einiger Kontrolleure. Lob gibt es für den Vorstand.
30.03.2021 - 11:59 Uhr Kommentieren
Investoren loben den Vorstand des Autobauers, kritisieren aber die Kontrolleure. Quelle: dpa
Daimler-Chef Ola Källenius (l.) mit Aufsichtsratschef Manfred Bischoff 2019

Investoren loben den Vorstand des Autobauers, kritisieren aber die Kontrolleure.

(Foto: dpa)

München „Endlich einmal blicken die Aktionäre auf ein erfreuliches Jahr zurück“, erklärt Ingo Speich von Deka Investment mit Blick auf Daimler. Jahrelang kritisierte der Leiter des Bereichs Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei der Fondstochter der Sparkassen die maue Performance des Autobauers. Schließlich folgte in Stuttgart Gewinnwarnung auf Gewinnwarnung. Doch zuletzt überraschte der Dax-Konzern trotz Coronakrise mit guten Ergebnissen.

Die Aktie ist im Höhenflug. Und besser noch aus Sicht der Investoren: Der Vorstand um Daimler-Chef Ola Källenius will seinen Eigentümern an diesem Mittwoch bei der Hauptversammlung eine Erhöhung der Dividende von 90 Cent auf 1,30 Euro je Aktie vorschlagen. „Das neue Management überzeugt“, sagt Speich.

Völlig gegensätzlich fällt das Urteil des Deka-Experten und einer Reihe weiterer Investorenvertreter dagegen bei der Bewertung der Arbeit des Daimler-Aufsichtsrats aus. Dort sei die Chance auf einen Generationswechsel vertan worden, lautet der einhellige Tenor.

Dass der 78 Jahre alte Chefaufseher Manfred Bischoff seinen Posten nun an den 73-jährigen Autoveteran Bernd Pischetsrieder übergibt, „ist kein Zeichen des Neuaufbruchs im Stuttgarter Altherren-Gremium“, kritisiert der Dachverband der Kritischen Aktionäre in einem Gegenantrag.

Die Personalie sei „aus der Not geboren“, rügt auch Speich. Schon aufgrund seines fortgeschrittenen Alters könne Pischetsrieder nur ein „Übergangskandidat“ sein. Der Fondsmanager verweigert dem Aufsichtsrat auch mit Verweis auf die unbefriedigende Nachfolgeplanung an der Spitze die Entlastung. Als „besonders problematisch“ empfindet Speich aber die Tätigkeit eines anderen Kontrolleurs: Clemens Börsig.

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Der Grund: Der 72-jährige Finanzfachmann sei nicht unabhängig. Im Deutschen Corporate Governance Kodex wird empfohlen, die Amtsperiode von Aufsichtsräten auf zwölf Jahre zu begrenzen. Börsig sitzt aber bereits seit 14 Jahren im Kontrollgremium von Daimler.

Schlimmer noch: Der ehemalige Manager von Mannesmann, Bosch und RWE „war im Zeitpunkt seiner Ernennung 2007 Aufsichtsratsvorsitzender der mit Daimler seit Jahrzehnten in verschiedener Form verbundenen Deutschen Bank AG“, bemängelt Christian Strenger, Experte für gute Unternehmensführung und einst Chef der Deutschen-Bank-Fondstochter DWS.

Strenger sieht damit bei Börsig gleich „zwei wesentliche Negativkriterien“ für dessen mangelnde Unabhängigkeit gegeben. Dies ist aus seiner Sicht besonders heikel, da Börsig als Vorsitzender des Prüfungsausschusses und als Vorsitzender des Ausschusses für Rechtsangelegenheiten wichtige Funktionen innerhalb des Daimler-Aufsichtsrats bekleidet. Konkret ist der Banker etwa intensiv in die interne Aufarbeitung des Lkw-Kartells sowie des milliardenteuren Dieselskandals eingebunden.

Risiko eines rechtlichen Flächenbrands

„Gerade der in der Daimler-Beschreibung wichtiger Aufsichtsratsqualifikationen postulierte ‚kritische Blick‘ für den Vorsitz dieser so wichtigen Kontrollausschüsse ist von entscheidender Relevanz und kann nicht durch ‚langjährige Vertrautheit‘ mit den die Aktionäre bereits stark belastenden Vorgängen ersetzt werden“, kritisiert Strenger.

„Ein abhängiger Prüfungsausschussvorsitzender entspricht nicht unseren Anforderungen an gute Corporate Governance“, ergänzt Janne Werning von Union Investment. Und Deka-Experte Speich erklärt: „Gerade im Hinblick auf die offenen Rechtsverfahren wünschen wir uns mehr Unabhängigkeit und Reformwillen im Aufsichtsrat. Die alten Zeiten sind vorbei und werden auch nicht wiederkommen.“

Daimler selbst widerspricht den Kritikern vehement. In einer Stellungnahme der Verwaltung zu den eingereichten Gegenanträgen bei der Hauptversammlung heißt es: „Die Anteilseignerseite des Aufsichtsrats der Daimler AG ist unter Einbeziehung aller relevanten Aspekte zu der Einschätzung gelangt, dass alle zum 31. Dezember 2020 amtierenden Anteilseignervertreter unabhängig im Sinne des Kodex sind.“

Sowohl der scheidende Kontrollratschef Bischoff als auch der Vorsitzende des Prüfungsausschusses Börsig hätten „zu jeder Zeit die notwendige kritische Distanz zum Unternehmen und zum Vorstand der Daimler AG sowie den notwendigen klaren, wachen und kritischen Blick bei der Überwachung des Vorstands aufgebracht“.

Vielen Anteilseignern reicht diese Erklärung nicht. Daimler müsse endlich die Unsicherheit für die Aktionäre beseitigen, fordert Deka-Manager Speich: „Im Hintergrund schwelen immer noch zahlreiche Rechtsverfahren, die schnell ein Feuer entfachen und zum Flächenbrand ausufern können.“ Es gelte nun, die Versäumnisse etwa im Dieselskandal mit unabhängigem Personal aufzuarbeiten und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Womöglich lässt sich dieser Wunsch vieler Daimler-Aktionäre aber erst ab dem Jahr 2022 erfüllen – dann endet die Amtszeit von Clemens Börsig im Aufsichtsrat.

Mehr: Sieben Fakten zur Bilanz: Daimler plagen trotz Gewinnsprung weiter strukturelle Probleme.

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