Milliardenverlust Daimler kippt ins Minus – die Blitzanalyse

Der Daimler-Chef steht enorm unter Druck, die Kostenstrukturen des Autobauers zu verschlanken.
München Der Stuttgarter Auto- und Lastwagenhersteller Daimler hat am Mittwochmorgen seine Zahlen für das zweite Quartal vorgelegt. Das sind die wichtigsten Fakten.
- Der Dax-Konzern hat von April bis Juni de facto kein Geld verdient, sondern 1,3 Milliarden Euro verbrannt. Der freie Mittelzufluss (Free Cashflow) ist negativ, im Halbjahr beträgt das Minus sogar 3,3 Milliarden Euro.
- Daimler schreibt im zweiten Quartal rote Zahlen. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) beträgt minus 1,6 Milliarden Euro. Unter dem Strich steht ein Verlust von 1,2 Milliarden Euro.
- Der Mercedes-Hersteller konnte seinen Umsatz auf 42,6 Milliarden Euro steigern. Das ist ein Plus von fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr und insofern erstaunlich, als der Absatz des Konzern im gleichen Zeitraum um gut ein Prozent geschrumpft ist. Daimler verkaufte im zweiten Quartal knapp 822.000 Pkw und Nutzfahrzeuge.
Das fällt positiv auf
Nutzfahrzeuge im Plus: Daimler konnte seinen Umsatz gegenüber dem Vorjahr erkennbar steigern. Die Schwaben erlösten 42,6 Milliarden Euro und damit um fast zwei Milliarden Euro mehr als im zweiten Quartal 2018. Während die Autosparte Mercedes-Benz, die etwa für die Hälfte des Konzernumsatzes steht, weiterhin schwächelt, konnte Daimler in seiner Trucksparte die Erlöse um 14 Prozent auf 10,4 Milliarden Euro steigern. Das Betriebsergebnis, das Daimler mit seinen Lastwagen erwirtschaftet, konnte um ein Drittel gesteigert werden – auf 725 Millionen Euro.
Auch die kleinste Division des Industriekonglomerats meldet erfreuliche Ergebnisse. Der Umsatz mit Bussen schoss auf 1,3 Milliarden Euro in die Höhe. Das entspricht einem Zuwachs von 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Gewinn vor Steuern und Zinsen mit Bussen konnte sogar um satte 66 Prozent gesteigert werden und liegt bei 106 Millionen Euro.
Das fällt negativ auf
Milliardenschwere Rückstellungen: Die Bilanz von Daimler wird im zweiten Quartal durch Sondereinflüsse in Höhe von insgesamt 4,2 Milliarden Euro in Mitleidenschaft gezogen. Wegen drohender Rückrufbescheide und Bußgelder im Dieselskandal muss der Konzern beispielsweise 2,5 Milliarden provisorisch beiseitelegen. Fehlerhafte Airbags von Takata erzwingen erweiterte Servicemaßnahmen. Kostenpunkt: 1,1 Milliarden Euro. Und für Portfoliobereinigungen – das Pick-up-Modell X-Klasse steht vor dem Aus –, werden 459 Millionen Euro fällig.
Die Folge: Das Konzernergebnis ist negativ. Die Sonderbelastungen brocken Daimler einen Verlust von 1,2 Milliarden Euro ein. Im zweiten Quartal 2018 hatten die Stuttgarter dagegen noch einen Gewinn von 1,8 Milliarden Euro ausgewiesen. Besonders dramatisch ist die Geschäftslage im Transportergeschäft. Vans meldet einen Betriebsverlust von zwei Milliarden Euro. Kaum besser sieht es in der Kernsparte Mercedes-Benz Cars aus, hier steht ein Verlust von 672 Millionen Euro in den Büchern.
Der freie Mittelzufluss (Free Cashflow) ist mit minus 1,3 Milliarden Euro deutlich negativ. Im ersten Halbjahr hat Daimler sogar 3,3 Milliarden Euro verbrannt. Im Vorjahr stand dagegen noch ein Plus beim Free Cashflow von 1,8 Milliarden Euro. Als Grund für den starken Rückgang nennt der Konzern hohe Investitionen in künftige Produkte und das gestiegene Working Capital. Die Nettoliquidität hat sich im Vergleich zum Vorjahr seit Jahresbeginn von 14,5 auf 6,6 Milliarden Euro mehr als halbiert.
Was jetzt passiert
Källenius steuert um: Daimler steht enorm unter Druck, seine Kostenstrukturen zu verschlanken. Der Fokus liege im zweiten Halbjahr auf der „Verbesserung unserer Performance und der Cashflow-Generierung“, erklärte Konzernchef Ola Källenius: „Grundsätzlich intensivieren wir die konzernübergreifenden Optimierungsprogramme und überprüfen unser Produktportfolio, um unseren künftigen Erfolg abzusichern“. Daimler hatte schon im Februar „Gegenmaßnahmen“ angekündigt, um der Erosion der Margen im Kerngeschäft Einhalt zu gebieten.
Bis November will der neue Daimler-Chef einen Plan mit schärferen Einsparungen vorlegen. Ein Effizienzprogramm sei schon begonnen und wegen des Verlusts im zweiten Quartal noch intensiviert worden, sagte Källenius. Details blieb er allerdings weiter schuldig. Er wolle keine halbgaren Antworten geben, sondern einen umfassenden Plan zur künftigen Strategie auf einem Kapitalmarkttag am 14. November in London vorstellen. Doch wolle er bei Daimler ein „Umdenken zu mehr Cash“ erreichen.
In Stuttgart gehen die Manager davon aus, dass sich das Betriebsergebnis und der Free Cashflow im zweiten Halbjahr deutlich verbessern werden. Nach der äußerst schwachen ersten Jahreshälfte ist aber dennoch klar, dass der Gewinn für 2019 deutlich unter dem Vorjahresniveau liegen wird. Daimler musste zuletzt seine Ergebnisprognose zwei Mal binnen weniger Wochen nach unten korrigieren.
Mehr: Der Einfluss chinesischer Autobauer beim Mercedes-Hersteller ist noch kein Grund zur Sorge. Aktivisten wären für Daimler weit unangenehmer.
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