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Millionen-Rückrufe in den USA „Ein bedenkliches Qualitätsniveau“

Auch ohne den VW-Dieselskandal mussten in den USA im vergangenen Jahr Millionen Autos wegen Sicherheitsmängeln zurück in die Werkstatt. Das bringt die Autobranche ein Erklärungsnot: Wurde an der Qualität gespart?
16.01.2016 - 10:42 Uhr
Nach dem Zündschlossskandal mit Rekordrückrufen von 27 Millionen in 2014 erreichte General Motors in 2015 „nur“ auf eine Rückrufquote von 133 Prozent und liegt damit im oberen Drittel. Quelle: Reuters
Fahrgastzelle eines GM-Fahrzeugs als Beweisstück in einem Gerichtssaal in New York.

Nach dem Zündschlossskandal mit Rekordrückrufen von 27 Millionen in 2014 erreichte General Motors in 2015 „nur“ auf eine Rückrufquote von 133 Prozent und liegt damit im oberen Drittel.

(Foto: Reuters)

Düsseldorf „Läuft und läuft und läuft“: Dieser Werbeslogan steht in Deutschland für zeitlose Qualität und vor allem seltene Werkstattbesuche. Es ist ein Versprechen, das nur noch wenige Hersteller einlösen können. Das zeigt eine neue Studie des Center of Automotive Management (CAM) der FHDW Bergisch-Gladbach. Darin haben die Wissenschaftler die Rückrufe in den USA im vergangenen Jahr ausgewertet. Sie üben deutliche Kritik am Qualitätsmanagement der Konzerne.

Die USA gelten als Referenzmarkt für Rückrufe – hier werden sie besonders konsequent durchgeführt und dokumentiert. Und nach dem Rekordjahr 2014, in dem GM die Statistik durch seinen Zündschlossskandal anführte, erreichen die Rückrufe im Jahr 2015 den zweithöchsten Wert seit Beginn der Messungen.

Innerhalb von zwei Jahren sind nun 108 Millionen Fahrzeugen von Rückrufen betroffen. Die durchschnittliche Rückrufquote, also das Verhältnis reparierter und verkaufter Fahrzeuge, lag bei über 200 Prozent. Wie konnte das passieren?

46 Millionen Autos mussten in die Werkstatt
Während die technischen Probleme bei General-Motors-Fahrzeugen 2015 nachließen, rückten andere Hersteller nach.
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Als zweites Negativrekordjahr in Folge geht 2015 in punkto Rückrufe in die Historie des Automobils ein. Denn nach Berechnungen des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach wurden im Jahr 2015 allein auf den Referenzmarkt USA über 45,8 Millionen Pkw wegen Sicherheitsproblemen zurückgerufen.

In der Statistik des CAM rufen Honda, Fiat-Chrysler und Toyota die meisten Fahrzeuge zurück; aber auch Tesla und deutsche Hersteller sind betroffen ...

(Foto: Reuters)
Takata-Airbag in einem Chrylser-Pkw
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Nach Herstellern weisen die höchsten Rückrufquoten die japanischen Hersteller Mitsubishi (826%), Mazda (755%) und Honda (676%) sowie der zu FCA (Fiat Chrysler Automotive) gehörender Hersteller Chrysler (345%) auf.

Bei der Rückrufmenge belegen Honda, Chrysler und Toyota, die zwischen 10,7 und 6,7 Millionen Pkw. in die Werkstäten beordern, die Negativ-Spitzenplätze.

(Foto: AFP)
Chrysler kommt wie im Vorjahr auch 2015 nicht zur Ruhe und muss wiederum rund 8 Millionen Fahrzeuge zurückrufen:
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Während 5 Millionen ebenfalls Airbagmängeln geschuldet sind, mussten allein 1,4 Millionen in die Werkstatt, um die Fahrzeuge vor dem unerlaubten Zugriff von Hackern zu schützen.

(Foto: Reuters)
Ausgelöster Airbag in einem 2001er Honda-Modell
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Die Rückrufe von Mitsubishi betreffen zu über zwei Dritteln Airbagdefekte, während bei Mazda daneben auch Zündschlussmängel von Fahrzeugen aus den 1990er Baujahren für mehr als die Hälfte der Rückrufe verantwortlich sind.

Honda leidet besonders unter dem Airbag-Desaster des Zulieferers Takata, wodurch auch in 2015 mehr als zehn Millionen Fahrzeuge in die Werkstätten beordert werden mussten.

(Foto: AFP)
Blick auf das Lenkrad eines Toyota "Yaris" mit einem darunter befindlichen Airbag
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Toyota lag mit einer Rückrufquote von 271% zwar im Mittelfeld eines Negativrekordjahres musste jedoch wiederum rund 6,8 Millionen Pkw allein in den USA zurückrufen. Zwar spielten auch hier zu zwei Dritteln Rückrufe aufgrund mangelhafter Takata-Airbags eine Hauptrolle. Allerdings mussten auch 1,8 Millionen Fahrzeuge aufgrund von Elektrikmängeln in die Werkstatt.

(Foto: dpa)
KFZ-Servicetechniker mit einem Auslesegerät
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Bei den amerikanischen Herstellern Ford und GM mussten rund fünf bzw. vier Millionen Fahrzeuge in die Werkstätten zurück. Bei Ford verteilten sich mit einer Rückrufquote von 192 Prozent die Mängel zu einem Drittel auf Insassenschutzthemen sowie auf Probleme wie undichte Kraftstoffleitungen bzw. -tanks und Fahrwerks- bzw. Karosseriedefekte.

(Foto: dpa)
Fahrgastzelle eines GM-Fahrzeugs als Beweisstück in einem Gerichtssaal in New York.
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Nach dem Zündschlossskandal mit Rekordrückrufen von 27 Millionen in 2014 erreichte General Motors in 2015 „nur“ auf eine Rückrufquote von 133 Prozent und liegt damit im oberen Drittel.

(Foto: Reuters)

„Wenn 13 von 16 untersuchten Herstellern im Jahr 2015 wegen sicherheitstechnischer Mängel mehr Fahrzeuge zurückrufen müssen, als diese im gleichen Zeitraum verkauft haben, ist das insgesamt ein bedenkliches Qualitätsniveau der Branche“, sagt Studienautor Stefan Bratzel. Für ihn sind die sicherheitsrelevanten Mängel nur die „Spitze des Eisbergs“. Hinzu kämen etliche stille Rückrufe oder auch Serviceaktionen, die in den offiziellen Zahlen nicht enthalten sind.

Auch die rund 600.000 manipulierten Dieselfahrzeuge, die VW in den USA verkauft hat, werden von der Statistik gar nicht erfasst. Abgase sind nicht sicherheitsrelevant. Das hat auch positive Folgen für die deutschen Hersteller. Sie landen im Branchenvergleich auf den hinteren Plätzen. Doch auch ohne den Dieselskandal übersteigen die Rückrufe bei BMW und VW die Zahl der verkauften Autos deutlich.

Während die Wolfsburger und ihre Premiumtochter Audi mit undichten Kraftstoffleitungen und Problemen mit der Bremsanlage zu kämpfen hatten, wurden bei der E-Klasse von Daimler lockere Gummidichtungen gefunden, die in den Motorraum gelangen und Feuer fangen können.

Doch Jahr 2015 waren es vor allem die fehlerhaften Airbags des japanischen Zulieferers Takata, die in den USA Millionenrückrufe auslösten. Ganz vorne in der Statistik landen darum vor allem asiatische Hersteller. Alleine Honda musste 2015 in den USA 10,7 Millionen Fahrzeuge zurück in die Werkstatt rufen, bei Toyota sind es 6,8 Millionen. Setzt man die Zahl der zurückgerufenen Autos ins Verhältnis zu den Verkäufen in den USA, landen auch Mitsubishi und Mazda ganz oben in der Statistik. Aber auch der italo-amerikanische Autobauer Fiat-Chrysler (FCA) ist vom Airbag-Desaster betroffen.

„Durch die Überprüfung des Airbag-Skandals wurde ein Dominoeffekt ausgelöst, weil der Insassenschutz noch detaillierter überprüft wurde“, sagt Stefan Bratzel. Dabei seien Prüfung weitere Mängel zum Vorschein gekommen. Mit 60 Prozent machen die problematischen Sicherheitssysteme für Insassen die überwiegende Mehrheit der Rückrufe aus.

Aber auch andere Bauteile mussten wegen sicherheitsrelevanter Probleme nachträglich repariert werden. Laut CAM war bei 14 Prozent aller Rückrufe die Elektronik betroffen. Qualitätsprobleme bei Antriebsstrang und Motoren sorgten für acht Prozent der Rückrufe. Der Rest entfiel auf Lenkung (4 Prozent), Karosserie und Bremsen (jeweils drei Prozent) und Fahrwerksprobleme (1,6 Prozent) und sonstige Bauteile (6 Prozent).

Unfälle billigend in Kauf genommen
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