Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Monsanto-Erbe Erster Sieg im Glyphosat-Prozess: Für Bayer ein Lichtblick, aber keine Trendwende

Erstmals hat eine Gerichtsjury in den USA eine Klage wegen Glyphosat zurückgewiesen. Für Bayer ist das ein wichtiges Signal, doch weitere Verfahren stehen noch aus.
06.10.2021 - 14:31 Uhr Kommentieren
Das Mittel kam im Zuge der Monsanto-Übernahme ins Bayer-Portfolio Quelle: dpa
Glyphosathaltiger Unkrautvernichter Roundup

Das Mittel kam im Zuge der Monsanto-Übernahme ins Bayer-Portfolio

(Foto: dpa)

Düsseldorf Bayer hat den ersten Gerichtsprozess um mögliche Gesundheitsschädigungen durch den Unkrautvernichter Glyphosat in den USA gewonnen. Die Laien-Jury eines kalifornischen Gerichts hat die Klage der Mutter eines an Krebs erkrankten Kindes am Dienstag als unbegründet zurückgewiesen.

Die Jury sah keine Beweise dafür, dass der Einsatz des glyphosathaltigen Mittels Roundup in dem Haushalt der Familie eine substanzielle Ursache für die Krebserkrankung des Kindes gewesen sei. Bayer hatte sich vor dem Prozess nicht mit der Klägerin einigen können, weil deren Anwalt offenbar sehr hohe finanzielle Ansprüche geltend machte. Die Auseinandersetzung wurde dann vor Gericht gebracht – mit möglicherweise negativen Folgen für die Leverkusener.

Bayer hat sich nun aber nach drei schweren Niederlagen in Schadensersatzprozessen erstmals mit seiner Argumentation durchgesetzt, wonach es keine wissenschaftlichen Beweise für einen kausalen Zusammenhang zwischen Krebserkrankungen und Glyphosat gibt. Der Konzern beruft sich unter anderem auf die Einstufungen und Bewertungen großer Zulassungsbehörden.

Für die Leverkusener ist dies ein Lichtblick, aber noch keine Trendwende in der Causa Glyphosat. Bayer erhofft sich von dem ersten Sieg vor Gericht eine gewisse Signalwirkung auf aktuelle und potenzielle Kläger. Denn die Entscheidung der US-Jury impliziert, dass Kläger nicht in jedem Fall mit ihren Ansprüchen gerichtlich durchkommen.

Das wiegt ums so mehr, weil der nun beendete Prozess vor einem kalifornischen Gericht stattfand. Das US-Bundesland gilt allgemein als sehr klägerfreundlich, alle verlorenen Prozesse um Glyphosat liefen dort ab. Die kalifornische Justiz neigte bisher zu der Überzeugung, dass Bayer beziehungsweise Monsanto auf Krebsgefahren durch Glyphosat hätte hinweisen müssen.

Gutes Druckmittel

Für Bayer ist ein solcher Sieg in den laufenden und kommenden außergerichtlichen Vergleichsgesprächen mit Klägern ein gutes Druckmittel. Der Konzern will bestehende Klagen mit einer Summe von insgesamt rund elf Milliarden Dollar belegen. Für künftige Klagen hat der Konzern weitere 4,5 Milliarden Dollar zurückgestellt.

Allerdings ist der nun beendete Fall ein besonderer. Vor Gericht zeigte sich, dass die Familie des krebskranken Jungen nur in geringem Maße über das Jahr verteilt den Unkrautvernichter Roundup im Hinterhausgarten eingesetzt hat. Zudem gilt bei Kindern allgemein die medizinische Überzeugung, dass Krebs nicht aufgrund externer Einflüsse entsteht.

In den bisher verlorenen Prozessen hatten jeweils Amerikanerinnen und Amerikaner im Seniorenalter geklagt, die über viele Jahre hinweg einen intensiven Einsatz von Glyphosat geltend machten und ihre Krebserkrankung darauf zurückführten.

Bayer geht selbst davon aus, dass es trotz der laufenden außergerichtlichen Vergleiche immer wieder zu Glyphosat-Prozessen kommen wird. Aktuell läuft noch das sogenannte Stephens-Verfahren im kalifornischen San Bernardino. Eine 70-jährige krebskranke Frau hat Bayer auf Schadensersatz verklagt.

Ihr Anwalt argumentiert, dass die Frau über 30 Jahre hinweg Roundup verwendet hat. Er kommt aus derselben Kanzlei, die auch die Mutter in der nun gescheiterten Klage vertreten hat. Ein Urteil im Stephens-Prozess könnte weiteren Aufschluss darüber geben, ob sich die Sichtweisen insbesondere der Laien-Jurys in Kalifornien ändern.

Entscheidung des Supreme Courts steht noch aus

Eine klare Trendwende in der Monsanto-Rechtslast dürfte es für Bayer aber erst durch eine Entscheidung des obersten Gerichts in den USA geben. Dort hat der Konzern im August einen Antrag gestellt, nach dem der Supreme Court sich mit dem Urteil im sogenannten Hardeman-Prozess gegen Monsanto befassen soll.

Bayer verspricht sich davon viel: Es geht um die Frage, ob Monsanto nach geltendem Bundesrecht der USA überhaupt einen Warnhinweis auf den Roundup-Flaschen hätten anbringen dürfen. Denn die Entscheidung darüber obliegt der US-Umweltbehörde EPA. Die aber stuft Glyphosat als sicher ein und sah keine Notwendigkeit für eine solche Lable-Änderung.

Zunächst geht es darum, ob der Supreme Court diesen Fall überhaupt zur Überprüfung annimmt. Eine Entscheidung dazu soll es gegen Jahresende geben. Schon die Annahme des Verfahrens wäre für Bayer ein positives Zeichen, denn der Supreme Court macht dies sehr selten und nur wenn er Korrekturbedarf sieht.

Eine Entscheidung des obersten Gerichts wäre für Bayer dann eine 4,5-Milliarden-Dollar-Frage: Sollte der Supreme Court bestätigen, dass Monsanto nach Bundesrecht keine Warnhinweise auf den Flaschen ohne Erlaubnis der EPA abdrucken darf, so ist den Klagen insgesamt gewissermaßen die Grundlage entzogen.

Bayer könnte dann die zum Halbjahr 2021 gemachten Rückstellungen über 4,5 Milliarden Dollar für künftige Vergleiche wieder auflösen. Der Konzern dürfte dann auch in den aktuellen Vergleichsgesprächen den Klägerkanzleien gegenüber anders auftreten.

Mehr: Fünf Jahre nach Monsanto-Kauf: Diese fünf Grafiken zeigen, wie die Übernahme Bayer belastet

Startseite
Mehr zu: Monsanto-Erbe - Erster Sieg im Glyphosat-Prozess: Für Bayer ein Lichtblick, aber keine Trendwende
0 Kommentare zu "Monsanto-Erbe: Erster Sieg im Glyphosat-Prozess: Für Bayer ein Lichtblick, aber keine Trendwende"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%