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Neue Kooperation in der Rüstungsindustrie Deutsche Werften bleiben außen vor

Europas Rüstungskonzerne kooperieren immer stärker. Auch die Schiffsbauer Naval Group aus Frankreich und Fincantieri aus Italien wollen eine Allianz schließen – allerdings ohne die geschwächte Konkurrenz aus Deutschland.
19.11.2017 - 08:27 Uhr Kommentieren
Frankreich und Italien schmieden eine Werften-Allianz. Quelle: Fincantieri
Flugzeugträger von Fincantieri

Frankreich und Italien schmieden eine Werften-Allianz.

(Foto: Fincantieri)

Paris Europas Rüstungsindustrie wächst zusammen. Die Europäer bauen eine gemeinsame Drohne, sogar ein neues Kampfflugzeug haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und Staatspräsident Emmanuel Macron im Sommer beschlossen. Doch bei den Werften ist die deutsche Industrie abgehängt: Franzosen und Italiener haben entschieden, dass sie die Marinewerften Naval Group und Fincantieri zusammenführen werden. Ohne die Deutschen.

Die Italiener bauen sowohl Militärschiffe als auch Kreuzfahrtschiffe. Die Naval Group baut dagegen überwiegend Korvetten, Fregatten, sehr große Landungsschiffe und atomgetriebene U-Boote.

Im Interview mit dem Handelsblatt sieht Hervé Guillou, Chef von Naval Group, noch einen Funken Hoffnung für einen breiteren Zusammenschluss: „Die Tür für die Deutschen ist nicht verschlossen.“ Man rede mit allen europäischen Ländern. Allerdings seien die Bedingungen vor zehn Jahren deutlich besser gewesen: „2007 waren wir sehr weit mit der Vorbereitung einer Fusion mit Thyssen Krupp Marine Systems, (TKMS), die ist aber an einer Indiskretion gescheitert, die einen Wutanfall der deutschen Gewerkschaften und der Politik ausgelöst hat, weil sie nicht informiert waren.“ Reflexe „von Angst und Misstrauen“ hätten das Aus der Fusion bedeutet.

Heute sei es komplizierter, einen neuen Anlauf zu wagen, unter anderem weil TKMS mittlerweile deutlich kleiner und spezialisierter sei. „Das macht es schwieriger, ein Gleichgewicht zu finden.“ Zudem waren die Beinahe-Partner von 2007 zuletzt erbitterte Konkurrenten, etwa beim Milliardenauftrag der U-Boote für Australien. Den gewannen die Franzosen.

Russland, China und Türkei mit großen Ambitionen

Politisch hält Guillou es für „dringender denn je, dass Europa bei seiner Verteidigung souveräner wird“. Europa sei mit dauerhaften neuen Bedrohungen konfrontiert, hinzu kämen extrem starke Ambitionen von Russland und China und mögliche Ungewissheiten über den künftigen Beitrag der USA und Großbritanniens zur gemeinsamen Verteidigung.

Der Weltmarkt für Kriegsschiffe habe sich völlig verändert, die dominierende Position der Europäer sei dahin. „Die Europäer sind heute noch stärker zersplittert als früher, aber es sind viele Konkurrenten etwa aus Asien oder der Türkei dazugekommen.“ Mit „erschreckendem Tempo“ habe sich das Wettbewerbs-Umfeld verändert.

Frankreich reagiert durch einen gemeinsamen Anlauf mit Italien. Eine vollständige Zusammenlegung der beiden Schiffsbauer ist derzeit nicht das Thema: „Wir arbeiten eher an einer Allianz nach dem Modell RenaultNissan als nach dem Modell Airbus“, erläutert Guillou.

Jedes Land habe lebenswichtige strategische Interessen an seinen eigenen Unternehmen, „in unserem Fall die nukleare Komponente“, deshalb gehöre die Vollfusion derzeit nicht zum Auftrag. Guillou zufolge streben die Partner eine Überkreuz-Beteiligung von je zehn Prozent an. Gemeinsame Projekte und Synergien sollen den Kooperationswillen besiegeln.

Das Ganze könne sehr schnell gehen, bis Juni 2018 soll es eine formelle Entscheidung über den Start der Allianz geben. Zehn Prozent erschienen vielleicht wenig anspruchsvoll, doch Guillou betont: „Das ist das, was wir heute schnell umsetzen können, ohne soziale Dramen und ohne die Souveränität unserer Länder infrage zu stellen.“

Der Franzose weiß, wovon er spricht, wenn er Dramen erwähnt: Als Manager von Airbus hat er die gescheiterte Fusion mit British Aerospace (BAE Systems) miterlebt. Diesmal ist er zuversichtlich: „Mit Fincantieri, historischer Partner von Naval Group, sehen wir eine gemeinsame Zukunft und Synergien.“ Die würden die Wettbewerbsfähigkeit verbessern und die Leistungsfähigkeit auf den Exportmärkten.

Gemeinsame Forschung soll Synergien bringen

Guillou hat aus den früheren Fehlschlägen gelernt. Er will schrittweise und pragmatisch vorgehen. „Wir werden nicht dieselben Schiffe bauen, sondern möglichst viele gemeinsame Bauteile verwenden und uns spezialisieren.“

Die Italiener seien sehr gut bei Stabilisierungs-Systemen für Wasserfahrzeuge, Naval Group bei der Bewaffnung oder auch bei den Kommandosystemen. So könne man sich nach und nach auf bestimmte Aufgaben fokussieren, ohne dass Werke geschlossen werden müssten.

Auch über die Forschung könne man die Kooperation vertiefen. „Wir investieren jeweils rund 100 Millionen Euro für Forschung und Entwicklung, da könnten wir uns spezialisieren, bestimmte Projekte gemeinsam betreiben“, erwägt der Manager.

In Deutschland sieht er perspektivisch keine große Werftindustrie mehr, wenn der Staat nicht mehr investiert: „Wenn Deutschland keine Hubschrauberträger will, ist es wahrscheinlich, dass keine deutsche Werft jemals einen bauen wird.“ Wenn ein Land nicht investiere, könne es keine starke Rüstungsindustrie haben. „Die deutsche Industrie kann kein Produkt völlig allein finanzieren“, urteilt Guillou.

Doch auch ohne formelle Allianz sieht er Möglichkeiten im deutsch-französischen Militärgeschäft: „Man könnte sich ähnlich wie bei den Drohnen gemeinsame Kommando- und Landungsschiffe vorstellen, als Beginn einer europäischen Eingreiftruppe.“

Ohne Umdenken werde es dazu aber kaum kommen, glaubt er. In der Industrie wie in den Regierungen dächten viele: „Ich bin ein guter Franzose oder ein guter Deutscher, weil ich nirgendwo nachgebe.“ So komme man nicht weiter. „Zusammen arbeiten bedeutet, sich zunächst Klarheit darüber zu verschaffen, wo man nachgibt.“

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