Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer stellt weitere Milliarden für Glyphosat-Klagen zurück – Aktie büßt Gewinne ein

Der Konzern stellt wegen der Glyphosat-Rechtsrisiken weitere Milliarden zurück.
Düsseldorf, Frankfurt Im Streit um den Unkrautvernichter Glyphosat stellt sich Bayer auf neue rechtliche Risiken ein. Wie der Chemie- und Pharmakonzern am Donnerstag mitteilte, sollen die Rückstellungen des Unternehmens um 4,5 Milliarden US-Dollar vor Steuern und Zinsen erhöht werden. Mit dem Schritt will sich der Konzern gegen Klagen wappnen, die gegen Bayer in den USA noch geführt werden könnten.
Die Aktien des Pharma- und Agrarchemiekonzerns büßten ihre Gewinne von zeitweise 2,3 Prozent ein und lagen am Donnerstagnachmittag nur noch ein halbes Prozent im Plus. Bayer hatte in der Vergangenheit bereits zwei Milliarden Dollar für potenzielle künftige Klagen zurückgestellt. Darüber hinaus hatte der Konzern im vergangenen Jahr rund 9,6 Milliarden Dollar für die bereits bestehenden Klagen zurückgestellt.
Hintergrund sind Vorwürfe wegen einer angeblich gesundheitsschädlichen Wirkung von Glyphosat. Bayer hatte das Produkt im Zuge der Übernahme des US-Konkurrenten Monsanto übernommen und war in der Folge von mehreren Privatpersonen, die an Krebs erkrankten, verklagt worden. Mehr als 125.000 Fälle landeten so bei US-Gerichten. In den meisten davon konnte sich Bayer mit den Klägern vergleichen. Drei Verfahren wurden am Ende tatsächlich vor Gericht entschieden; in allen Fällen hatte Bayer das Nachsehen.
Die neuerlichen Rückstellungen begründete Vorstandschef Werner Baumann damit, für die Investoren mehr Klarheit über das Risiko des Glyphosat-Streits schaffen zu wollen. „Diese Klarheit sollte es informierten Investoren auch ermöglichen, ihren Fokus auf unsere operativen Ergebnisse, die Qualität unserer Geschäfte und den eigentlichen Unternehmenswert zu lenken“, sagte der Manager.
Die meisten Kläger sind Privatnutzer
Die zusätzlichen Rückstellungen sind dabei Bestandteil eines Fünf-Punkte-Plans, mit dem Bayer die Risiken aus zukünftigen Rechtsstreitigkeiten insgesamt minimieren will. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Klage des US-Bürgers Edwin Hardeman, dem 25 Millionen US-Dollar zugesprochen wurden. Bayer will die Entscheidung vom obersten US-Gericht, dem Supreme Court, überprüfen lassen.
Je nach Ausgang dieses Verfahrens stellte der Konzern zwei Szenarien in Aussicht: Urteilt der Supreme Court zugunsten von Bayer, wofür der Konzern gute Chancen sieht, würden die Rechtsstreitigkeiten zu Glyphosat in den USA weitgehend beendet sein, so das Unternehmen. Nimmt das Gericht den Antrag von Bayer hingegen nicht an oder urteilt im Sinne des Klägers, will Bayer ein Programm aufsetzen, um mit Klagen und Ansprüchen umzugehen.
Daneben will der Konzern die Glyphosat-basierten Produkte in seinem Portfolio im US-Privatkundenmarkt ab 2023 durch andere Produkte ersetzen. Mehr als 90 Prozent der Kläger seien Privatnutzer, sagte Liam Condon, Leiter der Sparte Crop Science, in einer Telefonkonferenz mit Analysten. Den größten Teil des Umsatzes mit Glyphosat-Produkten macht Bayer allerdings mit Kunden aus der Landwirtschaft.
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