Pharmabranche Dritter Deal in einem Monat: Stada vertreibt rezeptfreie Arzneien von Sanofi

Seit der Übernahme durch die Finanzinvestoren Bain und Cinven 2017 hat Stada mehr als eine Milliarde Euro für Übernahmen ausgegeben.
Frankfurt Der Arzneimittelhersteller Stada übernimmt ab November den Vertrieb von rund 50 frei verkäuflichen Produktmarken des Sanofi-Konzerns in verschiedenen europäischen Ländern. Eine entsprechende Kooperationsvereinbarung gaben beide Unternehmen am Dienstag bekannt. Diese umfasst neben mehreren baltischen Staaten und nordischen Ländern auch die Niederlande, Irland, Malta und Bulgarien.
Mit dem Deal baut Stada sein Angebot in vielen kleineren Märkten Europas aus. „Indem wir die internationalen Marken von Sanofi dort vertreiben, stärken wir unsere Position bei den Apotheken“, sagt Stada-Chef Peter Goldschmidt. Bei den Produkten handelt es sich um etablierte Marken wie etwa das Heuschnupfenmedikament Allegra, den Hustensaft Bisolvon und das Abführmittel Dulcolax.
Die Transaktion ist vor dem Hintergrund der Neuausrichtung des französischen Sanofi-Konzerns zu sehen: Dieser will sein Geschäft mit frei verkäuflichen Produkten auf große internationale Marken und große Märkte fokussieren. 2017 hatte Sanofi seine Tiermedizinsparte gegen das Portfolio frei verkäuflicher Medikamente von Boehringer Ingelheim getauscht.
Sanofi-Chef Paul Hudson hatte Ende Dezember 2019 erklärt, das Consumer-Healthcare-Geschäft als eigenständige Firma auszugliedern. Dabei sollten innerhalb von zwei Jahren das Markenportfolio und die Vertriebsregionen reduziert werden. Der Bereich erzielte 2020 rund 4,4 Milliarden Euro Umsatz.
Stada wiederum ist mit seinen Produkten breit in Europa vertreten, hat aber bei den frei verkäuflichen Medikamenten den Fokus auf nationalen beziehungsweise regional in wenigen Ländern vertretenen Marken.
Stada: dritter Deal in einem Monat
Der Arzneimittelhersteller aus Bad Vilbel profitiert nun weiter von der Neuausrichtung bei Sanofi, weil er sein Portfolio mit Marken ergänzen kann, die Sanofi abstoßen will. Ende Juni hatte Stada bereits 16 frei verkäufliche Marken von den Franzosen erworben. Darunter sind das Hustenmittel Silomat, die Hautschutzsalbe Mitosyl und das Nahrungsergänzungsmittel Frubiase.
Der aktuelle Deal ist damit bereits der dritte innerhalb eines Monats, den Stada festgezurrt hat. Vergangene Woche schloss das Unternehmen auch eine knapp 100 Millionen Euro schwere Vereinbarung mit der schwedischen Biotechfirma Calliditas zur Vermarktung eines Medikaments gegen eine Autoimmunerkrankung der Nieren.
Insgesamt belaufen sich die drei Stada-Deals nach Angaben von Insidern auf einen Wert von zusammen mehr als eine Viertelmilliarde Euro. Bereits im letzten Jahr hatte Stada Zukäufe und und Einlizenzierungen für mehr als 1,2 Milliarden Euro getätigt. Das Unternehmen wuchs auch dadurch 2020 um 18 Prozent auf rund drei Milliarden Euro Umsatz.
Stada-Chef will Consumer-Marken zum zweiten Standbein machen
Stada wurde 2017 von den Finanzinvestoren Bain und Cinven übernommen und wird seit September 2018 von dem früheren Novartis-Manager Goldschmidt geführt, der die Marktposition des Unternehmen kontinuierlich ausbaut.
Die aktuelle Vereinbarung wertet er als weiteren Schritt auf dem Weg, das Geschäft mit Consumer-Marken zu einem ähnlich großen Standbein wie das Geschäft mit Nachahmerprodukten, sogenannten Generika, auszubauen. „So stellen wir Stada stabiler für die Zukunft auf“, sagt Goldschmidt.
Die lange vor allem als Anbieter von Generika bekannte Stada gehört laut Marktforschungszahlen bereits heute in Europa zu den fünf größten Anbietern von frei verkäuflichen Medikamenten. Neben Sanofi sind das Glaxo-Smithkline, die 2018 ihr Geschäft mit dem US-Konzern Pfizer zusammengeschlossen haben, der Bayer-Konzern sowie und Johnson & Johnson.
Generika sind laut Goldschmidt weiterhin ein wichtiger Eckpfeiler. Neben den frei verkäuflichen Marken will er den noch kleinen Bereich der Spezialprodukte, zu denen auch das Calliditas-Produkt gehört, weiterentwickeln. Außerdem soll das Geschäft mit biotechnologisch hergestellten Nachahmerprodukten (Biosimilars) ausgebaut werden.
Die Geschäftszahlen für das erste Halbjahr 2021 will Stada Ende August vorlegen. Goldschmidt verrät bisher so viel: „Unser Geschäft war in den ersten Monaten dieses Jahres erneut durch die Corona-Pandemie und die Lockdowns in vielen Ländern belastet. Aber insgesamt sind wir im ersten Halbjahr zufriedenstellend gewachsen.“
Mehr: Stada will Spezialtherapie für seltene Nierenerkrankung vermarkten
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.