Pharmabranche Mehr als drei Milliarden Franken Corona-Umsatz – So profitiert Roche von der Pandemie

Mit solchen Geräten können Labore große Mengen von Proben automatisiert analysieren.
Basel Die Corona-Pandemie schlägt sich beim Schweizer Pharmariesen Roche in deutlich höheren Umsätzen nieder. Auf mehr als 3,1 Milliarden Franken taxierte Roche-Chef Severin Schwan bei der Präsentation der Bilanz am Donnerstag die Erlöse, die sich auf die Pandemie zurückführen lassen. Das entspricht rund zehn Prozent des Gesamtumsatzes von Roche. Mit 30,7 Milliarden Franken lagen die Erlöse im ersten Halbjahr 2021 um rund acht Prozent über dem Niveau des Vorjahreszeitraums.
Die Analysten von Vontobel lobten, dass der Konzern beim Umsatz die Erwartungen übertroffen habe. Allerdings habe der operative Gewinn etwas unter den Erwartungen gelegen.
Umsatztreiber war – wie schon im ersten Quartal – die Diagnostik-Sparte, deren Umsatz um über 50 Prozent auf neun Milliarden Franken anwuchs. 2,5 Milliarden Franken entfielen allein auf den Verkauf der verschiedenen Corona-Tests. Roche ist einer der Marktführer sowohl bei PCR- als auch bei Antigen-Schnelltests. Darüber hinaus setzte Roche rund 600 Millionen Franken mit einem Antikörper-Cocktail um – einer Therapie für schwer an Corona erkrankte Patienten, den die Schweizer zusammen mit dem US-Biotech-Unternehmen Regeneron entwickelt haben.
Zusätzliche Umsätze habe man mit dem Arthritismittel Actemra erzielt, das unter anderem eine Notfallzulassung in den USA für die Behandlung schwer erkrankter Covid-Patienten erhalten hat, sagte CEO Schwan. „Wir sehen, dass es einen erheblichen Anteil der Bevölkerung gibt, der sich nicht impfen lässt“, so Schwan. Die Folge sei: „Das Virus wird bleiben, und es wird neue Varianten geben.“ Daher werde es auf absehbare Zeit einen Bedarf für Covid-Tests und -Medikamente geben.
Allerdings stellte Bill Anderson, Chef der Pharmasparte von Roche, klar: „Die Impfungen sind die wichtigste Front in der Pandemiebekämpfung.“ Es sei unmöglich, ausreichend Medikamente zu produzieren, um die Pandemie einzudämmen. Er schätzt, dass Roche jährlich Covid-Therapien in zweistelliger Millionenhöhe produzieren könne – ein ähnlicher Umfang wie bei Grippemitteln. Das sei „adäquat“ in einer geimpften Welt.
Diagnostik bleibt Wachstumsmarkt
Roche-Chef Schwan widersprach zudem dem Eindruck, dass der Konzern über Gebühr von der Pandemie profitiere. Der starke Umsatzzuwachs in der Diagnostik auf Kosten der Pharmasparte verändere den Produktmix. „Die Gesamtmarge sinkt, weil die Tests weniger profitabel sind.“ Zudem verwies Schwan darauf, dass Roche zu deutlich günstigeren Konditionen Tests und Medikamente in Entwicklungsländern verkauft. So würden die meisten Dosen der mit Regeneron entwickelten Therapie in Indien verkauft.
Dennoch: In der Diagnostik profitiert Roche von der Pandemie. Das Unternehmen liefert neben den Tests auch die Hardware, sogenannte Cobas-Maschinen, mit denen Labore PCR-Tests voll automatisiert auswerten können. Damit bindet der Konzern viele Labore an sich. „Wir haben unsere Kundenbeziehungen gestärkt“, bestätigte Schwan.
Die Folgen zeigen sich etwa in den USA: Dort sei die Nachfrage nach Covid-Tests zwar insgesamt um bis zu 90 Prozent gesunken, sagte Diagnostik-Vorstand Thomas Schinecker. Das gelte jedoch nicht für die Roche-Tests. Vielmehr würden vor allem Tests vom Markt verschwinden, die manuell ausgewertet werden müssen.
Roche setzt darauf, dass auch nach der Pandemie die Diagnose von Infektionskrankheiten sowie Krebserkrankungen ein Wachstumsmarkt bleibt. Im März kauften die Schweizer für 1,8 Milliarden Dollar die US-Firma Genmark. „Wenn wir verhindern wollen, dass die Kosten im Gesundheitssystem schneller als die Wirtschaftsleistung wachsen, erreichen wir das am besten durch mehr Diagnose“, so Schinecker. Daher investiert Roche rund zwölf Prozent des Umsatzes in der Diagnostiksparte in Forschung und Entwicklung – und nimmt dafür auch niedrigere Margen in Kauf.
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