Pharmakonzern Novartis erwägt Verkauf von Generika-Geschäft

Im dritten Quartal wuchs der Umsatz währungsbereinigt um fünf Prozent auf 13,03 Milliarden Dollar und der bereinigte Betriebsgewinn um neun Prozent auf 4,47 Milliarden Dollar.
Frankfurt Der Schweizer Pharmakonzern Novartis prüft einen Verkauf seines Geschäfts mit Nachahmermedikamenten. Das Unternehmen hat eine strategische Überprüfung seiner Generikasparte Sandoz eingeleitet, teilte der Konzern am Dienstag mit. Dabei würden alle Optionen – von der Beibehaltung des Geschäfts bis hin zur Trennung – geprüft, um zu ermitteln, wie der Wert für die Aktionäre am besten maximiert werden kann, so Novartis.
An der Börse legte die Aktie am Morgen um 1,3 Prozent auf mehr als 78 Schweizer Franken zu.
Spekuliert wird an den Märkten über eine mögliche Abspaltung der Sparte Sandoz mit ihren patentfreien Medikamenten schon seit vielen Jahren. Ob sich Novartis auch einen Zusammenschluss seiner Sparte mit einer anderen Generikafirma vorstellen kann, ließ Konzernchef Vasant Narasimhan in der Telefonkonferenz mit Journalisten am Dienstagmorgen offen. Es sei zu früh, über strategische Optionen zu sprechen, sagte er. Der Prozess sei gerade gestartet.
Ergebnisse der strategischen Überprüfung will der Konzern bis zum Ende des kommenden Jahres geben. Auf die Beteiligung von Novartis an dem Pharmakonzern Roche habe diese Überprüfung keine Auswirkung, sagte Narasimhan auf Nachfrage. Novartis hält ein Drittel der Inhaberaktien von Roche. Auch hier wurde in der Vergangenheit immer wieder über einen möglichen Verkauf spekuliert.
Für eine Abspaltung des Generikageschäfts sprechen verschiedene Faktoren: Zum einen hält der Trend zur Fokussierung des Geschäfts in der Pharmabranche weiter an. Viele Unternehmen haben in den vergangenen Monaten und Jahren Geschäftsbereiche abgelöst. Auch der einst stark diversifizierte Novartis-Konzern hat sein Geschäft zunehmend konzentriert und sich aus Segmenten wie Tiermedizin und Diagnostika verabschiedet.
Starker Druck im US-Markt
Seit dem Amtsantritt von Vorstandschef Vas Narasimhan im Februar 2018 hat Novartis weitere große strategische Transaktionen abgeschlossen: So wurde die Sparte frei verkäufliche Arzneimittel in ein Joint Venture mit Glaxo-Smithkline (GSK) eingebracht, und die Augenheilkundesparte Alcon ging 2019 als eigenständiges Unternehmen mit einer Bewertung von 27 Milliarden Dollar an die Börse.
Seitdem fokussiert sich Novartis auf innovative Arzneimittel, die 2020 für mehr als 80 Prozent des Umsatzes von 48,7 Milliarden Dollar standen und einen noch höheren Anteil zum Gewinn des Unternehmens beitragen, der 2020 rund acht Milliarden Dollar betrug.
Denn die Generikasparte Sandoz kämpft seit Jahren mit dem anhaltenden Preisdruck in der Generikabranche. Vor allem im weltgrößten US-Markt stehen die Akteure stark unter Druck, vor allem, weil die Versicherungen immer höhere Rabatte durchsetzen.
Das hatte schon andere Unternehmen der Branche in den vergangenen Jahren dazu bewogen, ihr Generikageschäft zu verkaufen oder mit anderen Playern zu fusionieren. So formte der US-Konzern Pfizer im vergangenen Jahr aus seiner Generikasparte zusammen mit dem Konzern Mylan den neuen globalen Branchenführer Viatris.
Der inzwischen börsennotierte Konzern erwartet in diesem Jahr einen Umsatz von mehr als 17 Milliarden Dollar. Der einstige Marktführer in der Generikabranche, die israelische Teva, kam zuletzt auf einen Jahresumsatz von knapp 17 Milliarden Dollar. Damit sind beide Wettbewerber deutlich größer als Sandoz mit zuletzt 9,6 Milliarden Euro Jahresumsatz in 2020. Auch wenn der Schweizer Sandoz-Konzern in vielen Regionen der Welt eine führende Rolle spielt, verliert das Unternehmen gegenüber der neu formierten Konkurrenz im Markt an Gewicht. Größenvorteile spielen in der Branche eine bedeutende Rolle, um auch mit der preisgünstigen asiatischen Konkurrenz mithalten zu können.
Sandoz verliert an Bedeutung
Speziell bei Novartis zeigt sich bereits seit einiger Zeit, dass Sandoz mit seinem Konzernbeitrag angesichts der deutlich dynamischeren Entwicklung der innovativen Arzneimittel an Bedeutung verliert. Das spiegeln auch die Zahlen des dritten Quartals wider, die Novartis am Dienstag präsentierte: Während das Pharmageschäft mit Topprodukten wie dem Herzmittel Entresto und Cosentyx gegen Schuppenflechte um acht Prozent auf 10,6 Milliarden Dollar Umsatz wuchs, büßte Sandoz leicht um einen Prozent auf 2,4 Milliarden Dollar ein. Erneut belastete der Preisdruck und machte die Volumensteigerungen zunichte, in den USA verlor Sandoz rund 20 Prozent Umsatz. Der operative Kerngewinn von Sandoz sank um 13 Prozent auf 571 Millionen Dollar.
Alles in allem konnte Novartis im dritten Quartal seinen Umsatz um sechs Prozent auf 13 Milliarden Dollar steigern. Das um Sondereffekte bereinigte operative Kernergebnis wuchs um zehn Prozent auf 4,5 Milliarden Dollar. Das Unternehmen sieht weiterhin leichte negative Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Teile des Geschäfts, vor allem in den Bereichen Onkologie und Generika. Allerdings normalisiere sich die Covid-19-Situation in den meisten Regionen und Therapiebereichen, heißt es.
Mehr: Novartis-Medikament verfehlt Wirkungsnachweis bei Lungenkrebs.
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