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Pharmaunternehmen Biontech vor Bayer – So wirbelt Corona die Branche durcheinander

Die hohe Nachfrage nach Covid-Impfstoffen und -Medikamenten beflügelt das Geschäft der Pharmaunternehmen. Drei Biotechfirmen gehören zu den Gewinnern.
29.11.2021 - 12:00 Uhr 1 Kommentar
Der Impfstoffentwickler leitet mittlerweile den wertvollsten deutschen Pharmakonzern. Quelle: Bernd Roselieb für Handelsblatt
Biontech-Chef Ugur Sahin

Der Impfstoffentwickler leitet mittlerweile den wertvollsten deutschen Pharmakonzern.

(Foto: Bernd Roselieb für Handelsblatt)

Frankfurt Die Coronapandemie beschert der Pharmaindustrie den stärksten Wachstumsschub seit Jahrzehnten. Dank hoher Zusatzerlöse in der Coronapandemie und einer Erholung im angestammten Pharmageschäft dürfte die Branche 15 bis 20 Prozent mehr Umsatz machen als im Vorjahr.

Darauf jedenfalls deuten die jüngsten Quartalszahlen und Prognosen der weltweit führenden Arzneimittelanbieter hin. Die 30 größten Unternehmen der Branche haben nach Berechnung des Handelsblatts ihren Umsatz in den ersten neun Monaten 2021 um rund 108 Milliarden Dollar auf zusammen fast 600 Milliarden Dollar gesteigert. Das entspricht einem Plus von rund 22 Prozent.

Angesichts der wachsenden Bedrohung durch neue Virus-Mutationen wie die jüngst entdeckte Omikron-Variante zeichnet sich ab, dass der Covid-bedingte Boom den führenden Akteuren auch im kommenden Jahr noch deutlichen Auftrieb geben könnte. Denn der Bedarf an Impfstoffen und Therapien dürfte vorerst noch zunehmen, bevor sich die Situation normalisiert.

Das mittlerweile erhebliche Gewicht des Covid-Geschäfts verdeutlicht ein näherer Blick auf die jüngsten Quartalsresultate: Die zehn Pharmafirmen, die auf dem Feld mit eigenen Produkten vertreten sind, verbuchten in den ersten neun Monaten 2021 zusammen rund 66 Milliarden Dollar Umsatz mit Covid-Impfstoffen und -Medikamenten. Fast zwei Drittel des Branchenwachstums gehen damit aktuell allein auf den Coronaeffekt zurück. Der Rest entfällt auf höhere Erlöse bei anderen Medikamenten sowie auf Währungs- und Akquisitionseffekte.

Allein gut 50 Milliarden Dollar an zusätzlichen Erlösen verbuchten dabei die drei führenden Impfstoffhersteller Pfizer, Biontech und Moderna. Darüber hinaus haben Firmen wie Regeneron, Gilead, Roche und Eli Lilly Erlöse von zusammen mehr als zwölf Milliarden Dollar mit Medikamenten gegen Covid-19 eingefahren.

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Geht man von den letzten Prognosen der Firmen aus, dürften sich die Covid-Umsätze im Gesamtjahr auf ein Volumen von mindestens 95 bis 100 Milliarden Dollar addieren, wovon etwa 80 Prozent auf Impfstoffe entfallen werden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Zahlen von Biontech und Pfizer eine gewisse Doppelzählung enthalten, weil der von Biontech ausgewiesene Umsatz zu einem erheblichen Teil aus Vorlieferungen an Pfizer und aus Gewinnanteilen aus der Partnerschaft mit dem US-Konzern resultiert.

Dessen ungeachtet dürften Impfstoffe und Medikamente gegen Covid-19 inzwischen bereits die zweitgrößte Einzelkategorie im Pharmasektor nach Krebsmedikamenten repräsentieren. Der Covid-Boom hat dabei das Wachstumsgefälle zwischen den Firmen erheblich verstärkt und zugleich die Rangordnung in der Branche durcheinandergewirbelt.

So ist der US-Konzern Pfizer, der im vergangenen Jahr noch von den Konkurrenten Roche, Novartis und Abbvie überrundet wurde, dank der riesigen Umsätze mit dem (von Biontech entwickelten) Covid-Impfstoff Comirnaty wieder zur unangefochtenen Nummer eins der pharmazeutischen Industrie aufgestiegen. Und dies, obwohl er zwischenzeitlich sein rund acht Milliarden Dollar großes Geschäft mit patentfreien Produkten in das neue Unternehmen Viatris ausgegliedert hat.

Biontech landet vor Bayer

Gleichzeitig konnten sich mit Biontech aus Mainz sowie den US-Firmen Moderna und Regeneron auf einen Schlag gleich drei Vertreter aus dem Biotech-Sektor neu unter den 25 umsatzstärksten Pharmafirmen der Welt etablieren.

Biontech rangiert – mit einem Umsatz von umgerechnet rund 16,1 Milliarden Dollar in den ersten neun Monaten – inzwischen sogar knapp vor Bayer, das auf Rang 16 der Weltpharmaindustrie landet. Das junge und bis vor wenigen Jahren noch weithin unbekannte Mainzer Unternehmen ist damit inzwischen sowohl nach Marktkapitalisierung (derzeit bei 75 Milliarden Euro) als auch am Umsatz gemessen der führende deutsche Pharmahersteller – vor Bayer und Boehringer.

Moderna hat sich mit seinem erfolgreichen Covid-Impfstoff Spikevax auf Position 21 in der Branche katapultiert, knapp gefolgt vom Biotech-Unternehmen Regeneron, das mit seinem Antikörper-Cocktail gegen Covid rund 4,7 Milliarden Dollar in den ersten neun Monaten umgesetzt hat und damit seinen Gesamtumsatz gegenüber dem Vorjahr nahezu verdoppeln konnte.

Die anhaltende Corona-Pandemie garantiert den Impfstoffentwicklern weitere Umsätze. Quelle: dpa
Booster-Impfungen

Die anhaltende Corona-Pandemie garantiert den Impfstoffentwicklern weitere Umsätze.

(Foto: dpa)

Rückenwind durch das Covid-Geschäft – wenn auch in weitaus geringerem Maße - erhielten ferner der britische Pharmakonzern Astra-Zeneca mit seinem Impfstoff Vaxzevria und der US-Hersteller Eli Lilly mit seinen Antikörper-Wirkstoffen. Beide Konzerne verbuchten darüber hinaus auch solide Zuwächse mit ihren Krebs- und Diabetesmedikamenten. Astra-Zeneca profitierte ferner von der im Juli abgeschlossenen Übernahme der US-Firma Alexion.

Bei den meisten Akteuren zeichnet sich inzwischen ab, dass der Covid-Effekt deutlich über 2021 hinausreichen könnte. Denn angesichts der nach wie vor hohen Infektionsraten, neuer Virus-Varianten und des starken Trends zu Booster-Impfungen bleibt der Bedarf an Impfstoffen und Therapien vorerst hoch. Das wiederum dürfte sowohl den Impfstoffentwicklern wie Biontech und Moderna zugutekommen als auch den Anbietern von Medikamenten.

Branchenführer Pfizer wird nach Erwartung von Analysten im kommenden Jahr seine Vormachtstellung in der Branche noch weiter ausbauen. Denn zusätzlich zum umfangreichen Impfstoffgeschäft im Rahmen der Allianz mit Biontech zeichnen sich für den US-Konzern auch hohe Umsätze mit seinem neu entwickelten Coronamedikament Paxlovid ab, das jüngst in einer Studie sehr starke Daten lieferte. Eine Notfallzulassung für das Mittel dürfte noch in diesem Jahr erfolgen, die US-Regierung hat bereits zehn Millionen Dosen für 5,3 Milliarden Dollar geordert.

Steigende Umsätze auch im angestammten Geschäft

Im Schatten der Covid-Pandemie hat sich unterdessen auch das reguläre Pharmageschäft im Jahresverlauf deutlich verbessert. Klammert man die Covid-Umsätze aus, erreichen die Top 30 der Pharmabranche einen Umsatzanstieg von immerhin sieben Prozent auf 531 Milliarden Dollar in den ersten neun Monaten. Bereinigt um Währungseffekte, dürfte das einem realen Wachstum im angestammten Arzneimittelgeschäft von um die fünf Prozent entsprechen. Im ersten Quartal allein hatte die Branche außerhalb des Covid-Geschäfts gerade mal um knapp ein Prozent zugelegt.

Auch jene Pharmafirmen, die im Covid-Geschäft gar nicht vertreten sind, konnten daher zuletzt eine deutlich bessere Performance vorweisen als noch zu Jahresbeginn.

Die deutschen Pharmahersteller Merck und Bayer etwa berichteten für die ersten neun Monate währungsbereinigte Umsatzsteigerungen von sechs und sieben Prozent, gegenüber vier Prozent Umsatzrückgang im ersten Quartal allein. Ein ähnlicher Trend zeigt sich auch bei den meisten internationalen Konkurrenten. Beim Branchenzweiten Abbvie etwa beschleunigte sich das Umsatzwachstum von fünf Prozent im ersten Quartal auf elf Prozent in den ersten neun Monaten, bei Novartis von einem auf sieben Prozent.

Hierbei spielt auch ein gewisser Nachholeffekt eine Rolle: Denn unter dem Einfluss der Pandemie und der damit verbundenen Lockdown-Maßnahmen waren im vergangenen Jahr die Verordnungen in etlichen Teilbereichen des Pharmamarkts rückläufig. Das hat sich inzwischen normalisiert und damit in den letzten beiden Quartalen zu ungewohnt kräftigen Zuwächsen bei etablierten Medikamenten geführt.

Mehr: Was bisher über den Impfschutz gegen die Omikron-Variante bekannt ist.

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  • Hochinformativer Artikel !
    Wenn der andere Beitrag über den gegenstandslosen Bitcoin schon 8 Antworten einbringt, dann fühle ich mich bemüßigt, diesen Artikel besonders zu loben.

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