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Pipeline-Planer „Nord Stream 2 wäre eine gigantische Investitionsruine“

Die Spezialisten des Unternehmens ILF sind an dem Milliardenprojekt beteiligt – und wollen künftig noch stärker auf erneuerbare Energien und Infrastruktur setzen.
22.04.2019 - 12:08 Uhr 1 Kommentar
Trotz der politischen Spannungen wurden inzwischen 600 Kilometer der als Doppelstrang angelegten Pipeline verlegt, ein Viertel der Gesamtlänge. Quelle: AFP
Bauarbeiten für Nord Stream 2 in Lubmin

Trotz der politischen Spannungen wurden inzwischen 600 Kilometer der als Doppelstrang angelegten Pipeline verlegt, ein Viertel der Gesamtlänge.

(Foto: AFP)

München Adolf Feizlmayr wird nicht so schnell nervös. Mit seinem Ingenieur- und Beratungsunternehmen ILF hat der 81-Jährige schon Pipelines durch den Irak und Pakistan geplant, Kraftwerke im Senegal und Flughäfen in Kasachstan. Doch als US-Präsident Donald Trump anfing, öffentlich gegen das Milliardenprojekt Nord Stream 2 zu wettern, da habe man sich „eine Zeit lang schon Sorgen gemacht“, sagt Feizlmayr.

Die ILF hatte ein halbes Jahr vorher im Frühjahr 2017 den Auftrag gewonnen, die Anlandungen der Pipeline in Russland und Deutschland – also den Übergang von Meer zu Land mit den Übergabestationen – zu planen.

Trump wollte die Pipeline, die Gas von Russland nach Deutschland bringen soll, verhindern und drohte deutschen Firmen, die sich daran beteiligen, mit Sanktionen. Offiziell fürchtet die US-Regierung eine zu starke Abhängigkeit Europas von russischem Gas. Allerdings hätten die USA ohne Nord Stream 2 auch größere Chancen, ihr Flüssigerdgas auf den europäischen Markt zu exportieren.

Für die beteiligten Unternehmen hatte der harte Kurs aus Washington Folgen. Banken mit einem starken US-Geschäft hätten Sorgen gehabt, dass ein Engagement für sie negative Konsequenzen haben könnte, sagt ILF-Co-Geschäftsführer Tobias Walk. „Wir mussten mit einigen Instituten neue Wege finden.“ Zudem zog sich die ILF aus dem Iran zurück.

Man habe sehr viel Geld in den Iran investiert, ergänzt Feizlmayr, Mitgründer und heute Aufsichtsratsvorsitzender. „Als die Aufträge gekommen wären, hat uns der liebe Trump das kaputt gemacht.“ Ein potenzieller Umsatz von 17 Millionen Euro sei der ILF entgangen.

Der ILF-Mitgründer hat schon Pipelines durch den Irak und Pakistan geplant. Quelle: PR
Adolf Feizlmayr

Der ILF-Mitgründer hat schon Pipelines durch den Irak und Pakistan geplant.

(Foto: PR)

Doch inzwischen sieht es so aus, als ob die an Nord Stream 2 beteiligten Firmen langsam entspannen können. „Nach der Einigung auf europäischer Ebene sollte jetzt alles stabil laufen“, sagt Walk. Der Bau sei so weit fortgeschritten, dass er kaum noch gestoppt werden könne. „Das wäre ja eine gigantische Investitionsruine.“ Technisch laufe der Bau der Pipeline reibungslos: „Da ist es ein Standardprojekt.“

Das Unternehmen ILF Beratende Ingenieure kommt in der Gruppe mit etwa 2.200 Mitarbeitern auf rund 210 Millionen Euro Umsatz. Etwa 40 bis 45 Prozent der Erlöse werden im Öl- und Gasgeschäft gemacht. „Wir wollen uns breiter aufstellen“, sagt Co-Geschäftsführer Fred Wendt.

Wachstumspotenzial sehe die Gruppe vor allem im Bereich der erneuerbaren Energien, zum Beispiel bei Power-to-Gas-Anlagen, die überschüssigen Windkraft- und Solarstrom in Wasserstoff umwandeln können, und im Bereich der Infrastruktur. Die ILF plant derzeit unter anderem die neue Stromtrasse Suedlink, die Windstrom aus Norddeutschland Richtung Bayern bringen soll, und den zweiten Münchener S-Bahn-Tunnel.

Doch noch muss auch Nord Stream 2 zu Ende gebracht werden. Mit der Pipeline sollen jährlich bis zu 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus Russland direkt nach Deutschland transportiert werden können. Bislang werden große Mengen russischen Gases durch Osteuropa in Richtung Westen geleitet.

„Wir machen mit russischen und amerikanischen Kunden stabile Geschäfte“

Länder wie die Ukraine, die Slowakei und Polen verdienen daran über sogenannte Durchleitungsgebühren viel Geld. Sie fürchten, dass ihnen Transitgebühren in Milliardenhöhe wegbrechen. Trotz der politischen Spannungen wurden inzwischen 600 Kilometer der als Doppelstrang angelegten Pipeline verlegt, ein Viertel der Gesamtlänge. Bis Ende des Jahres soll der Bau abgeschlossen sein.

An dem Vorhaben sind neben Gazprom auch die deutschen Unternehmen Uniper und Wintershall beteiligt, daneben noch OMV, Shell und der französische Versorger Engie.

Sich aus dem Projekt zurückzuziehen habe ILF zu keinem Zeitpunkt erwogen, sagt Feizlmayr. Das Unternehmen halte sich an alle Sanktionen und gesetzlichen Regelungen, wenn es sie gebe. Man mache aber nicht selber Politik. „Wir machen sowohl mit russischen als auch mit amerikanischen Kunden stabile Geschäfte.“

Als Firma sei Nord Stream 2 für die ILF kein Risiko mehr, die Bezahlung erfolgt nach Planungs- und Baufortschritt. Für die Pipeline insgesamt gebe es aber immer noch ein Restrisiko. „Da hängt das Damoklesschwert.“

Die Planung einer Gaspipeline ist für die ILF technologisch Routine. Ganz anders sieht es bei Suedlink aus. „Es ist ein sehr dynamisches Projekt“, drückt es Geschäftsführer Wendt aus. Zum einen sind die technologischen Herausforderungen bei dem größten Infrastrukturprojekt der Energiewende groß. Die Kabel der 800 Kilometer langen Trasse sollen unter der Erde verlegt werden, über solche Distanzen hat das weltweit noch niemand gemacht.

Zudem ist die Planung schwierig. „Wir kreuzen 45.000 Grundstücke“, sagt Wendt. Entscheidend seien Transparenz und eine frühe Bürgerbeteiligung, um eine hohe Akzeptanz zu erreichen. Da Neuland betreten wird, weiß niemand, ob der Kostenrahmen von geschätzten zehn Milliarden Euro und der Zeitplan – 2025 soll der Strom fließen – eingehalten werden können. Doch ILF-Geschäftsführer Wendt ist insgesamt zuversichtlich: „Wir liegen nach wie vor im Zeitplan. Das Projekt ist auf sehr gutem Weg.“

So groß die Schwierigkeiten oft auch sind: Feizlmayr sieht die deutsche Energiewende als Exportmodell. In Ländern wie Saudi-Arabien seien die Konzepte gefragt, in Entwicklungsländern könnten dezentrale Energieversorgungsprojekte helfen, die Infrastruktur aufzubauen. „Das wäre auch eine Möglichkeit, den Migrationsdruck zu mindern“, sagt der ILF-Mitgründer.

Allerdings dauere die Planung von Infrastrukturprojekten in anderen Ländern in der Regel viel zu lange. Engstelle sei oft nicht die Finanzierung, sondern die Projektvorbereitung. Feizlmayr hat daher beim Verband Beratender Ingenieure (VBI) eine Initiative für ein beschleunigtes Verfahren zur Vorbereitung von Projekten im Infrastrukturbereich angestoßen.

Dieses könne zum Beispiel bei der Vergabe von Mitteln aus dem von der Bundesregierung zugesagten Fonds über eine Milliarde Euro für die Förderung privater Investitionen in Afrika angewandt werden. „Das wäre Entwicklungshilfe at its best“, ist Feizlmayr überzeugt.

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1 Kommentar zu "Pipeline-Planer: „Nord Stream 2 wäre eine gigantische Investitionsruine“"

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  • Was ist das für eine seltsame Überschrift?! Nicht Nord Stream 2 wäre eine gigantische Investitionsruine, sondern dessen Stop, wie es im Text auch gesagt wird. Hat sich da Jemand den Text nicht durchgelesen, als er den Titel eingetippt hat?

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