PKW-Markt Spanier kaufen wieder Autos

Spanien ist hinter Deutschland der zweitgrößte Autohersteller in Europa. Den einheimischen Absatz kurbelt die Regierung auch mit Prämien an.
Madrid Für Auto-Manager waren die Zeiten schon mal leichter: Absatzeinbruch in Russland, Wachstumstal in China und Krisen in Südeuropa machen der Branche zu schaffen. Doch 2015 markiert zumindest in Spanien die Wende, dem zweitgrößten Herstellermarkt Europas. Nach einer sieben Jahren währenden Rezession sind im vergangenen Jahr 21 Prozent mehr Autos in Spanien verkauft worden als im Jahr zuvor.
Insgesamt wurden 1,03 Millionen PKW zugelassen – das beste Ergebnis seit sechs Jahren. Der deutliche Anstieg zeigt die Zuversicht der Spanier, dass die Wirtschaft sich nachhaltig erholt. Auch zu Beginn dieses Jahres setzt sich der Trend fort: Im Januar sind 12 Prozent mehr Autos zugelassen worden – das besten Januar-Ergebnis seit 2008. „Die Autobranche ist sehr zyklisch – wir beobachten in jedem Aufschwung, dass dieser Sektor stärker wächst als der Rest der Wirtschaft“, sagt Pedro Nueno, BWL-Professor an der spanischen Business School IESE. Die spanische Wirtschaft ist im vergangenen Jahr um 3,2 Prozent gewachsen – doppelt so viel wie Deutschland und mehr als vier Mal so viel wie Italien.
Den Kauf eines neuen Autos kann man gut einige Zeit hinauszögern, wenn die Zukunft unsicher scheint. Genau das haben die Spanier in den Jahren der Rezession getan: Ihre Autos gehören zu den ältesten in Westeuropa. Ein PKW in Spanien hat im Schnitt 11,6 Jahre auf dem Buckel. Im Jahr 2002 waren es gut vier Jahre weniger. Die Autoverbände warnen bereits vor Sicherheitsrisiken.
Klar ist aber: Der Nachholbedarf ist enorm – eine gute Nachricht für die Hersteller. Vor allem Unternehmen schlagen wieder zu und erneuern ihre Firmenflotten: Im vergangenen Jahr kauften sie 31 Prozent mehr Wagen als im Vorjahr.
Der spanische Verband der Autohersteller ANFAC erklärt die Zunahme neben der verbesserten wirtschaftlichen Situation auch mit der staatlichen Absatzförderung. Zunächst erhielten private Käufer von Neuwagen 2000 Euro Rabatt, wenn ihr bisheriges Auto älter als zehn Jahre war. Seit März vergangenen Jahres sind es noch 1500 Euro.
Die Regierung will damit zum einen die für sie so wichtige Autobranche fördern. Zum anderen sollen durch den Kauf von verbrauchsärmeren neuen Modellen die CO2-Ausgaben gesenkt werden. Allerdings gibt es die Finanzhilfen schon seit Jahren – viel genutzt haben sie zu den Hochzeiten der Krise auch nicht.
Der Markt erholt sich aber nicht nur bei den Verkäufen, sondern wird auch als Standort für ausländische Hersteller attraktiver. In der Krise hat die konservative Regierung die Arbeitsbestimmungen deutlich gelockert. Unternehmen können jetzt unabhängig von Tarifverträgen die Arbeitszeiten festlegen. Führt ein Autohersteller etwa ein neues Modell ein, kann er von seinen Mitarbeitern verlangen, dass sie eine Zeit lang auch am Wochenende arbeiten und ihre Stundenzahl in ruhigeren Zeiten dafür reduzieren. Zudem können die Unternehmen je nach ihrer wirtschaftlichen Lage die Einstiegsgehälter selbst bestimmen, was zu einer neuen Klasse von Niedriglöhnen in Spanien geführt hat. Den Unternehmen hilft das, wettbewerbsfähiger zu werden.
Zahlreiche ausländische Konzerne haben im vergangenen Jahr ihre Investitionen in Spanien verstärkt. Ford etwa hat eine Fabrik in Belgien geschlossen und die Produktion nach Valencia verlagert, samt einer Investition von 2,3 Milliarden Dollar (umgerechnet zwei Milliarden Euro).
Fast alle großen Autokonzerne produzieren in Spanien. Das Land ist hinter Deutschland der zweitgrößte Autohersteller in Europa. „Spanien bietet anders als China gut ausgebildetes Personal, eine gute Logistik und ein dichtes Netz von Zulieferern“, sagt BWL-Professor Nueno. Die Arbeitskosten pro Stunde lagen 2013 in der Branche mit einem Stundenlohn von knapp 27 Euro deutlich unter dem Niveau von Deutschland, wo gut 48 Euro gezahlt werden.
Selbst einige spanische Unternehmen sind stärker aus der Krise hervor gegangen. So hat der Auto-Zulieferer Grupo Antolín seinen Umsatz seit 2007 um knapp ein Drittel gesteigert – auch aufgrund der Reformen. Im vergangenen Sommer hat er den Zukauf von Magna Interiors abgeschlossen mit Sitz bei München. Grupo Antolín verdoppelt damit seinen Umsatz fast auf rund vier Milliarden Euro und ist nun der weltweit drittgrößte Hersteller von Inneneinrichtungen.