Seit mehr als 50 Jahren hat BMW einen Großaktionär, um den die Münchener in der Branche beneidet werden. Gut 48 Prozent der Stimmrechte halten Johanna Quandt sowie ihre Kinder Stefan Quandt und Susanne Klatten. Am Bekenntnis zu dem Erbe ihres Vaters lassen die Kinder wenig Zweifel: Beide nehmen als Mitglieder des Aufsichtsrats aktiv Einfluss auf die Geschicke des Unternehmens. Das Ergebnis ist eine stetige Unternehmenspolitik, die den Kapitalmarkt nicht mit kurzfristigen Renditen beeindrucken will. Dennoch fährt BMW Spitzengewinne ein und schüttet in diesem Jahr eine Rekorddividende aus.
Noch nie war BMW so profitabel wie heute. Längst operiert die Autosparte deutlich über dem Zielkorridor von acht bis zehn Prozent Umsatzrendite. Das Ergebnis ist eine schon fast überbordende Liquidität. Inzwischen hortet der Konzern Barmittel von mehr als zwölf Milliarden Euro. Noch ist unklar, was die Münchener mit dem Geld vorhaben. Die Aktionäre sollen eine Dividende von rund 1,5 Milliarden Euro erhalten, fast die Hälfte davon geht an die Großaktionäre der Quandt-Familie. Ein weiterer Teil steckt der Konzern in die Entwicklung alternativer Antriebe. BMW will im kommenden Jahr Elektroautos in Großserie produzieren und als erster Autohersteller der Welt Karosserien aus Kohlefaser in großen Stückzahlen herstellen.
Außerdem steht die Erweiterung der Produktion in China auf dem Programm, in Russland und den USA sollen ebenfalls die Fertigungen ausgebaut werden. Ein Großteil des Geldes dürfte jedoch als Polster für schlechte Zeiten dienen und sichert BMW am Kapitalmarkt ab. Der Konzern hat in den vergangenen Jahren aufgrund seiner guten Finanzlage sein Rating deutlich verbessert. Zurzeit bezahlen die Münchener für dreijährige Anleihen etwas über zwei Prozent Zinsen. Während der Finanzkrise waren es fast neun Prozent. Als ausgeschlossen gilt ein Zukauf in der Autosparte. BMW hatte 1994 den Massenhersteller Rover übernommen und war anschließend in Schieflage geraten.
Das wohl größte Vermögen der Münchener schlummert in ihren Markenwerten. BMW, Mini und Rolls-Royce sind weltweit ausgezeichnet positioniert, die Kunden sind bereit, mehr zu zahlen als für ein Allerweltsprodukt. Alleine BMW wird mittlerweile auf einen Markenwert von über 22 Milliarden Dollar geschätzt, damit ist die Marke deutlich mehr wert als die Konkurrenten Daimler und Audi. In den guten Namen wird reichlich investiert. So eröffneten die Münchener für fast eine halbe Milliarde Euro ein Abholzentrum direkt neben dem Stammwerk. Die "BMW-Welt" gilt mittlerweile als die größte Touristenattraktion der Stadt und zieht mehr Besucher an als das Schloss Neuschwanstein.
Peinlich genau legt BMW Wert auf strikte Markentrennung. Mini, BMW und Rolls-Royce laufen über strikt getrennte Vertriebskanäle. In Markenlabors werden Verkäufer und Händler geschult, um die Zielgruppen klar voneinander zu trennen. Die Aufteilung lautet: Mini ist hip und cool, BMW steht für Sachlichkeit und Präzision, Rolls-Royce ist der Luxus für die Superreichen. Angedockt werden Submarken. So startet unter dem Namen "BMW i" im kommenden Jahr ein Label für die geplanten Elektroautos. Der hohe Markenwert hilft aber nicht nur dem Absatz. BMW zählt bei Umfragen seit Jahren zu den beliebtesten Arbeitgebern in Deutschland - ein wichtiger Trumpf im Kampf um die Köpfe von morgen.
Der „i3“ wird neben einem vollelektrischen Antrieb auch eine Karosserie aus Kohlefaser erhalten. Das bereits im Flugzeugbau erprobte Material soll das Gewicht der Batterien kompensieren und dem "i3" einen Vorsprung vor der Konkurrenz verschaffen. Gemeinsam mit dem Kohlefaserspezialisten SGL Carbon wurde ein Joint Venture gegründet, um die Kohlefaser in den USA herzustellen. BMW selbst verarbeitet den Werkstoff in den Standorten Wackersdorf, Landshut und Leipzig. An dem strategisch wichtigen Zulieferer SGL Carbon haben der Autobauer und BMW-Großaktionärin Susanne Klatten jetzt kombiniert 43 Prozent und damit gegenüber Volkswagen mit acht Prozent das Sagen. Der Nachteil: Noch ist Kohlefaser mindestens um den Faktor zehn teurer als Stahl und schwer zu verarbeiten. Nur hohe Stückzahlen und große Fortschritte im Verarbeitungsprozess machen eine solche Produktion rentabel. Die wahren Kosten des Abenteuers Kohlefaser lassen sich für BMW und seine wichtigste Anteilseignerin bislang nur erahnen.
Für Norbert Reithofer ist ausgemacht: Die Schlacht um die Vorherrschaft im Premiumsegment tobt in den kommenden Jahren vor allem bei Kleinwagen. Jahrelang war das für BMW kaum ein Thema. Doch 2001 retteten die Münchener aus den Trümmern ihrer Rover-Beteiligung die Kleinwagenmarke Mini. Seitdem entwickelt sich die britische Tochter prächtig. Waren einst 100 000 Stück pro Jahr geplant, so peilt BMW in diesem Jahr fast dreimal so hohe Mini-Verkäufe an. Mini ist ein Pionier: Erstmals sind Kunden bereit, für Kleinwagen deutlich mehr als 20 000 Euro zu bezahlen. Neben dem Basismodell bietet die britische Kultmarke mittlerweile ein Cabrio, einen Geländewagen, einen Roadster und ein Coupé an.
Audi und Daimler wollen ihre Stückzahlen bei den Stadtflitzern deutlich erhöhen. Der VW-Konzern zieht seine Synergien aus viel höheren Stückzahlen, der Mini-Konkurrent A1 ist eine Ableitung des Massenprodukts VW-Polo. Bei BMW sind die Synergien zwischen Mini (Frontantrieb) und BMW (Heckantrieb) jedoch gleich null. Das soll sich jetzt ändern. Zum einen bauen die Münchener ihre Zusammenarbeit mit Peugeot-Citroën aus, zum anderen sollen ab 2014 alle BMW-Kompaktmodelle und Mini auf eine gemeinsame technische Plattform gestellt werden.
Die Ölpreise steigen fast so schnell wie die Vorschriften für den Klimaschutz. Wer im Jahr 2020 in Europa, den USA oder Japan noch Autos verkaufen will, kommt an alternativen Antrieben nicht mehr vorbei. BMW gehört zu den Autoherstellern, die das schon relativ früh erkannt haben. Konsequenter als andere setzt der Konzern auf Elektroautos. Doch während Daimler zusätzlich an der Einführung von Brennstoffzellen arbeitet, ist BMW skeptisch. "Wir sehen keinen nennenswerten Serieneinsatz des Wasserstoffantriebs bis 2025", sagt Konzernchef Norbert Reithofer. Es fehle vor allem an der Infrastruktur. Trotz aller Ankündigungen haben weder der Gasekonzern Linde, noch die Ölkonzerne ein nennenswertes Netz von Wasserstofftankstellen aufgebaut.
Kürzlich machte eine Meldung die Runde, die BMW sofort dementierte. In der Slowakei, nahe der ukrainischen Grenze, plane der Konzern ein Werk für Kleinwagen mit einer Kapazität von mehreren Hunderttausend Autos pro Jahr. Alles nur halb gare Meldungen slowakischer Regionalmedien? Wie kaum ein anderer Autohersteller ist BMW mit seiner Produktion auf Deutschland fixiert. Anders als die Konkurrenten Daimler und Volkswagen haben sich die Münchener Anfang des Jahrtausends für Leipzig als neue Produktionsstätte entschieden.
Die Konkurrenz setzt auf günstigere Löhne in der Slowakei und Ungarn. Auch weltweit betrachtet droht dem Verhältnis Absatz und Produktion eine Unwucht. Noch profitiert BMW von dem schwachen Euro, der die Exporte aus Deutschland zusätzlich attraktiv macht. Doch die Schere geht immer weiter auf: Zwölf Milliarden Euro jährlich beträgt nach Analystenschätzungen BMWs Umrechnungsvolumen gegenüber chinesischem Yuan und dem US-Dollar. Eine so hohe Summe ist gegen Währungsschwankungen anfällig. Ein Auseinanderbrechen der Währungsunion und die Aufwertung eines "Folge-Euros" wäre für BMW fatal. BMW reagiert und schafft zusätzliche Produktionskapazitäten in China, den USA und den Schwellenländern. Dort wachsen die Märkte. Das hat Folgen: Sollte der Absatz in Europa weiter lahmen, bekommen mittelfristig auch die deutschen BMW-Werke ein Problem mit der Auslastung.
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Ein sehr interessanter und umfassender Bericht! Allerdings habe ich zwei Anmerkungen:
1. Bezüglich BMWs Investitionen in alternative Energien: BMW wird zukünftig im Rahmen der kürzlich verkündeten Zusammenarbeit mit Toyota auch in Brennstoffzellen investieren.
2. Die Zusammenarbeit zwischen BMW und Peugeot-Citroen soll mehreren Berichten zufolge auf Eis gelegt werden.
Wollen Sie damit sagen, dass die Zuverlässigkeitsreports manipuliert sind ?Die Amerikaner müssen und werden noch lernen, dass Produkte, die NICHT in VSA hergestellt werden, qualitativ besser sind als heimische Produkte. Die Entscheidung von Audi für Mexiko ist richtig. Die Amis wollen gute deutsche Autos, die sparsamer und zuverlässiger als ihre "home made cars". Ob sie aus Mexiko kommen oder nicht, ist doch unwichtig.
Beitrag von der Redaktion gelöscht. Bitte achten Sie auf unsere Netiquette: http://www.handelsblatt.com/netiquette
B lack M ans W heel
Bei Mercedes kann man die schlechte Qualität nicht reklamieren. Der Händler macht nichts, Mercedes selber hat keinerlei Kontaktstelle für Reklamationen. Klar, ich kaufe keinen Mercedes mehr.
Was hat das HB für diesen Artikel von BMW kassiert? Es klingt doch wie eine einzige Hommage an den Autobauer aus Bayern. Was lesen wir morgen über VW? Von Ford und Opel wird es wohl keinen Obolus für HB geben. Also wird es über die beiden auch keinen Artikel geben.
wir hatten auch zwei 7er in der Firma und beide hatten viele Elektrikprobleme^^
Eine Marke die einen J. Fischer unterhält kommt für uns niemals mehr in Frage. Obendrein werden Arbeitsplätze systematisch ins Ausland verlagert, aber hierzulande den Mund nicht aufbekommen und noch den verantwortlichen Parteiberufsopportunisten in den allerwertesten kriechen.
Keine Frage BMW baut tolle Autos. Ich selbst habe 3 BMW 7er gefahren aus unterschiedlichen Modellvarianten. Tolle Autos. Aber sitzt nicht Audi BMW im Nacken? In China ist Audi klar vor BMW mit fast 40.000 Stück. In Europa ist Audi ebenfalls stärker als BMW, wenn man bei BMW den Mini weglässt, der ja eine eigene Marke ist. Nur in USA führt BMW deutlich vor Audi, doch Audi holt dort auf. Hier macht Audi einen strategischen Fehler, den BMW nicht macht. Audi plant sein neues Werk in Mexico. Die Amerikaner sind ein stolzes Volk und halten viel von American made products. BMW ist inzwischen der größte Autoexporteur der USA. Das bringt BMW viel Goodwill bei den Käufern ein. Wenn Audi in USA so akzeptiert werden will wie BMW, sollten sie die Entscheidung mit Mexico nochmals überdenken. Im Zuverlässigkeitsreport von J.D.Power werden american made products immer besser bewertet als importierte Produkte aus Mexico. Damit muss sich auch VW seit Jahren herumschlagen. BMW hat in dieser Hinsicht alles richtig gemacht. Das Werk in Greenville/Spartanburg liegt direkt am Flughafen, es hat die Region belebt und Investitionen von Zulieferern und anderen Firmen ausgelöst. Wenn also Audi den Zuwachs in USA suchen, sollten sie vielleicht ihre Entscheidung für Mexico nochmals überdenken, zumal die Situation mit den Drogenkartellen und der Armee eskaliert, das wäre in den USA nicht zu befürchten.