Bayer hat sein Angebot schlau in kleinen Schritten während der Verhandlungen zur Transaktion erhöht – nach einer satten Gebot zum Auftakt. (...) Es bleibt aber ein sehr großes und teures Unterfangen. (...) Monsantos Management verdient aber ein wenig Anerkennung für Realismus. (...) Der finstere Ausblick für die Firma und die Agrarmärkte im Allgemeinen macht die 'Geld nehmen und stiften gehen'-Option viel attraktiver.
Für Landwirte sind hohe und oft steigende Preise für modifiziertes Saatgut vor dem Hintergrund magerer Erträge der heutigen Landwirtschaft schwerer zu rechtfertigen. (...) Dieser Druck hat einen Kaufrausch unter den größten Saatgut- und Pflanzenschutzproduzenten ausgelöst. Bayer hat am Mittwoch zugestimmt, Monsanto (...) zu kaufen. (...) Agrochemie-Konzerne zielen darauf, als Reaktion auf fallende Getreidepreise - die Hersteller von Saatgut, Pflanzenschutz, Düngern und Traktoren schon zu Preissenkungen und Stellenabbau gezwungen haben – die Kosten zu senken und Größenvorteile zu schaffen.
Dass er seine ursprüngliche Offerte von 122 Dollar je Monsanto-Aktie am Ende nur um knapp fünf Prozent aufstocken musste, kann man als klaren Erfolg für den Bayer-Chef werten. (...) Erst in den nächsten Jahren wird sich zeigen, ob Bayer aus der Transaktion tatsächlich die versprochenen operativen und finanziellen Vorteile herausholen kann. Die Integration von Monsanto wird komplexer sein als alles, was Bayer bisher bewältigt hat. Und noch gravierender erscheint die Frage, ob Bayer damit tatsächlich in die richtige Richtung marschiert.
In Erinnerung sind ähnlich ambitionierte Zusammenschlüsse, die spektakulär scheiterten und viele Milliarden Euro und Zehntausende Jobs vernichteten. (...) Dieser Zukauf [sprengt] auch in anderer Sicht alle Dimensionen, und hier liegt das beispiellose Risiko, das Bayer eingeht. Denn kaum ein Unternehmen auf der Welt hat einen so schlechten Ruf wie Monsanto. Das beginnt bei in Kriegen eingesetzten Giftstoffen und endet nicht beim Unkrautvernichter Glyphosat; von gentechnisch veränderten Produkten ganz zu schweigen.
Bayer zahlt einen Aufpreis von 17 Milliarden Dollar auf den Börsenwert von Monsanto am 11. Mai, dem Tag vor den ersten Berichten über die Fusionsgespräche. Doch der durch den Deal geschaffene Wert, nach Berechnung des jährlichen Einsparziels von 1,5 Milliarden Dollar, beträgt nur 12 Milliarden Dollar. Diese Differenz dürfte erklären, weshalb die Bayer-Aktie nachgegeben hat (im Vergleich zum 11. Mai, Anm. d. Red.). (...) Sollten [die Kartellbehörden] den Zusammenschluss kippen, müsste Bayer an Monsanto zwei Milliarden Dollar 'Break-up fee' bezahlen. Das wäre für die Bayer-Aktionäre schmerzhaft, aber es wäre für sie immer noch besser als wenn diese Pflanze niemals gezogen worden wäre.
Ein Bayer-Monsanto-Zusammenschluss böte den Verkauf von Saatgut, Pflanzenschutzmitteln und Ratschlägen für Landwirte aus einer Hand. Durch eine Verbesserung der Ernteerträge könnte der Großkonzern helfen (...) eine Weltbevölkerung zu ernähren, die bis 2050 um drei Milliarden Menschen wachsen dürfte. (...) Es ist aber immer noch unklar, ob Landwirite und Verbraucher profitieren werden. (...) Bayer und Monsanto haben einige ähnliche Produkte, was bei Regulierer die Alarmglocken schrillen lassen dürfte.
Wenn der Leverkusener Chemie- und Saatguthersteller Bayer den US-Konkurrenten Monsanto kauft, wird es viele Verlierer und kaum Gewinner geben. (...) Die Konkurrenz [wird] kleiner. Das wird zu weniger Innovation führen. Zuerst werden die Bauern die Folgen spüren. (...) Verlierer der Übernahme könnten auch die europäischen Konsumenten sein, die gegen Gentechnik in der Landwirtschaft sind. Monsanto ist immerhin der wichtigste Hersteller von gentechnisch verändertem Saatgut weltweit.
Der bevorstehende Verkauf von Monsanto an Bayer dürfte signifikante Auswirkungen auf die Region St. Louis haben (mit der Monsanto-Zentrale, Anm. d. Red.), aber keine der beiden Firmen gibt bislang Details über einen möglichen Stellenabbau bekannt. (...) Firmenfusionen bringen aber oft den Abbau von Top-Management-Positionen mit, die im Falle von Monsanto in Creve Couer (im Westen von St. Louis, Anm. d. Red.) angesiedelt sind. (...) Monsantos in der Branche führende Saatgut- und Genforschung dürfte vor Bayer-Einsparungen relativ geschützt sein.
[Bayer-Chef Werner Baumann] vollzieht mit der Monsanto-Übernahme den größten Zukauf, den jemals ein deutsches Unternehmen im Ausland getätigt hat. Sein Konzern bekommt ein neues Gesicht. (...) Es ist erlaubt, daran zu zweifeln, dass fusionsverliebte Konzerne hier auf dem richtigen Weg sind. Für Innovationen braucht man Größe nicht.