Das politisch wie wirtschaftlich größte Problem bei Russland-Sanktionen ist, dass auch die Ukraine unter den Folgen leiden wird. In einer Umfragen des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft nannten im Juni 21 Prozent der befragten Unternehmen die Ukraine als das Land, das nach Russland (37 Prozent) und Deutschland (33 Prozent) am stärksten unter Sanktionen zu leiden haben wird. Der Grund ist zum einen die enge wirtschaftliche Verflechtung der ehemaligen Sowjetrepublik mit Russland, die jeden Konjunktureinbruch dort auch für das Nachbarland zum Problem macht. Zum anderen bestraft Russland den Westkurs der Ukraine wie auch den Moldawiens mit Gegensanktionen wie einem Embargo gegen Milch und Fleisch. Bei einer Eskalation könnte auch der Gashahn zugedreht werden.
„Auch die ganze Balkan-Region wird unter einem neuen Wirtschaftskrieg leiden“, meint der Balkan-Experte Duan Reljic von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Verantwortlich macht er hierfür die traditionell engen Beziehungen von Ländern wie Serbien mit Russland, vor allem aber das starke Interesse der ganzen Region an russischem Gas. Interessiert ist man auch am Bau der von Russland vorangetriebenen South-Stream-Pipeline durch die Region, die die EU-Kommission nun im Zuge der Abkühlung der EU-Russland-Beziehungen rechtlich überprüfen lässt. „Fast jedes Land der Region hat sich Hoffnung auf einen dreistelligen Millionenbetrag an Durchleitungsgebühren pro Jahr gemacht - die drohen nun wegzufallen“, meint Reljic. Finanzexperten weisen zudem darauf hin, dass öffentliche EU-Banken auch mit Töchtern russischer Institute in der Region keine Geschäfte mehr machen können, wenn deren Chefs auf einer Sanktionsliste der USA und der EU stehen - die ständig ausgeweitet werden.
Innerhalb der EU gelten die Länder als anfällig, die teilweise zu 100 Prozent von russischem Gas abhängig sind und einen Lieferboykott befürchten müssen. Besonders betroffen sind zudem die stark nach Russland ausgerichteten EU-Staaten Zypern und Bulgarien. Am Finanzplatz Zypern etwa ist so viel russisches Geld angelegt, dass der Inselstaat von einem Abzug des Kapitals in Folge von EU-Finanzsanktionen stark getroffen werden könnte.
Mit sehr gemischten Gefühlen schauen die Länder in Zentralasien auf die Entwicklung in der Ukraine. „Die kasachischen Banken würden wegen der engen Beziehungen sofort in Schieflage geraten, wenn ihre russischen Partner wackeln“, meint Beate Eschment, Redakteurin bei den Zentralasien-Analysen in Berlin. „In der Hauptstadt Astana ist man derzeit zudem ausgesprochen nervös, weil die Ukraine zeigt, was passieren kann, wenn man sich russischen Wünschen widersetzt.“ Eschment verweist darauf, dass auch im Norden der öl- und gasreichen ehemaligen sowjetischen Republik viele Russen leben und Russland nach wie vor Militärbasen in dem Land unterhält. Seit 2010 ist Kasachstan Mitglied in der Zollunion mit Russland. Anfang 2015 soll das bereits unterzeichnete Abkommen für eine eurasische Union in Kraft treten, das beide Länder noch enger aneinander schweißt - für gute wie schlechte Zeiten.
Allerdings hält man in der deutschen Wirtschaft durchaus auch einen umgekehrten Effekt für möglich: Als Mitglied der Zollunion könnte das Land sogar von harten Sanktionen gegen Russland profitieren - weil dann Geschäfte für den russischen Markt über Kasachstan abgewickelt werden müssten.
Russlands Präsident Wladimir Putin sagte am Wochenende drohend, die EU demonstriere mit Sanktionen, dass sie offenbar kein Interesse mehr an einer Sicherheitspartnerschaft mit Russland habe. Diese beinhaltet aber etwa die Versorgung der Nato-Soldaten in Afghanistan über den russischen Luftraum und die russische Eisenbahn. Auch der geplante schrittweise Abzug der Truppen läuft über Russland und nicht das wesentlich gefährlichere Pakistan. Das könnte sich ändern - mit unklaren Auswirkungen auf das ohnehin instabile Krisenland Afghanistan.
China, darin sind sich alle Experten einig, gehört dagegen zu den Gewinnern einer Eskalation zwischen dem Westen und Russland. Die deutsche Industrie warnt, dass ihnen nun chinesische Konkurrenten in Russland die Aufträge wegschnappen. Und Russlands mühsame Suche nach neuen Partnern beschert China günstige Preise für die kommenden Gaslieferungen vom Nachbarn. „China profitiert von der Isolation Russlands und kann gegen ein geschwächtes Russland die eigenen Interessen besser durchsetzen“, meint der China-Experte des Mercators Institutes for China Studies (Merics), Moritz Rudolph.
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"...Status des Dollars als Weltwährung nicht zu gefährden..."
Sehe ich auch so. Was wäre wenn man den Euro bis auf Parität schwächt und dann den Euro 1:1 mit Dollar ersetzt. Praktisch nicht? EU und Nato nur als Brückenkopf. So denke ich wird es laufen.
Tja, es soll da diese menschlichen Kettensägenkampfmaschinen geben... hab ich auch schon von gehört.....
Ähm ... an das Bohren von Gegenständen hatte ich da nicht gedacht. Zum Bataillon Asow wird über Entführung, Folter und Mord berichtet ...
Gute Idee, es gibt da diese Bohrmaschienen für die Landwirtschaft zum Bohren von Löchern für Weidezaunpfähle. Können eventuell auch für die Grenzbestigungspfähle gebraucht werden.
Da Jazenjuk den allgemeinen Arbeitsdienst, für Arbeiter, Studenten, Arbeitlose und Bauern einführen will (kein Witz) ist ein ausgedehntes Betätigungsfeld für viele zukünftig Bohrende gegeben.
Stihl muss halt gegenbenfalls vorfinanzieren.
Bohrwerkzeuge und Motorsägen könnte man doch nach Kiew liefern. Das Bataillon Asow weiß bestimmt etwas damit anzufangen...
Aus Sicht der USA treffen die Sanktionen die Richtigen: Nämlich Russland und die EU, vornehmlich Deutschland.
Ansonsten ist Ihnen vollständig zuzustimmen, Herr Falk.
Auch der Euro wird künstlich geschwächt, um die schwachen EU-Länder von Reformen abzuhalten (mit Geldflut und Schwachwährung kann man sich auch so lange durchmogeln) und um den Status des Dollars als Weltwährung nicht zu gefährden.
Wieso müssen wir unbedingt gegen die Russen kämpfen? Angesagt ist doch der Kampf gegen den Islam (Tötet Andersgläubige) und kriminelle, kundenfeindliche Banker. Wieso unterstützt Frau Merkel diese Gruppen hemmungslos?
Mit diesen Sanktionen, die die Ölexploration und Förderung treffen sollen, verfolgen die US-Öloligarchen gleich 2 Ziele: Sie halten sich langfristig die (kostengünstigere) Konkurrenz für ihr Fracking-Öl vom Hals und zerschneiden einen wachsenden Wirtschaftsraum, der langfristig den US-Markt weit hinter sich lassen könnte. Die russischen Partner werden die Lektion verstehen, die ihnen von der Bundesregierung mit der Teilnahme an den Sanktionen damit verpasst wird: macht Euch nicht von Partnern abhängig, die nicht ihre eigenen Interessen vertreten können, sondern die der Konkurrenz vertreten müssen, wenn es darauf ankommt. Sie werden sich umorientieren, ob es ihnen passt oder nicht. Glorreiche Zeiten für chinesische Maschinenbauer und südamerikanische Landwirtschaftsproduzenten. Klasse, Merkel und Gabriel!
Man kann es nicht oft genug wiederholen "Sanktionen sind dummes Zeug", Helmut Schmidt zu den Russlandsanktionen.
Russland wird sich andere Lieferanten suchen. Vielleicht ist die Qualität und der Service dieser Produkte nicht so gut wie die der deutschen, hinreichend allzumal.
Die Merkel´schen Sanktionen sind nichts anderes als ein Projekt, um die deutsche Wirtschaft zu schädigen.
Deutsche Exporterfolge waren eh in letzter Zeit Anlass, um von interessierter Seite Kritik zu üben.
Frau Merkel hat dieser Kritik Rechnung getragen.