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R-Pharm Russen wollen Corona-Impfstoff Sputnik V in Bayern produzieren

Es ist noch offen, ob der russische Impfstoff in Deutschland gebraucht wird. Eine Produktion in Illertissen könnte sich aber in jedem Fall lohnen.
24.03.2021 Update: 24.03.2021 - 13:20 Uhr Kommentieren
An dem Standort des Unternehmens könnten monatlich Millionen Dosen produziert werden. Quelle: dpa
Firmensitz von R-Pharm Germany in Illertissen

An dem Standort des Unternehmens könnten monatlich Millionen Dosen produziert werden.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Der russische Pharmakonzern R-Pharm will von Juni oder Juli an im bayerischen Illertissen den in Moskau entwickelten Corona-Impfstoff Sputnik V produzieren. „Wir unternehmen alle Anstrengungen, damit es im Sommer losgehen kann“, sagte R-Pharm-Manager Alexander Bykow der Deutschen Presse-Agentur in Moskau. In Illertissen könnten monatlich Millionen Dosen produziert werden. „Wir haben die Ausrüstung schon dort und die Kader“, sagte Bykow. Die genaue Produktionskapazität nannte er nicht.

Im Moment prüft die Europäische Arzneimittel-Agentur Ema die Zulassung des Präparats. „Wir warten auf die Entscheidung der Ema, weil das eine legitime Grundlage ist, auf der wir produzieren können“, sagte Bykow. Von Illertissen aus könnten dann auch andere Staaten in der EU mit Sputnik V versorgt werden.

Der bei dem Konzern für Gesundheitsökonomie zuständige Direktor warb um Vertrauen in die russische Biotechnologie, die eine lange Erfolgsgeschichte habe – etwa bei der Entwicklung von Impfstoffen gegen Kinderlähmung.

Bei einer Veranstaltung in Moskau zur deutsch-russischen Zusammenarbeit in der Pharmazie sagte der EU-Gesundheitsexperte Jérôme Lepeintre, dass erst im Juni oder Juli mit einer Ema-Zulassung des Präparats zu rechnen sei. Im April seien zwei Ema-Inspektionen in Russland geplant. Dabei würden einmal die Produktionsanlagen und einmal die Lagerstätten begutachtet, sagte der Mitarbeiter der EU-Vertretung in Moskau am Dienstagabend.

Sputnik V wurde vom Gamaleja-Forschungszentrum für Epidemiologie und Mikrobiologie in Moskau entwickelt. Der Impfstoff ist inzwischen in mehr als 50 Ländern zugelassen und wird international vom staatlichen Direktinvestmentfonds RDIF vertrieben.

Das Mittel funktionierte ähnlich wie das Vakzin von Astra-Zeneca: Als sogenannter Vektor-Impfstoff basierte es auf genmodifizierten, harmlosen Viren. Sie transportieren Bestandteile des Coronavirus in den Körper, was dort eine Immunreaktion auslöst. Sputnik V wird zweimal geimpft, wobei in der zweiten Dosis ein anderes Virus zum Transport genutzt wird. So soll die Wirksamkeit erhöht werden.

An der Qualität des russischen Impfstoffs gab es lange Zweifel. Doch in einem Artikel der renommierten Fachzeitschrift „The Lancet“ ist nach Analyse der Daten von einem hohen Wirkungsgrad von 91,5 Prozent die Rede. Das Mittel könnte also locker mit den bereits zugelassenen Impfstoffen von Biontech/Pfizer, Moderna, Astra-Zeneca und Johnson & Johnson mithalten.

Die geplante Fertigung in Deutschland ist nicht der erste Schritt, mit dem sich die Russen für eine mögliche Zulassung in der EU rüsten. So hat der RDIF eine Vereinbarung mit dem Schweizer Biotechunternehmen Adienne getroffen. Die Firma will ab Ende Juli den russischen Impfstoff an ihrem Standort in einem Gewerbegebiet nordöstlich der italienischen Metropole Mailand fertigen.

Weitere Impfstoffe drängen auf den Markt

Trotz der anhaltenden Zweifel an dem Mittel haben sich die EU und Deutschland offen für den Einsatz von Sputnik V gezeigt. Voraussetzung dafür sei aber ein erfolgreiches, ordentliches Zulassungsverfahren durch die Ema. Gemessen an der Dauer der bisherigen Verfahren könnte eine Freigabe durch die EU-Behörde tatsächlich im Juni erfolgen.

Deutschland dringt bei der Beschaffung auf ein europäisches Vorgehen, hieß es am Mittwoch aus Regierungskreisen in Berlin. Man habe die EU-Kommission dazu aufgefordert, sich dieser Frage anzunehmen.

Mit Produktionsstätten in Deutschland und Italien könnten die Russen die Vermarktung noch beschleunigen – nicht nur aus logistischen Gründen: Denn auch die Fertigung des Mittels muss von den Behörden zertifiziert werden, was auf heimischem Boden einfacher umzusetzen ist.

Dennoch ist fraglich, welche Rolle Sputnik V bei der Impfung etwa in Deutschland spielen wird. Am aktuellen Engpass ändert sich durch die Pläne der Russen nichts. Falls Sputnik V im Juni zugelassen ist und eingesetzt werden kann, wird das Mittel auf eine große Konkurrenz stoßen.

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Im April könnte sich der Impfstoff-Engpass in Deutschland nach und nach auflösen. Da startet der US-Konzern Johnson & Johnson mit der Auslieferung seines Impfstoffs. In Deutschland nutzen die Amerikaner dazu Abfüllungs- und Verpackungskapazitäten des Dessauer Auftragsfertigers IDT Biologika. Bei den bereits zugelassenen Mitteln werden die Kapazitäten deutlich erhöht.

Danach könnten zudem weitere neue Impfstoffe auf den Markt kommen. Die Ema prüft neben Sputnik V derzeit die Mittel des US-Unternehmens Novavax und des deutschen Herstellers Curevac – alles in beschleunigten rollierenden Verfahren parallel zu den weiteren Studien der Firmen. Diese beiden Mittel können noch vor Sputnik V auf den Markt kommen. Curevac dürfte in der weiteren Impfstrategie der Bundesregierung eine gewichtige Rolle spielen, schließlich ist der Bund Anteilseigner des Unternehmens.

Doch selbst wenn Sputnik V in Deutschland keine größere Rolle spielen würde, kann sich die Fertigung für die Russen hierzulande und in Italien lohnen. Dann würde der Investmentfonds RDIF die Kapazitäten zweier angesehener Pharmastandorte für den Export in andere Länder weltweit nutzen. Sputnik V besitzt bereits in 50 Staaten eine Zulassung und wird dort auch eingesetzt. In einigen osteuropäischen Ländern wird Sputnik V bereits auf Grundlage einer Sonderzulassung verimpft.
Mit Agenturmaterial

Mehr: Sputnik V „made in Europe“: Russlands Impfstoff soll in Italien produziert werden

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