Schweizer Rohstoffriese Trotz Kritik von Investoren: Glencore-Chef Gary Nagle will 2022 mehr Kohle fördern

Der Schweizer Rohstoffkonzern hält bislang an seinem Kohlegeschäft fest.
Zürich Trotz Kritik von Aktionären hält Glencore-Chef Gary Nagle vorerst am Kohlegeschäft fest. Bei der Vorstellung seiner Strategie am Donnerstag gab der im Juni angetretene CEO des Schweizer Rohstoffkonzerns bekannt, die Kohleproduktion bis zum Jahr 2022 um bis zu 20 Prozent ausbauen zu wollen. Glencore will demnach die Kohleproduktion von derzeit rund 104 Millionen Tonnen auf maximal 126 Millionen Tonnen steigern. Ab 2023 soll die Kohleproduktion konstant bleiben – bevor Glencore schrittweise das Geschäft abbaut.
Er zeigte sich jedoch offen, die Entscheidung in Zukunft zu überdenken: Wenn die Mehrheit der Aktionäre das Kohlegeschäft abspalten wolle, werde das Unternehmen auf seine Anteilseigner hören, versicherte er. Der Anstieg der Kohleproduktion gehe ausschließlich auf die Übernahme von 100 Prozent der Anteile am Steinkohletagebau Cerrejón in Kolumbien zurück, führte Nagle weiter aus. Der Kauf der Anteile an der Mine, an der Glencore bereits ein Drittel hielt, war der letzte Deal von Nagles Vorgänger Ivan Glasenberg.
Nagle sagte weiter, dies sei ein „verantwortungsvoller Weg“, das Kohlegeschäft abzuwickeln. Wenn Glencore seine Minen an einen Investor verkaufe, der die Kohleproduktion womöglich langfristig ausweiten wolle, würden zwar die Emissionen von Glencore sinken, die Emissionen weltweit jedoch steigen. Nagle ergänzte am Donnerstag, Glencore überprüfe regelmäßig, welche Minenbeteiligungen noch ins Portfolio passten. Gut ein Dutzend Projekte würden derzeit überprüft. Bis 2023 will der Konzern seine Produktion in insgesamt drei Kohleminen senken. Bis 2050 will das Unternehmen klimaneutral wirtschaften.
Einer Gruppe von Investoren geht dieser Wandel jedoch nicht schnell genug. Anfang der Woche hatte der aktivistische Investor Bluebell Capital Partners Nagle in einem Brief aufgefordert, das Kohlegeschäft abzuspalten und die Komplexität des Minenportfolios zu verringern. Zuerst hatte die „Financial Times“ über die Initiative von Bluebell berichtet. Glencore könne mit einem klaren Fokus auf Industriemetalle seinen Aktienkurs um 40 bis 45 Prozent anheben, so der Investor weiter.
Auch am Aktienmarkt kam die Entscheidung, am Kohlegeschäft festzuhalten, nicht gut an: Der Kurs von Glencore fiel nach dem Beginn des Investorentages zwischenzeitlich um fünf Prozent auf rund 350 Pence.
Glencore hält sich die Option von Übernahmen offen
Tatsächlich haben breit aufgestellte Rohstoffkonzerne wie Glencore oder Rio Tinto zuletzt an Attraktivität bei Investoren eingebüßt. Marco Schächtle, Portfoliomanager beim Schweizer Vermögensverwalter Konwave und verantwortlich für einen Rohstofffonds mit Fokus auf Metallen für die Energiewende, sagt: „Wir setzen primär auf spezialisierte Unternehmen.“ Der Portfoliomanager setzt nur zu einem deutlich geringen Anteil auf die diversifizierten Minenkonzerne, weil diese „in vielen Fällen noch von Rohstoffen wie Eisenerz oder Kohle abhängig sind, die mit der Energiewende wenig zu tun haben“.
Für Wachstum und Profitabilität soll auch bei Glencore das Geschäft mit Metallen für die Energiewende sorgen: Zwar dürfte die Produktion von Kupfer in den kommenden fünf Jahren leicht sinken – vor allem weil sich Glencore von einer Kupfermine in Kolumbien trennt, die dem Konzern Probleme beschert hatte. Angesichts stark gestiegener Preise dürften die Margen im Kupfergeschäft ebenfalls steigen.
Beim Batteriemetall Kobalt weitet Glencore seine Produktion um knapp 40 Prozent auf 48.000 Tonnen aus. Damit kontrolliert der Konzern rund ein Drittel des Gesamtmarktes. Auch die Produktion des in Elektroauto-Batterien benötigten Metalls Nickel will das Unternehmen deutlich ausweiten.
Die Nettoschulden will Glencore auf unter zehn Milliarden Dollar drücken. Zusätzliche Mittel will das Unternehmen in Form von Aktienrückkäufen an die Aktionäre ausschütten. Gleichzeitig behält sich Glencore vor, die Schulden auf 16 Milliarden Dollar anzuheben, um eine mögliche Übernahme zu stemmen.
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