Spezialchemie Wacker könnte Ende April mit Produktion von Curevac-Impfstoff starten

Der Konzern ist Auftragsfertiger für den geplanten Corona-Impfstoff von Curevac.
Düsseldorf Der Chemiekonzern Wacker erwartet nach dem Pandemiejahr 2020 wieder wachsende Gewinne und Umsätze. „Bei aller Vorsicht, die mit Blick auf Corona nach wie vor geboten ist, gehen wir mit Zuversicht ins Geschäftsjahr 2021“, sagte Vorstandschef Rudolf Staudigl. Der Umsatz soll im mittleren einstelligen Prozentbereich zulegen, der Gewinn vor Zinsen und Abschreibungen um zehn bis 20 Prozent. Im ersten Quartal war die Nachfrage in allen Geschäftsbereichen hoch.
Zum Wachstum soll auch die Produktion von Impfstoffen gegen Covid-19 beitragen. Wacker ist Auftragsfertiger für den mRNA-Impfstoff des deutschen Biotechunternehmens Curevac. Dieses Mittel steckt derzeit in der entscheidenden Phase-3-Studie und wird parallel von der europäischen Arzneibehörde Ema in einem sogenannten rollierenden Verfahren geprüft. Eine Zulassung könnte im zweiten Quartal 2021 erfolgen.
In der Impfstrategie der Bundesregierung ist das Curevac-Mittel fest eingeplant, der Bund ist Miteigentümer des Tübinger Unternehmens. Wacker hat den Technologietransfer mit Curevac abgeschlossen und fertigt derzeit Proben, auf deren Basis die Produktion von den Behörden zugelassen werden soll. Ende April oder Anfang Mai könnte die kommerzielle Fertigung starten.
Wacker hat dazu seinen Biopharma-Standort in Amsterdam umgerüstet. Geplant ist für dieses Jahr die Produktion von rund 100 Millionen Dosen des Curevac-Impfstoffs, wenn im zweiten Halbjahr die Kapazitäten hochgefahren werden. Das soll aber nur der erste Schritt sein: Ein Ausbau in Amsterdam könnte die Kapazität 2021 um weitere 100 Millionen Dosen erhöhen, erläuterte Wacker am Dienstag.
Daneben prüft das Münchener Unternehmen den Aufbau einer Produktion von mRNA-Wirkstoffen am Standort Nünchritz in Sachsen. Damit könnte die Kapazität ab den Jahren 2023/24 auf 300 bis 400 Millionen Impfstoffdosen erhöht werden. Diese Menge könnte Wacker allein für Curevac bereitstellen. Das Biotechunternehmen entwickelt neben dem Corona-Impfstoff auch weitere Mittel auf Basis des Botenstoffs mRNA.
Volle Kasse dank Verkauf von Siltronic
2020 verlief für Wacker Chemie vergleichsweise glimpflich. Der Umsatz sank im Vergleich zum Jahr 2019 um fünf Prozent auf knapp 4,7 Milliarden Euro. Doch wies Wacker nach einem hohen Verlust 2019 wieder einen Nettogewinn von 202 Millionen Euro aus. Die Dividende soll von 50 Cent auf zwei Euro vervierfacht werden.
An der Börse profitierte Wacker davon nicht. Analysten hatten mit einem deutlich besseren Ausblick gerechnet. Sie hatten nicht erwartet, dass die Münchener von den zuletzt stark gestiegenen Rohstoffpreisen etwas zurückgeworfen werden. Weil zugleich auch noch Währungseffekte hinzukommen, rechnet Wacker mit einer Belastung von 100 Millionen Euro beim operativen Gewinn (Ebitda).
Die Aktie verlor bis zum Mittag sieben Prozent an Wert und notierte bei 109 Euro. Allerdings war der Kurs bis Februar stark gestiegen. 2020 hatte Wacker an der Börse um mehr als 70 Prozent zugelegt, Anfang 2021 erreichte die Aktie ein Niveau von 131 Euro. Danach nahmen die Anleger vermehrt Gewinne mit.
Das Unternehmen wird bald seine Kasse kräftig füllen, denn Wacker trennt sich vom Chipzulieferer Siltronic, an dem es bislang rund 31 Prozent hielt. Der taiwanesische Chipspezialist Globalwafers wird Siltronic für insgesamt 4,35 Milliarden Euro übernehmen. Wacker winken Bruttoeinnahmen aus dem Verkauf in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro.
Ob dieses Geld auch für eine Sonderausschüttung an die Aktionäre verwendet wird, ließ Vorstandschef Staudigl offen. Er unterstrich nur, dass alle vier Geschäftsbereiche mit Investitionen gestärkt werden sollen. Wacker stellt Silikone (Kosmetik, Automobil) und Polymere (Bauindustrie) sowie Polysilizium (für Solarzellen) her und ist Auftragsfertiger für Biopharmazeutika.
Staudigl scheidet im Mai nach der Hauptversammlung aus und übergibt den Chefposten an Vorstandsmitglied Christian Hartel. Rückblickend sei für ihn die Corona-Pandemie nicht die größte Herausforderung gewesen, erklärte Staudigl am Dienstag. Mehr zu schaffen habe ihm der Handelskrieg zwischen China und USA sowie Europa bei den Solarmodulen gemacht. Der hatte bei den Münchenern tiefe Spuren im Geschäft mit Polysilizium hinterlassen.
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