Stada-Chef Hartmut Retzlaff „Wir sind das kleine gallische Dorf“

Der Manager steht seit über 20 Jahren an der Spitze von Stada.
Er steht so lange wie kein anderer Dax- oder M-Dax-Chef an der Spitze eines börsennotierten Konzerns: Hartmut Retzlaff führt den hessischen Arzneimittelhersteller Stada seit nunmehr 22 Jahren als Vorstandsvorsitzender. Das gibt dem 61-Jährigen Selbstsicherheit: Von der M&A-Welle im Markt und der Kritik an seiner Pension jedenfalls zeigt er sich ziemlich unbeeindruckt.
Herr Retzlaff, im Generikamarkt herrscht Einkaufslaune. Marktführer Teva kauft das ehemalige Actavis-Geschäft, die jordanische Hikma die US-Generikasparte von Boehringer Ingelheim. Wer hat bei Stada angeklopft?
Momentan keiner, aber da bremst vermutlich unser Russlandgeschäft. Ansonsten gab es in den mehr als 22 Jahren, in denen ich Vorstandvorsitzender bei Stada bin, in jedem Jahr Gespräche über eine mögliche Übernahme.
Aber es ist bisher nicht dazu gekommen?
Nein, denn wir sind mit unseren Markenprodukten und unserem Generikageschäft, das in vielen Ländern aus einer Organisation heraus bedient wird, sicher etwas spezieller aufgestellt als andere.
Wie schätzen Sie die Übernahmewelle ein?
Es war abzusehen, dass viele Unternehmen handeln müssen, speziell auch im Generikabereich. Entweder als Abwehrmechanismus, um nicht übernommen zu werden wie die US-Firma Mylan, oder auch als Flucht nach vorne.
Damit spielen Sie auf Teva, den Marktführer aus Israel, an?
Ja. Dort wurden in den vergangenen Jahren wechselnde Strategien verfolgt, um zu wachsen. Jetzt geht man mit Vehemenz in das Generikageschäft zurück.
Und hat das Einfluss auf Stada?
Nein. Teva hat ja das alte Watson-Actavis Portfolio gekauft. Das kenne ich sehr gut in den Märkten, in denen Stada aktiv ist. Dort sehe ich uns gut aufgestellt und im für Teva wichtigen US-Markt sind wir nicht aktiv. Strategisch beindruckt mich dieser Deal nicht. Was mich beeindruckt, sind die hohen Summen, die bezahlt werden.
Warum? Viele Analysten haben den Zukauf begrüßt.
Bei Generika macht ja jeder im Grunde das Gleiche. Die Pipelines mit dem Produktnachschub sind ähnlich und die so oft beschworenen Synergieeffekte sind aus meiner Sicht marginal. Viele Übernahmen sind für mich eher ein Versuch, Kurspflege zu betreiben. Um mit dem Generikageschäft eine globale Marke aufzubauen, ist es nicht ertragreich genug. Ich persönlich bin nicht bereit, Mondpreise zu bezahlen, um einen kurzfristigen Applaus von den Aktionären zu bekommen und in drei Jahren holt mich das Schicksal der Abschreibungen ein. Das möchte ich dem Unternehmen ersparen.
Stada ist der noch einzige große unabhängige deutsche Generikakonzern…
…ja, wir sind das kleine gallische Dorf….
….das bestimmt mal wieder angegriffen wird.
Das macht mir keine Sorgen. Wenn ein Übernahmeangebot käme, würden wir es prüfen und schauen ob es für das Unternehmen und die Aktionäre einen Mehrwert bietet. Aber meiner Ansicht nach können wir auch gut alleine klar kommen. Wir haben ausreichend Produktnachschub im Generikabereich bis 2025 und unser zweiter Geschäftsbereich Markenprodukte wächst wie geplant. Wir haben keine Strategieänderung vor.
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