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StahlmarktSMS Group streicht 570 Stellen in Deutschland
Die anhaltend schlechte Lage auf dem Weltmarkt zwingt den Stahlwerksausrüster SMS zu Entlassungen. Fast jeder siebte Mitarbeiter in Deutschland muss gehen.
Der Düsseldorfer Ausrüster leidet unter den weltweiten Stahl-Überkapazitäten.
(Foto: )
Düsseldorf Erst kam die Billig-Konkurrenz aus China, und dann kam Donald Trump: Dass politische Ereignisse ganze Konjunkturzyklen durcheinander wirbeln können, weiß kaum eine Branche so gut wie die Stahlindustrie.
Doch allen Zöllen und G20-Gipfeln zum Trotz produzieren die Hersteller immer noch mehr, als der Weltmarkt verbrauchen kann. Die Folgen sind anhaltend niedrige Preise – und ein Umfeld, in dem kaum ein Stahlkocher daran denkt, seine Anlagen nennenswert zu erweitern.
Der Düsseldorfer Anlagen- und Maschinenbauer SMS Group, unter den Top-3-Lieferanten der Welt, zieht nun Konsequenzen und streicht 570 Stellen in Deutschland bis 2020. Betroffen sind die Standorte in Mönchengladbach (280 Stellen), Hilchenbach (150), Düsseldorf (110) und Witten (10), teilte der Konzern dem Handelsblatt vorab mit.
Vorstandschef Burkhard Dahmen erklärte: „Der Markt hat sich in den vergangenen Jahren nicht wie erhofft entwickelt.“ Daher sei die SMS Group gezwungen, Kosten zu senken und die Mitarbeiterzahl zu reduzieren. Die Gruppe erwirtschaftete in den vergangenen Jahren stagnierende Umsätze von je rund drei Milliarden Euro.
Von den rund 4100 Arbeitsplätzen der SMS Group in Deutschland wird bis zum Jahr 2020 nun fast jeder siebte gestrichen. Viele davon entfallen auf die Sparten Metallurgie, Langprodukte, Fertigung und Zentralfunktionen. Ein Großteil, rund 440 Stellen, soll noch im laufenden Geschäftsjahr 2018 abgebaut werden. Einzelne Sparten stehen allerdings nicht zur Disposition.
Das Unternehmen bemühe sich um sozialverträgliche Lösungen, etwa durch den Verzicht auf Nachbesetzungen oder Altersteilzeitregelungen, so Dahmen. „Doch betriebsbedingte Kündigungen sind nicht zu vermeiden.“ Derzeit liefen Beratungen dazu mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft.
Für die SMS Group bedeutet die Maßnahme einen erneuten Einschnitt. Denn der Konzern des Familienunternehmers Heinrich Weiss hat gerade erst einen umfangreichen Personalabbau hinter sich.
Die größten Stahlproduzenten in Deutschland
Der Stahlproduzent aus dem sächsischen Riesa wurde 1992 gegründet und produziert unter anderem Stranggussknüppel, Betonstabstahl und Walzdraht. 2016 produzierte Feralpi eine Million Tonnen Stahl.
Quelle: Wirtschaftsvereinigung Stahl
1970 wurde das Stahlwerk im bayrischen Meitingen gegründet. Das Unternehmen hat sich auf Betonstahl spezialisiert. Lech produzierte 2016 1,2 Millionen Tonnen Stahl.
1,3 Millionen Tonnen Stahl produzierte das Stahlwerk 2016. Georgsmarienhütte wurde 1856 in der gleichnamigen Stadt in Osnabrück gegründet. Das Unternehmen produziert Stabstahl, Halbzeug und Blankstahl.
Der italienische Stahlkonzern hat mehrere Werke in Deutschland. 1954 wurde das Unternehmen von den Brüdern Emilio und Adriano Riva in Mailand gegründet. 2016 produzierte Riva in Deutschland 1,8 Millionen Tonnen Stahl.
Das Hüttenwerk (Anlage zur Erzeug von Stahl und Eisen aus Erzen) mit Sitz im saarländischen Dillingen produzierte 2016 2,2 Millionen Tonnen Stahl. Das Unternehmen wurde bereits 1685 gegründet.
Der Stahlhersteller wurde 1955 im baden-württembergischen Kehl gegründet und produziert hauptsächlich für die Bauindustrie. 2016 konnte das Unternehmen 2,4 Millionen Tonnen Stahl produzieren.
1989 wurde der Stahlproduzent im saarländischen Völklingen gegründet. 2016 produzierte er 2,5 Millionen Tonnen Stahl.
Die Wurzeln der 1998 im niedersächsischen Salzgitter gegründeten Salzgitter AG gehen ins Jahr 1858 zurück. Rund sieben Millionen Tonnen Stahl produzierte das Unternehmen 2016.
Der Konzern ging 2007 aus der Fusion der niederländischen Mittal und Arcelor aus Luxemburg hervor. Der Konzern hat mehrere Standorte in Deutschland und produzierte 2016 hierzulande 7,8 Millionen Tonnen Stahl.
1999 wurden die Ruhrgebietskonzerne Krupp-Hoesch und Thyssen zusammengelegt. Deutschlandweit ist das Unternehmen mit Sitz in Essen der größte Stahlproduzent. Allein 2016 fertigte er 12,1 Millionen Tonnen Stahl.
In den vergangenen Jahren strich der Lieferant von Stahlherstellern wie Arcelor-Mittal, Thyssen-Krupp oder Tata bereits 1200 Stellen an deutschen Standorten. Erstmals in der Unternehmensgeschichte musste 100 Mitarbeitern betriebsbedingt gekündigt werden. Nun werden aus einst 6000 nur noch gut 3500.
Die bisherigen Prognosen seien zu optimistisch ausgefallen, was weitere Anpassungen nötig mache, sagte Dahmen. So habe sich etwa die Hoffnung auf Geschäfte im Iran nicht erfüllt. Dort warteten Aufträge für Stahlwerke und Gießanlagen. Doch die politische Lage mache die Durchführung unmöglich.
Nachdem die US-Regierung unter Barack Obama mit dem Atom-Abkommen viele Sanktionen gegen das Land aufhob, hofften viele deutsche Firmen auf milliardenschwere Aufträge aus Teheran. So auch die SMS Group.
Doch weil Sanktionen der USA im Bankensektor weiterhin anhalten, weigern sich viele Institute, sich an den Geschäften zu beteiligen. „Die Nachfrage dort ist groß, aber keine Bank möchte die Geschäfte finanzieren“, so Dahmen.
Dass sich die Lage unter Trump ändert, ist unwahrscheinlich. Ebenso unwahrscheinlich ist derzeit ein baldiger Abbau der globalen Überkapazitäten auf dem Stahlmarkt, rund 600 Millionen Tonnen pro Jahr.
Angesichts der Zölle in den USA und der Reaktion aus China stehen die Zeichen der globalen Handelspolitik derzeit eher auf Protektionismus als auf Kooperation. Dahmen rechnet damit, dass der Preisdruck der Stahlhersteller weiter anhält – ebenso wie die Zurückhaltung bei Investitionen.
Er will die Verkleinerung des Deutschland-Geschäfts daher als Richtungsentscheidung verstanden wissen: „Unser Ziel ist ein nachhaltig gesundes Unternehmen.“ Die gesunkenen Personalkosten sollen weiter „in neue Produkte und Prozesse investiert werden“.
So werde in Mönchengladbach, dem vom jüngsten Stellenabbau am stärksten betroffenen Standort, derzeit eine Anlage in Betrieb genommen, die Metallpulver für den industriellen 3D-Druck produziert. Künftig will die SMS Group in dem Segment auch als Hersteller auftreten.
An Bedeutung gewinnen dürfte für die SMS Group aber vor allem das Service-Geschäft. Schon jetzt erwirtschaftet der Konzern rund ein Viertel mit Dienstleistungen wie Wartungen und Reparaturen. Dieser Anteil soll auf ein Drittel ausgeweitet werden.
Hoffnungen setzt Dahmen auch auf die zunehmende Digitalisierung in der Branche. So baute die SMS Group für den US-amerikanischen Hersteller Big River Steel etwa ein „lernendes Stahlwerk“ im US-Bundesstaat Arkansas: Es ist in der Lage, die Qualität des produzierten Stahls selbstständig zu überprüfen und die Maschinen daraufhin anzupassen.
Rund eine Milliarde Euro hat die SMS Group damit umgesetzt. Zumindest in den USA scheint so mancher Hersteller angesichts der Weltlage offenbar doch in Investitionslaune.
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