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Stefan Bratzel zur Zukunft der Autoindustrie „Die Chancen für deutsche Hersteller stehen 50:50“

Apple und Google werden für die deutschen Autobauer zur Gefahr. Autoexperte Stefan Bratzel spricht im Interview über das Ende der Diesel-Ära und die Zukunftsaussichten der deutschen Vorzeigebranche.
17.07.2016 - 21:29 Uhr
„Wir werden internetbezogene Plattformen für Mobilität bekommen“ Quelle: dpa
Zukunft der Autobranche

„Wir werden internetbezogene Plattformen für Mobilität bekommen“

(Foto: dpa)

Auch ein Hochschullehrer, der sich auf die Automobilbranche spezialisiert hat, kann das neue Mobilitätsdenken vorleben. Es geht darum, auf dem besten Weg von A nach B zu kommen, und nicht immer unbedingt mit dem Auto. Unmittelbar vor der Eingangstür des Center of Automotive Management in einem Wohngebiet von Bergisch Gladbach bei Köln steht ein Fahrrad. Warum? Von seinem nur wenige Kilometer entfernten Zuhause gibt es für den Autoexperten Stefan Bratzel kein schnelleres und einfacheres Verkehrsmittel, um zu seinem Arbeitsplatz zu kommen.

Herr Professor Bratzel, große Konzerne aus der IT-Branche wie Apple und Google schicken sich an, den etablierten Automobilherstellern Konkurrenz zu machen. Wird das zu einer echten Gefahr für die Autobranche?
Gewisse Sorgen lassen sich sicherlich nicht leugnen. Es gibt die Befürchtung, die Autohersteller könnten als fünftes Rad am Wagen enden. Als eine Art Zulieferer für die IT-Branche, wie Foxconn das für Apple geworden ist.

Der Autoxperte leitet das Center of Automotive Management an der FHDW Bergisch Gladbach. Quelle: PR
Stefan Bratzel

Der Autoxperte leitet das Center of Automotive Management an der FHDW Bergisch Gladbach.

(Foto: PR)

Worum geht es dabei? Wahrscheinlich um die Mobilitätsdienstleistungen, oder?
Wir werden internetbezogene Plattformen für Mobilität bekommen. Nur wenige werden davon überleben. Deshalb ist es wichtig, dass diese Plattformen zu einer ordentlichen Größe heranwachsen und dass die dort angebotenen Dienstleistungen von den Kunden auch wirklich nachgefragt werden. Dann kommt die nächste entscheidende Frage: Wer wird diese Plattformen beherrschen, die IT-Konzerne oder die Autohersteller? Für BMW, Daimler und VW ist damit klar – sie müssen an diesem Thema dranbleiben. Das haben sie inzwischen auch verstanden.

Können sie das denn schaffen?
Das werden wir sehen. Die deutsche Automobilindustrie hat mit ihren Premiummarken zumindest eine gute Ausgangsposition. Die Renditen sind recht ordentlich. Also gibt es noch eine ganze Menge Geld, das sich in die neue Welt der internetbezogenen Mobilität investieren lässt. Aber sind wir einmal ehrlich – die Chancen stehen wahrscheinlich 50:50, dass das alles zu Gunsten der deutschen Autohersteller ausgeht.

So tricksen die Autobauer beim Diesel
Volkswagen
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Seit Monaten tobt der Dieselskandal bei Volkswagen. Der Auslöser: eine Software, die erkennt, ob ein Auto auf dem Prüfstand steht. Um die Abgasprüfer hinters Licht zu führen, erkannten die Fahrzeuge mit 1.2-, 1,6- und 2.0-Liter TDI-Motor beispielsweise ob das Lenkrad bewegt wurde. Mittlerweile müssen etliche Modelle des Konzerns, darunter auch Passat und Golf darum zurück in die Werkstatt.

(Foto: dpa)
Volkswagen
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Auch bei den Nachprüfungen des Kraftfahrtbundesamtes sind Modelle der Wolfsburger negativ aufgefallen. Fast 200.000 Fahrzeuge müssen zurück in die Werkstatt, weil eine gesetzliche Ausnahmeregelung wohl zu weit ausgelegt wurde. Bei einer zu hohen oder zu niedrigen Außentemperatur schalten die Fahrzeuge ihre Abgasreinigung ab. Die Hersteller begründen das mit dem Motorenschutz. Der Gesetzgeber sieht das offenbar anders. Betroffen sind der Amarok, aber auch der Lieferwagen Crafter.

(Foto: )
Audi
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Und auch die VW-Premiumtochter Audi spielt im Dieselskandal eine größere Rolle als zunächst angenommen. Das illegale Abschaltung der Abgasreinigung, die den Skandal auslöste, soll sogar in Ingolstadt mitentwickelt worden sein. Auch in den jüngsten KBA-Nachprüfungen überschritten einige Audi-Modelle den gesetzlichen Grenzwert für den Stickoxid-Ausstoß. Unter anderem muss der Q5 zurückgerufen werden.

(Foto: obs)
Porsche
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Auch bei Porsche gehörte der Betrug zum Geschäft. Wenige Wochen nach dem Ausbruch des Dieselskandals musste auch der Sportwagenbauer eingestehen, dass seine 3-Liter-Dieselmotoren eine illegale Abschalteinrichtung enthalten. Auch bei den Nachprüfungen des KBA fiel ein Porsche-Modell unangenehm auf: ausgerechnet der kompakte Macan überschreitet die Stickoxid-Grenzwerte bei niedrigen Außentemperaturen.

(Foto: AP)
Mercedes
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Die Sprachregelung bei Daimler wackelt: bisher hatten die Schwaben alle Vorwürfe, man habe beim Diesel betrogen weit von sich gewiesen. Doch bei den Nachprüfungen des KBA fielen A-Klasse, B-Klasse und V-Klasse aus dem Rahmen und müssen nun bei einem Rückruf überarbeitet werden. Alle haben übrigens eins gemeinsam...

(Foto: dpa)
Renault
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...Denn die Daimler-Diesel kommen aus einer Kooperation mit dem französischen Autobauer Renault. Der steht ohnehin schon unter Beobachtung der französischen Behörden, die nach dem Ausbruch des Dieselskandals mehrere Razzien bei Renault vornahmen. Der jüngste Bericht des KBA soll darum auch an die französischen Behörden weitergeleitet werden. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.

(Foto: Reuters)
Opel
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Auch in Rüsselsheim sind die Dieselmotoren offenbar schmutziger als der Konzern es bisher zugegeben hat. Bei Zafira, Insignia und Cascada sind die Abgase wohl deutlich schmutziger, sobald die Temperatur unter 17 Grad fällt. Den vereinbarten Rückruf nennt man in Rüsselsheim "freiwillige Serviceleistung". Wohl auch um sich vor Schadenersatzforderungen zu schützen. Künftig sollen alle Modelle des Autobauers mit einem Harnstoff-Katalysator ausgerüstet werden.

(Foto: dapd)

Europa als Ganzes hat einen Nachteil?
Die Startvoraussetzungen sind wahrlich nicht die besten. Es gibt hier bei uns keinen Big-Data-Player, der bei der gesamten Entwicklung ein Wörtchen mitreden könnte. Die USA und auch China sind da zweifelsohne viel besser gewesen. Europa hat auch auf der Nachfrage-Seite einen Nachteil: In China gibt es 800 Millionen Smartphone-Nutzer. Das alles sind potenzielle Nachfrager der neuen Mobilitätsdienste. Allein das wird für einen ordentlichen Schub sorgen, aber eben nicht in Europa.

Gibt es spezifische Nachteile der Autohersteller?
Sie kennen ihre Kunden bis heute nicht sonderlich gut. Sie verwalten das Vermächtnis der alten Welt, die Fertigung von Autos. Das bedingt auch eine gewisse Trägheit: Die Autobranche lebt im Fünf-Jahres-Modus – bis zum nächsten Modellwechsel. Moderne IT-Dienstleister wissen im Unterschied dazu sehr genau, was ihre Kunden wirklich wollen. Sie denken in viel kürzeren zeitlichen Abschnitten und sind damit weitaus flexibler.

„Der Höhepunkt des Diesel-Zeitalters ist überschritten“
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